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Suchbegriff: Jahnke
Mit der im 12./13. Jh. aufblühenden Textilindustrie in Westeuropa stieg auch der Bedarf an Akalien zur Veredelung der Rohprodukte. Zu diesen vor allem für die Tuch- aber auch die Lederverarbeitung, der Seifensiederei und der Glasherstellung eingesetzten Akalien gehört auch Kaliumcarbonat aus Laubholzasche resp. dessen Veredelungsprodukt Waid- und Pottasche. Die Ascheproduktion war dabei vorrangig eine Verwertung von Abfallprodukten, die bei der Holzverarbeitung anfielen. Allerdings ist normale Walda. wegen ihres geringen Alkaligehaltes für den Fernhandel nicht geeignet, weshalb man seit dem 14. Jh. vor allem Veredelungsprodukte versandte. Zu diesen Veredelungsprodukten gehört die Waida., die ihren Name durch die Verwendung in der Waidfärberei bekam, und die ausgelaugte Holza., die echte Potta. Zu den Hauptexporteuren gehörten Danzig, Thorn, Elbing und Königsberg-Kneiphof aber auch Riga und Pernau, wo sich A.wracken befanden, sowie die skandinavischen Länder. Das Kontor von Kaunas/Kowno spielte ebenso eine bedeutende Vermittlerrolle.
Literatur: R. Gelius, Waidasche und Pottasche als Universalalkalien für die chemischen Gewerbe des Ostseeraumes im 16./17. Jahrhundert, in: Der Ost- und Nordseeraum. Politik – Ideologie – Kultur vom 12. bis zum 17. Jahrhundert, hrsg. K. Fritze, E. Müller-Mertens, J. Schildhauer, 1986, 91-107
Fahrwasser zwischen den dän. Inseln Fünen und Seeland, Großer Belt, sowie zwischen Fünen und Jütland, Kleiner Belt. Der Große Belt ist ca. 115 km lang, 10 bis 30 km breit und erstreckt sich von einer Linie Refsnæs-Fynshoved im Norden bis nach Gulstav-Kappel Kirke im Süden. Der südliche, längere und schmalere Teil wird durch den Langelands Belt gebildet. Der Kleine Belt ist ca. 125 km lang, verengt sich bis auf 600 m und erstreckt sich zwischen den Linien Æbelø-Bjørnsknude im Norden und Alsen-Vejnæs Nakke im Süden. Beide Wasserstraßen bilden die westlichen Zugänge zur Ostsee. Der Kleine und Große B. gelten aber als besonders schwierige Segelgebiete, wobei der Gr. Belt die größte Wassertiefe aller Ostseezugänge ausweist. Aufgrund der schwierigen Segelverhältnisse nutzen die m.a. Schiffer zumeist die Öresundspassage, wo sie seit 1429 den Sundzoll erlegen mussten. Zur Umgehung des Zolles wichen einige Kaufleute über die Belte aus, was ihnen dänischerseits zuerst untersagt wurde. Doch nutzten vor allem die wendischen Bergen- und Norwegenfahrer die Beltroute. Seit Ausgang des 15. Jhs. bis 1857 waren auch die Passagen durch die Belte zollpflichtig, wobei der Belt- oder Stromzoll entweder in Helsingör am Öresund, in Nyborg am Großen B. oder aber seit ca. 1510/20 an der Wehrkirche von Middelfart resp. dem jütischen Snoghøj am Kleinen B. erlegt werden musste. Im Jahr 1655 wurde die Zollstelle von Middelfart nach Frederiksodde/Fredericia verlegt. Über die Häufigkeit der Beltpassagen liegen für das Mittelalter keine Angaben vor. Im Jahr 1700 passierten ca. 700 Schiffe jährlich den Kleinen B. Die Einnahmen aus dem Beltzoll machten aber meist nur 1/10 der Einnahmen aus dem Sundzoll aus.
Literatur: Mikael Venge, Fra åretold til toldetat, Dansk Toldhistorie, Vol. I, København 1987, 107f. u. 198f.; Erik Housted, Toldvæsen og toldere i Fredericia, in: Zise. Toldhistorisk Tidsskrift, 7. Jg., 1984, Nr. 1, 4-29. Friedrich Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik, 1900, Bd. II, XCVIII und passim.
B. ist ein alkoholhaltiges Getränk, welches zwar gebraut aber nicht destilliert wird. Der Begriff B. ist abgeleitet aus as. bior*, mit unklarer Etymologie, u.U. verwandt mit westgerm. *beura-, wallen. B. gehörte im MA zu den Grundnahrungsmitteln und der tägliche Verbrauch lag bei ca. 2½ l oder mehr. B. entsteht durch das Erwärmen von Malz in Wasser bei 65° C. Hierbei wird Stärke in Zucker umgewandelt (Weichen). Der entstandene Sirup wird unter Rühren gekocht (Maischen) u. schnell abgekühlt. Dabei beginnt ein Fermentierungsprozess, in dem natürlich vorkommende Hefebakterien Alkohol produzieren. Nach Vorschrift des Hamburger Rates dauerte dieser Prozess 72 Stunden im Sommer und 8 Tage im Winter; hierdurch konnte das B. im Faß nachreifen. Während der Erwärmung können zudem Geschmacksstoffe (Hopfen, Gagelstrauch, Grut (eine Kräutermischung)) zugesetzt werden. Nach der Fermentierung wurde das B. in Eichen ➝Tonnen abgefüllt. Im frühen Mittelalter fand B.-produktion in den Haushalten statt. Seit dem 9. Jh. findet sich eine Spezialisierung in Mälzer und Brauer (Capitulare de Villis). Mit Aufkommen urbaner Strukturen verbesserte sich seit dem 12. Jh. die Brautechnik, die die Produktionsvarianz u. -qualität erhöhte. Durch Einsatz von Kupferkesseln mit bis zu 4.000 l Inhalt konnte die Produktionsmenge erhöht und ein B.-handel in Gang gebracht werden. Im 13./14. Jh. kam es zu einer Veränderung d. B.-geschmacks hin zu Weizen- und Gerstenbieren. Der Zusatz von Hopfen war dabei nicht das ausschlaggebende Element, sondern das Zusammenspiel von Fassreife und Produktion. Im Hanseraum gab es verschiedene B.-traditionen. Während im Westen Grutb. vorherrschend war, wurde im Osten mehr mit Hopfen gewürzt. Durch Transport und Lagerung erhielten die Weizenbiere einen bes. Geschmack, der sie zu einem Exportgut werden ließ. Hamburg wurde bes. als B.stadt hervorgehoben, aber die Braumenge in ➝ Köln, ➝ Lübeck, ➝ Wismar, ➝ Rostock und ➝ Danzig war entsprechend hoch, da die Küsten- resp. Flusslage die Versorgung der Brauereien mit Rohstoffen sichern konnte. Aus Hamburg wurden am Ende d. 15. Jhs. durchschnittlich allein 24.000 hl, in Spitzenjahren sogar bis zu 150.000 t. seewärts exportiert, Lübeck produzierte in allen Brauereien ca. 120.000 hl, Köln 68.000 hl. B. pro Jahr. Zahlen aus anderen Städten liegen noch nicht vor. Die B.-produktion in Einbeck dagegen war wesentlich geringer, das Einbecker B. besaß aber einen besonderen Ruf. Bier gilt als besonders wichtiges Handelsgut der Hanse, wobei der Handel der brauenden Binnenstädte noch nicht untersucht ist. Zu den wichtigsten Exportregionen für B. aus den Hansestädten zählen die Niederlande (für Hamburger Bier), Norwegen (vor allem Lübeck und Rostock), Skandinavien u. später auch England. Aber auch im Binnenhandel u. im Seehandel zw. den Hansestädten wurde B. vertrieben, wobei sich die B.-Weingrenze im Laufe des 15. Jh. südwestwärts verschob, so dass z.B. aus dem „Weinhaus“ Köln ein Brauhaus wurde.
Literatur: J. Steensgard Nielsen, Brewing Beer in the Middle Ages – Beer Production and Product Differentiation in Medieval Northern Germany, M.A.-Arbeit (speciale) Kopenhagen 2018; Kein Bier ohne Alster. Hamburg - das Brauhaus der Hanse, hg. R. Wiechmann, 2016; W. Frontzek, Das städtische Braugewerbe und seine Bauten vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit, 2005; R. W. Unger, Beer in the Middle Ages and the Renaissance, 2004; C. von Blankenburg, Die Hanse und ihr Bier. Brauwesen und Bierhandel im hansischen Verkehrsgebiet, 2001; F. Irsigler, „Ind machden alle lant beirs voll“, Zur Diffusion des Hopfenbierkonsums im westlichen Hanseraum, in: Nahrung und Tischkultur im Hanseraum, hg. G. Wiegelmann, R.-E. Mohrmann, 1996, 377-97; W. Bing, Hamburgs Bierbrauerei vom 14. bis zum 18. Jh, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 14 (1909), 209-329 (veraltet).
Die S. v. B. am Marien-Magdalenentag (22. Juli) 1227 zwischen König Valdemar dem Sieger von Dänemark und seinen Alliierten einerseits und einer Koalition des Erzbischofs von Bremen, Herzogs von Sachsens, Grafen von Holstein und der Stadt ➝ Lübeck andererseits kennzeichnet das Ende der Expansion des dänischen Reiches. Seit der Mitte des 12. Jh. hatte das dänische Reich sich entlang der Küsten des Ostseeraumes ausgebreitet. U.a. wurden Dänemark 1214 mit einer goldenen Bulle alle Gebiete zwischen Elbe und Elde, u.a. ➝ Hamburg, Lübeck und Schwerin, offiziell zugesprochen. Das führte zu politischen Verwerfungen und Feindschaften. U.a. kam es zu einer Fehde zwischen Graf Heinrich von Schwerin und König Valdemar, die Anfang Mai 1223 durch einen Friedensschluss in Nyborg am Großen Belt beendet wurde. Auf der anschließenden Friedensfeier auf der Insel Lyö nahm Graf Heinrich am 7. Mai 1223 König Valdemar und den Kronprinzen gefangen und verschleppte sie nach Dannenberg. Der Freilassungsvertrag für Valdemar und seinen Sohn wurde von Seiten des Papstes annullieret, so dass eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld gesucht wurde. Vor der Schlacht hat Lübeck sich auf Seiten der Aufrührer gestellt und die Gelegenheit genutzt, für sich selbst die Reichsfreiheit zu erringen. Die Schlacht selbst wurde durch den plötzlichen Übergang der Dithmarscher vom königlichen in das feindliche Lager entschieden und der König vernichtend geschlagen. In der lübischen Chronistik und im lübischen Selbstbewusstsein wird die S. v. B. als Beginn der eigenen Selbstständigkeit gesehen und gefeiert. Für das Königreich Dänemark dagegen ist sie der Ausgangspunkt einer bis heute anhaltenden Reduktion des Reichsterritoriums.
Literatur: W. Lammers, Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von Bornhöved, in: Geschichte Schleswig-Holsteins, 4.I, 1981, 374-401; E. Hoffmann, Lübeck im Hoch- und Spätmittelalter: Die große Zeit Lübecks, in: Lübeckische Geschichte, hg. A. Graßmann, 2008, 105-34.
Englische Handelsstadt in der Grafschaft Lincolnshire. Die St. Botolph Messen in B. (vom 17. Juni bis zum September) entwickelten sich zum Zentrum des englischen Wollexports. Spätestens seit Beginn des 14. Jh. boten dort hansische Kaufleute skandinavische Waren an, die bis zu 60 % aller Importe ausmachten, und tauschten diese gegen Wolle ein. Mit dem Aufstieg des englischen Tuchgewerbes seit 1350 wuchs B.s Bedeutung als Exporthafen, doch ging der Tuchexport zu Beginn des 15. Jh. zurück, und London übernahm bald die Führungsrolle. Seit Ende des 13. Jh. sind hansische Kaufleute in B. nachzuweisen. Seit Beginn des 14. Jh. gewannen vor allem Lübecker im Handel zwischen Bergen, B. und Flandern eine dominante Stellung. Bis 1391 war B. zum wichtigsten hansischen Ausfuhrhafen für englische Tuche aufgestiegen, bis 1456 von den Lübeckern kontrolliert. Probleme im Norwegenhandel, in Lübeck selbst und zwischen England und Lübeck schädigten den Handel so, dass er sich nach der Mitte des 15. Jh. nicht wieder erholte. Die hansischen Kaufleute besaßen in B. ein eigenes Kontor, den Stalhof, der teilweise von Bergen (HR II, 4, 187), später von London aus verwaltet wurde. Er bedurfte am Ende des 15. Jh. größerer Reparaturen, die nicht mehr bezahlt werden konnten. 1550 wurde er erstmals an Engländer vermietet, die Nutzung als Kontor erlosch. Nach 1601 wurde werden die Eigentumsverhältnisse unsicher. 1641 waren Reparaturen an der Wasserfront des Stalhofes so dringend geworden, dass die Stadt das Kontor öffentlich versteigern ließ. 1662 forderten die Hansestädte zuletzt das Eigentum zurück, ohne Erfolg.
Literatur: J. M. Lappenberg, Urkundliche Geschichte des Hansischen Stahlhofes zu London, 1851, 162-65; M. Burkhardt, One hundred years of thriving commerce at a major English sea port, in: The dynamics of economic culture in the North Sea and Baltic Region, hrsg, H. Brandt, L. Müller, 2007, 65-85; ders., hansische Bergenhandel im Spätmittelalter, 2009, 170-78.
B. sind eine verstärkt nach dem letzten Jahrzehnt des 14. Jh. entstandene Bewegung laikaler Frömmigkeit. Sie verbanden Aspekte der Jenseitssicherung, z.B. durch Gebet, Toten- und Armenfürsorge, des sacrum commercium (Othenin-Girard) sowie des diesseitigen Machtausgleiches miteinander. Zudem dienten sie als Heiratsmarkt, für die politische Kommunikation und den Informationsaustausch. B. verbanden den Kult eines Heiligen mit dem Totengedenken sowie diesseitigen Feiern, den Kosten. Wegen ihres Heiligenkultes wurden B. mit der Reformation aufgelöst oder zu nichtreligiösen Einrichtungen umgeformt. In Hansestädten existierten bis zu 100 B. gleichzeitig und hatten wesentlichen Einfluss auf den städtischen Festkalender.
Literatur: C. Jahnke, Lübeck’s Confraternities, in: A companion to the medieval Lübeck, hrsg. C. Jahnke, 2019, 372-397; M. Escher-Apsner, Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten, 2009; G. Brandes, Die geistlichen Brüderschaften in Hamburg, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, I, 34 (1934), 75-176; II, 35 (1936), 57-98; III, 36 (1937), 65-110.
Literatur: N. Hybel, B. Poulsen, Danish Resources c. 1000-1550, 2007; E. Albrectsen, K.-E. Frandsen, Konger og Krige, 700-1648, 1, 2001.
Kaufleute verlassen per definitionem ihre Heimaträume, um ihre Waren in andere Regionen zu bringen. Hierbei verloren sie im frühen und hohen Mittelalter ihren heimatlichen Rechtsstatus und konnten in fremden Gebieten als rechtlos gelten. Zur Aufrechterhaltung ihrer Rechtssicherheit konnten sie, wie jüdische Kaufleute, um Schutz durch den Kaiser (homines imperii), später auch eines Landesherrn (mercator de ducis N.N.) nachsuchen. Neben diesem theoretischen Schutz mussten sich Kaufleute aber auch physisch verteidigen können. Hierzu schlossen sie sich zu F. zusammen. Auf dem Kontinent hatten solche F. im Althochdeutschen und Gotischen die Bezeichnung hansa, die bewaffnete Schar/Kohorte, dann verengt auf Kaufleute-Gruppe. Die F. waren auf Eid basierende Gruppen zur gegenseitigen Verteidigung, die von einem H.-grafen (comes hansæ) geleitet wurde (Prüfeninger Traditionsnotiz, fol. 70, 1184). Der zunächst freiwillige eidesmässige Zusammenschluss wurde spätestens im 12. Jh. zu einem Pflichtverband für Kaufleute (St. Omer, 1244), der auch in den Städten kaufmännische Angelegenheiten klären konnte (Regensburg, 1299), Abgaben erhob (St. Omer, 1127) und eigenes Recht besaß (Brakel, 1309). F. waren im Außenhandel z.B. in England gängig (Flämische Hanse in London [Warnkönig 1835, Nr. 39], Kölnische Hanse, Hanse der XVII Städte etc.). Hieraus entwickelte sich bis zum 14. Jh. der Begriff der Deutschen Hanse. In Skandinavien fungierten F. unter dem Begriff des félags, eines eidgem. Zusammenschlusses von Kaufleuten. An Bord von Schiffen war das félag noch in vier Speisegemeinschaften aufgeteilt, deren Mitglieder, mọtunautr (daraus fr. matelot), gegenseitige Hilfsverpflichtungen eingingen. Das félag hatte sein eigenes Gericht, mot, am Mast resp. der Laufplanke. Hieraus entstand das Kaufmannsrecht der Schonischen Messen, Motbuch. Es wird diskutiert, dass die frühen Lübecker Stadtsiegel die Aufnahme eines Kaufmanns in ein félag zeigen. Im Laufe des hohen und späten Mittelalters wurde die Rechtssicherheit der Kaufleute zunehmend durch die Städte resp. Landesherrn gesichert, der Aspekt der persönlichen Verteidigung verschwand. Damit wandelte sich der Inhalt des Begriffs F.
Literatur: L. A. Warnkönig, Flandrische Staats und Rechtsgeschichte bis zum Jahr 1305, 1835; Deutsches Rechtswörterbuch, s.v. Hanse; M. Pappenheim, Die Speisegemeinschaft (mọtuneyti) im älteren westnordischen Recht, in: Ehrengabe dem deutschen Juristentage überreicht vom Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde (1931), 1-20; C. Jahnke, Zur Interpretation der ersten Lübecker Schiffssiegel, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 88 (2008), 9-24.
Die T., das F. oder die Pipe in allen Ausführungen waren die Standardcontainer der Hansezeit. Sie wurden sowohl zum See- als auch zum Landtransport genutzt und enthielten sowohl trockene als auch liquide Waren. T. wurden durch städtische T.macher nach regionalen Normen produziert. Sie konnten nach Gebrauch zerlegt und neu genutzt werden. Die T.normen waren stets vom Inhalt definiert. Eine mittelalterliche T. hat damit kein einheitliches, modernes Äquivalent. Normierungsbestrebungen der Hanse blieben größtenteils erfolglos, doch gab es mit dem ‚Rostocker Band’ eine einheitliche Norm für Heringst. sowie u.a. Normierungen der Bier- und Salzt.
Literatur: C. Ashauer, Von einheitlichen Tonnen und Bändern, in: Aus hansischer und niederdeutscher Geschichte, 2022, 183-204; H. Witthöft, Umrisse einer historischen Metrologie zum Nutzen der wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschung, 1979.
Literatur: B. Kuske, Der Kölner F.handel vom 14.-17. Jh., Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 24 (1905), 227-313; C. Jahnke, “Und ist der fisch- und Heringsfangh das Erste beneficium...”, Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 122 (1997), 289-321.
F. sind eine städtische Berufsgruppe, die wesentlich zur Versorgung mit Fastenspeisen beitrug. War Fischerei schon in Haithabu und in slawischer Zeit ein wesentliches Merkmal, so nahm die Bedeutung mit der Christianisierung wesentlich zu. Zur Versorgungssicherung versuchten die Städte, Wasserflächen in Stadtnähe zu monopolisieren und diese durch städtische F. befischen zu lassen. Diese Fischer gehörten zumeist zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen, bestanden östlich der Elbe teilweise aus assimilierten Slawen und wohnten oft in gesonderten Stadtbereichen (Kiez, slawische Fischersiedlung). Die F. hatten den städtischen Markt mit frischem Fisch zu versorgen, und sie unterstanden der städt. Aufsicht. Neben den städtischen F. gab es auch die freie Marktfischerei der ➝ Schonischen Messen, auf denen sich jährlich ca. 40.000 F. einfanden. Die Zusammensetzung der Gruppe war vielschichtig und umfasste auch nichtstädtische F.
Literatur: C. Jahnke, „Und ist der fisch- und heringsfang das Erste beneficium..." - Städtische und freie Marktfischerei im mittelalterlichen Ostseeraum, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 122 (1997), 289-321; ders., Das Silber des Meeres. Fang und Vertrieb von Ostseehering zwischen Norwegen und Italien (12.-16. Jh.), 2000.
G. gehörten zu den trockenen Waren resp. „Waren der Cramerei gewogen nach Zentner[n]“. Sie wurden seit dem 9. Jh. vor allem aus Asien und Afrika über Lemberg, die Alpen, das Rhônetal und die Atlantikroute nach Nordeuropa importiert. Neben Pfeffer gehörten z.B. Paradieskörner, Kümmel, Ingwer aber auch Narde, Galgant, Zimt und Muskat zu den in großen Mengen und regelmäßig importierten Waren. Trockene Waren werden selten einzeln verzollt, weshalb eine Bestimmung der importierten Mengen schwierig ist; Anhaltspunkte dafür gibt es aber aus Köln und London.
Literatur: C. Jahnke, Von Mandeln, Narde, Curcuma und Kümmel. Herkunft, Handel und Verbrauch von „exotischen“ Gewürzen und Lebensmitteln im nördlichen Europa, in: Archäologie in Lübeck, Ausgrabungen im Gründerviertel (Arbeitstitel), II, hrsg. C. Kimminus-Schneider, D. Rieger, 2022, 128-62.
Der G. war die Niederlassung der gotländischen Kaufleute auf der Marktseite von Novgorod mit der Kirche St. Olav. Diesen Strandhof, rečnoj dvor, besuchten seit dem 12. Jh. sächsische Kaufleute zusammen mit den Gotländern. 1259/60 werden der G. und der → Petershof erstmals zusammen erwähnt. Mit dem Rückgang des gotländischen Handels übernahmen die deutschen Kaufleute den G. Seit dem 14. Jh. verpachteten die Gotländer den Hof an die dt. Kaufleute, der Teil des hansischen → Kontors wurde. Bis ins 16. Jh. bezahlte Reval 5 rh.fl. an Pacht. 1311 brannte St. Olav nieder und wurde nicht neu errichtet. Der G. wurde 1968-70 archäologisch ergraben.
Literatur: N. Angermann, Nowgorod - das Kontor im Osten, in: Die Hanse, Lebenswirklichkeit und Mythos, hrsg. J. Bracker, V. Henn, R. Postel, 4. Aufl., 2006, 234-41; E. A. Rybina, Ausländische Höfe in Nowgorod vom 12. bis 17. Jh., in: Autonomie, Wirtschaft und Kultur der Hansestädte, 1984, 111-29.
Hafen ist ein juristisch gesicherter Landeplatz an einem Gewässerabschnitt, abgeleitet aus dem germ. *habanō (auch Gefäß, Haven), skan. hǫfn und verbunden mit portus, wīc (zu lat. vicus, ahd. *wīh, Stadt, oder alteng. Herberge für fremde Kaufleute). Der H. steht im Gegensatz zum juristisch ungesicherten Anlaufplatz, skan. stǫd. Im H. gewährte der Landesherr periodisch oder ganzjährig Fremden Kaufmannsschutz, Marktschutz und Befreiung vom Strandrecht sowohl auf dem Land als auch zu Wasser. Hierzu mussten die Eigentumsrechte über die Wasserflächen definiert werden. H. in Nordeuropa entw. sich im Laufe des 7./8. Jh.s. (➝ London, ➝ Haithabu, ➝ Dorestad). Im 11.-13. Jh. wuchsen H.- und Stadtbegriff zusammen und H. wurden zentrale Knotenpunkte des Handels. H. wurden mit festen Anlegestellen, germ. *brugjō, skan. bryggjur, und anderen Einrichtungen (➝ Kran, Zollstelle, Packhaus) versehen, die im H.-begriff vereinnahmt wurden. Die Ausbildung von H. führte zu einer Zentralisierung des Verkehrs (➝ Stapelrecht) und der Diskriminierung anderer Anlaufplätze.
Literatur: C. Jahnke, Art. Hafen, in: HRG; ders., Customs and toll in the Nordic Area c. 800-1300, in: Nordic Elites in transformation c. 1050-1250, Vol. I., hg. H. Vogt, B. Poulsen, J. V. Sigurdsson, 2019, 183-211; F. Rösch, Das Schleswiger Hafenviertel im Hochmittelalter. Entstehung – Entwicklung – Topographie, 2018.
Die Ansegelung von Hafeneinfahrten resp. die Passage schwieriger Seegebiete barg so große Risiken, dass 1229 Lübeck die erste Initiative zur Errichtung eines L. auf Falsterbo (Schonen) ergriff. Es folgten u.a. Den Briel (1280), Neuwerk (1300), Hiddensee (1306), Travemünde (1316), Sluis (Heister-Tief, 15. Jh.), Liepz/Wismar (15. Jh.), Skagen, Anholt und Kullen (1561). Diese L. waren zumeist Wippfeuer, doch entstanden auch Türme (Neuwerk). Kirchtürme (Rostock, St. Jakobi) konnten ebenso als „befeuerte“ H. genutzt werden, so wie sie generell der Ansteuerung dienten. Eine Seetonne wird 1288 in Wismar erwähnt. Ströme wurden seit dem 14. Jh. durch Baken, später durch Tonnen betonnt (Maas 1358, Elbe und Weser 15. Jh., Öresund 1530/61). Zur Finanzierung wurden Zölle erhoben (Bakengeld, Hamburger Werkzoll, Tonnengeld [Öresund]).
Literatur: K. Ferber, Die Entwicklung des Hamburger Baken-, Tonnen- und Leuchtfeuerwesens, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, 18 (1914), 1-102; C. Jahnke, Navigation and shipping in the Sound during the Middle Ages, in: Gransk, online tidsskrift om Nordsjællands fortid og historie gjort tilgængeligt af Furesø Museer, Museerne Helsingør, Museum Nordsjælland og Rudersdal Museer, 2021, S. 49-64. http://gransk.dk/5-navigation-and-shipping-in-the-sound-during-the-middle-ages/.