Hanse­Lexikon
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Suchbegriff: Jahnke

Belte

Fahrwasser zwischen den dän. Inseln Fünen und Seeland, Großer Belt, sowie zwischen Fünen und Jütland, Kleiner Belt. Der Große Belt ist ca. 115 km lang, 10 bis 30 km breit und erstreckt sich von... mehr

Fahrwasser zwischen den dän. Inseln Fünen und Seeland, Großer Belt, sowie zwischen Fünen und Jütland, Kleiner Belt. Der Große Belt ist ca. 115 km lang, 10 bis 30 km breit und erstreckt sich von einer Linie Refsnæs-Fynshoved im Norden bis nach Gulstav-Kappel Kirke im Süden. Der südliche, längere und schmalere Teil wird durch den Langelands Belt gebildet. Der Kleine Belt ist ca. 125 km lang, verengt sich bis auf 600 m und erstreckt sich zwischen den Linien Æbelø-Bjørnsknude im Norden und Alsen-Vejnæs Nakke im Süden. Beide Wasserstraßen bilden die westlichen Zugänge zur Ostsee. Der Kleine und Große B. gelten aber als besonders schwierige Segelgebiete, wobei der Gr. Belt die größte Wassertiefe aller Ostseezugänge ausweist. Aufgrund der schwierigen Segelverhältnisse nutzen die m.a. Schiffer zumeist die Öresundspassage, wo sie seit 1429 den Sundzoll erlegen mussten. Zur Umgehung des Zolles wichen einige Kaufleute über die Belte aus, was ihnen dänischerseits zuerst untersagt wurde. Doch nutzten vor allem die wendischen Bergen- und Norwegenfahrer die Beltroute. Seit Ausgang des 15. Jhs. bis 1857 waren auch die Passagen durch die Belte zollpflichtig, wobei der Belt- oder Stromzoll entweder in Helsingör am Öresund, in Nyborg am Großen B. oder aber seit ca. 1510/20 an der Wehrkirche von Middelfart resp. dem jütischen Snoghøj am Kleinen B. erlegt werden musste. Im Jahr 1655 wurde die Zollstelle von Middelfart nach Frederiksodde/Fredericia verlegt. Über die Häufigkeit der Beltpassagen liegen für das Mittelalter keine Angaben vor. Im Jahr 1700 passierten ca. 700 Schiffe jährlich den Kleinen B. Die Einnahmen aus dem Beltzoll machten aber meist nur 1/10 der Einnahmen aus dem Sundzoll aus.

Carsten Jahnke2016

Literatur: Mikael Venge, Fra åretold til toldetat, Dansk Toldhistorie, Vol. I, København 1987, 107f. u. 198f.; Erik Housted, Toldvæsen og toldere i Fredericia, in: Zise. Toldhistorisk Tidsskrift, 7. Jg., 1984, Nr. 1, 4-29. Friedrich Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik, 1900, Bd. II, XCVIII und passim. 
Bier

B. ist ein alkoholhaltiges Getränk, welches zwar gebraut aber nicht destilliert wird. Der Begriff B. ist abgeleitet aus as. bior*, mit unklarer Etymologie, u.U. verwandt mit westgerm.... mehr

B. ist ein alkoholhaltiges Getränk, welches zwar gebraut aber nicht destilliert wird. Der Begriff B. ist abgeleitet aus as. bior*, mit unklarer Etymologie, u.U. verwandt mit westgerm. *beura-, wallen. B. gehörte im MA zu den Grundnahrungsmitteln und der tägliche Verbrauch lag bei ca. 2½ l oder mehr. B. entsteht durch das Erwärmen von Malz in Wasser bei 65° C. Hierbei wird Stärke in Zucker umgewandelt (Weichen). Der entstandene Sirup wird unter Rühren gekocht (Maischen) u. schnell abgekühlt. Dabei beginnt ein Fermentierungsprozess, in dem natürlich vorkommende Hefebakterien Alkohol produzieren. Nach Vorschrift des Hamburger Rates dauerte dieser Prozess 72 Stunden im Sommer und 8 Tage im Winter; hierdurch konnte das B. im Faß nachreifen. Während der Erwärmung können zudem Geschmacksstoffe (Hopfen, Gagelstrauch, Grut (eine Kräutermischung)) zugesetzt werden. Nach der Fermentierung wurde das B. in Eichen ➝Tonnen abgefüllt. Im frühen Mittelalter fand B.-produktion in den Haushalten statt. Seit dem 9. Jh. findet sich eine Spezialisierung in Mälzer und Brauer (Capitulare de Villis).  Mit Aufkommen urbaner Strukturen verbesserte sich seit dem 12. Jh. die Brautechnik, die die Produktionsvarianz u. -qualität erhöhte. Durch Einsatz von Kupferkesseln mit bis zu 4.000 l Inhalt konnte die Produktionsmenge erhöht und ein B.-handel in Gang gebracht werden. Im 13./14. Jh. kam es zu einer Veränderung d. B.-geschmacks hin zu Weizen- und Gerstenbieren. Der Zusatz von Hopfen war dabei nicht das ausschlaggebende Element, sondern das Zusammenspiel von Fassreife und Produktion. Im Hanseraum gab es verschiedene B.-traditionen. Während im Westen Grutb. vorherrschend war, wurde im Osten mehr mit Hopfen gewürzt. Durch Transport und Lagerung erhielten die Weizenbiere einen bes. Geschmack, der sie zu einem Exportgut werden ließ. Hamburg wurde bes. als B.stadt hervorgehoben, aber die Braumenge in ➝ Köln,  ➝ Lübeck, ➝ Wismar, ➝ Rostock und ➝ Danzig war entsprechend hoch, da die Küsten- resp. Flusslage die Versorgung der Brauereien mit Rohstoffen sichern konnte. Aus Hamburg wurden am Ende d. 15. Jhs. durchschnittlich allein 24.000 hl, in Spitzenjahren sogar bis zu 150.000 t. seewärts exportiert, Lübeck produzierte in allen Brauereien ca. 120.000 hl, Köln 68.000 hl. B. pro Jahr. Zahlen aus anderen Städten liegen noch nicht vor. Die B.-produktion in Einbeck dagegen war wesentlich geringer, das Einbecker B. besaß aber einen besonderen Ruf.  Bier gilt als besonders wichtiges Handelsgut der Hanse, wobei der Handel der brauenden Binnenstädte noch nicht untersucht ist. Zu den wichtigsten Exportregionen für B. aus den Hansestädten zählen die Niederlande (für Hamburger Bier), Norwegen (vor allem Lübeck und Rostock), Skandinavien u. später auch England. Aber auch im Binnenhandel u. im Seehandel zw. den Hansestädten wurde B. vertrieben, wobei sich die B.-Weingrenze im Laufe des 15. Jh. südwestwärts verschob, so dass z.B. aus dem „Weinhaus“ Köln ein Brauhaus wurde.

Carsten Jahnke2019

Literatur: J. Steensgard Nielsen, Brewing Beer in the Middle Ages – Beer Production and Product Differentiation in Medieval Northern Germany, M.A.-Arbeit (speciale) Kopenhagen 2018; Kein Bier ohne Alster. Hamburg - das Brauhaus der Hanse, hg. R. Wiechmann, 2016; W. Frontzek, Das städtische Braugewerbe und seine Bauten vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit, 2005; R. W. Unger, Beer in the Middle Ages and the Renaissance, 2004; C. von Blankenburg, Die Hanse und ihr Bier. Brauwesen und Bierhandel im hansischen Verkehrsgebiet, 2001; F. Irsigler, „Ind machden alle lant beirs voll“, Zur Diffusion des Hopfenbierkonsums im westlichen Hanseraum, in: Nahrung und Tischkultur im Hanseraum, hg. G. Wiegelmann, R.-E. Mohrmann, 1996, 377-97; W. Bing, Hamburgs Bierbrauerei vom 14. bis zum 18. Jh, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 14 (1909), 209-329 (veraltet).
Börnhoved, Schlacht von

Die S. v. B. am Marien-Magdalenentag (22. Juli) 1227 zwischen König Valdemar dem Sieger von Dänemark und seinen Alliierten einerseits und einer Koalition des Erzbischofs von Bremen, Herzogs von... mehr

Die S. v. B. am Marien-Magdalenentag (22. Juli) 1227 zwischen König Valdemar dem Sieger von Dänemark und seinen Alliierten einerseits und einer Koalition des Erzbischofs von Bremen, Herzogs von Sachsens, Grafen von Holstein und der Stadt ➝ Lübeck andererseits kennzeichnet das Ende der Expansion des dänischen Reiches. Seit der Mitte des 12. Jh. hatte das dänische Reich sich entlang der Küsten des Ostseeraumes ausgebreitet. U.a. wurden Dänemark 1214 mit einer goldenen Bulle alle Gebiete zwischen Elbe und Elde, u.a. ➝ Hamburg, Lübeck und Schwerin, offiziell zugesprochen. Das führte zu politischen Verwerfungen und Feindschaften. U.a. kam es zu einer Fehde zwischen Graf Heinrich von Schwerin und König Valdemar, die Anfang Mai 1223 durch einen Friedensschluss in Nyborg am Großen Belt beendet wurde. Auf der anschließenden Friedensfeier auf der Insel Lyö nahm Graf Heinrich am 7. Mai 1223 König Valdemar und den Kronprinzen gefangen und verschleppte sie nach Dannenberg. Der Freilassungsvertrag für Valdemar und seinen Sohn wurde von Seiten des Papstes annullieret, so dass eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld gesucht wurde. Vor der Schlacht hat Lübeck sich auf Seiten der Aufrührer gestellt und die Gelegenheit genutzt, für sich selbst die Reichsfreiheit zu erringen. Die Schlacht selbst wurde durch den plötzlichen Übergang der Dithmarscher vom königlichen in das feindliche Lager entschieden und der König vernichtend geschlagen. In der lübischen Chronistik und im lübischen Selbstbewusstsein wird die S. v. B. als Beginn der eigenen Selbstständigkeit gesehen und gefeiert. Für das Königreich Dänemark dagegen ist sie der Ausgangspunkt einer bis heute anhaltenden Reduktion des Reichsterritoriums.

Carsten Jahnke2019

Literatur: W. Lammers, Das Hochmittelalter bis zur Schlacht von Bornhöved, in: Geschichte Schleswig-Holsteins, 4.I, 1981, 374-401; E. Hoffmann, Lübeck im Hoch- und Spätmittelalter: Die große Zeit Lübecks, in: Lübeckische Geschichte, hg. A. Graßmann, 2008, 105-34.
Boston

Englische Handelsstadt in der Grafschaft Lincolnshire. Die St. Botolph Messen in B. (vom 17. Juni bis zum September) entwickelten sich zum Zentrum des englischen Wollexports. Spätestens seit Beginn... mehr

Englische Handelsstadt in der Grafschaft Lincolnshire. Die St. Botolph Messen in B. (vom 17. Juni bis zum September) entwickelten sich zum Zentrum des englischen Wollexports. Spätestens seit Beginn des 14. Jh. boten dort hansische Kaufleute skandinavische Waren an, die bis zu 60 % aller Importe ausmachten, und tauschten diese gegen Wolle ein. Mit dem Aufstieg des englischen Tuchgewerbes seit 1350 wuchs B.s Bedeutung als Exporthafen, doch ging der Tuchexport zu Beginn des 15. Jh. zurück, und London übernahm bald die Führungsrolle. Seit Ende des 13. Jh. sind hansische Kaufleute in B. nachzuweisen. Seit Beginn des 14. Jh. gewannen vor allem Lübecker im Handel zwischen Bergen, B. und Flandern eine dominante Stellung. Bis 1391 war B. zum wichtigsten hansischen Ausfuhrhafen für englische Tuche aufgestiegen, bis 1456 von den Lübeckern kontrolliert. Probleme im Norwegenhandel, in Lübeck selbst und zwischen England und Lübeck schädigten den Handel so, dass er sich nach der Mitte des 15. Jh. nicht wieder erholte. Die hansischen Kaufleute besaßen in B. ein eigenes Kontor, den Stalhof, der teilweise von Bergen (HR II, 4, 187), später von London aus verwaltet wurde. Er bedurfte am Ende des 15. Jh. größerer Reparaturen, die nicht mehr bezahlt werden konnten. 1550 wurde er erstmals an Engländer vermietet, die Nutzung als Kontor erlosch. Nach 1601 wurde werden die Eigentumsverhältnisse unsicher. 1641 waren Reparaturen an der Wasserfront des Stalhofes so dringend geworden, dass die Stadt das Kontor öffentlich versteigern ließ. 1662 forderten die Hansestädte zuletzt das Eigentum zurück, ohne Erfolg.

Carsten Jahnke2014

Literatur: J. M. Lappenberg, Urkundliche Geschichte des Hansischen Stahlhofes zu London, 1851, 162-65; M. Burkhardt, One hundred years of thriving commerce at a major English sea port, in: The dynamics of economic culture in the North Sea and Baltic Region, hrsg, H. Brandt, L. Müller, 2007, 65-85; ders., hansische Bergenhandel im Spätmittelalter, 2009, 170-78.
Bruderschaften

B. sind eine verstärkt nach dem letzten Jahrzehnt des 14. Jh. entstandene Bewegung laikaler Frömmigkeit. Sie verbanden Aspekte der Jenseitssicherung, z.B. durch Gebet, Toten- und Armenfürsorge, des... mehr

B. sind eine verstärkt nach dem letzten Jahrzehnt des 14. Jh. entstandene Bewegung laikaler Frömmigkeit. Sie verbanden Aspekte der Jenseitssicherung, z.B. durch Gebet, Toten- und Armenfürsorge, des sacrum commercium (Othenin-Girard) sowie des diesseitigen Machtausgleiches miteinander. Zudem dienten sie als Heiratsmarkt, für die politische Kommunikation und den Informationsaustausch. B. verbanden den Kult eines Heiligen mit dem Totengedenken sowie diesseitigen Feiern, den Kosten. Wegen ihres Heiligenkultes wurden B. mit der Reformation aufgelöst oder zu nichtreligiösen Einrichtungen umgeformt. In Hansestädten existierten bis zu 100 B. gleichzeitig und hatten wesentlichen Einfluss auf den städtischen Festkalender.

Carsten Jahnke2022

Literatur: C. Jahnke, Lübeck’s Confraternities, in: A companion to the medieval Lübeck, hrsg. C. Jahnke, 2019, 372-397; M. Escher-Apsner, Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten, 2009; G. Brandes, Die geistlichen Brüderschaften in Hamburg, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, I, 34 (1934), 75-176; II, 35 (1936), 57-98; III, 36 (1937), 65-110.
Dänemark
Das Königreich entstand wahrscheinlich im 10. Jh. durch den Zusammenschluss der Landesteile Halland, Schonen, Bornholm, Seeland, Fünen, Jütland und der Inseln unter König Gorm dem Alten und Harald... mehr
Das Königreich entstand wahrscheinlich im 10. Jh. durch den Zusammenschluss der Landesteile Halland, Schonen, Bornholm, Seeland, Fünen, Jütland und der Inseln unter König Gorm dem Alten und Harald Blauzahn. Bis zum Beginn des 13. Jh. kamen Lister (vor 1203), Estland (1218/27-1346) und Blekinge (vor 1231) dazu. Die Herkunft des Namens, vor allem des ‘Mark’-Begriffes, ist umstritten, D. wird allerdings schon bei Ođar im 9. Jh. als Land erwähnt. Am Ende des 10. Jh. expandierte D. und umfasste zeitweise unter Knud d.Gr. in Personalunion sowohl England (bis 1042) als auch Teile Norwegens. Das gleiche geschah Ende 12. Jh. / Anfang 13. Jh., als D. die Gebiete zwischen Elbe und Elde einschließlich Hamburgs und Lübecks (Goldene Bulle von 1214), die Landschaften zwischen dem Samland und Mecklenburg einschließlich Rostocks sowie Estland (Tallinn = ‘dänische Stadt’) erwarb. Mit Ausnahme Estlands gingen diese Erwerbungen in der Schlacht von Bornhöved 1227 verloren. Die folgenden Wiedereroberungsversuche führten zum Ruin der Staatsfinanzen. D. wurde unter Pfandherren aufgeteilt, die Königsfamilie 1326-1340 exiliert und Schonen unterstellte sich der Krone Schwedens. Unter Valdemar Atterdag begann 1340 eine Phase der erneuten Sammlung, in deren Zusammenhang 1360 nicht nur Schonen, sondern 1361 auch Gotland und Visby erobert wurden. Das war einer der Auslöser für die → Kölner Konföderation (1367) und deren Kampf gegen D. Als Valdemar Atterdag 1375 ohne direkten Erben starb, ging die Königswürde an seinen norwegischen Enkel, Kronprinz Olav IV. Håkansson, über, für den dessen Mutter, Kgin. Margarethe v. Norwegen, die Regierung übernahm. Nach dem Tod von Olavs Vater 1380 wurden Norwegen und D. in Personalunion vereint (bis 1814, Kieler Frieden). Als Olav 1387 unerwartet starb, okkupierte seine Mutter mit Zustimmung der Reichsräte die Macht in Norwegen und D., 1388 schloss sich der schwedische Reichsrat an. Nach der Vertreibung des schwedischen Königs Albrecht von Mecklenburg 1389 wurden alle drei Länder unter Margarethe in der sog. Kalmarer Union (1397) vereint und Erich von Pommern 1396 nominell zum König der drei Reiche ernannt. Nach dem Sturz Erichs 1437 und der kurzen Regierung König Christophers von Pfalz-Neumarkt (von Bayern; 1437/40-1448) wählte dessen Witwe Dorothea Christian I. von Oldenburg zum neuen König. Die Oldenburger stellten seit 1448 die regierende Dynastie in D. Als Folge des Todes Christophers zerbrach die Kalmarer Union am Widerstand Schwedens und die Könige v. D. versuchten von 1448 bis 1536, eine Wiederherstellung der Union zu erreichen, was misslang. Allerdings konnten die Könige seit 1460 Schleswig und Holstein in Personalunion mit D. vereinigen (bis 1864), so dass sich deren Herrschaft bis zur Elbe erstreckte. Sie waren zudem bis 1768 nominelle Stadtherren von Hamburg. In der Nachfolgezeit verschob sich aber das Machtgefüge zugunsten Schwedens, das 1658 mit der Annexion Hallands, Schonens, Listers und Blekinges D. wichtiger Kerngebiete beraubte. In ökonomischer Hinsicht nahm D. eine fünffache Schlüsselstellung ein. Zum ersten war es aufgrund seiner geographischen Lage die Nahtstelle zwischen dem Handel im Ostseeraum und in der Westsee/Nordsee. Da eine Umschiffung des Kap Skagens gefährlich ist, wurden bis Ende 14. Jh. viele Güter auf dem Landwege zwischen den Meeren, bis Ende 13. Jh. über Schleswig, später über Lübeck, umgeschlagen. Erst mit der Weiterentwicklung der Schifffahrt seit Ausgang 14. Jh. verlor D. seine zentrale Stellung als Umschlagplatz. Zum zweiten beherrschte D. durch seine Lage die Ostseezugänge. Damit erhielt D. eine politische Rolle in der Sicherung und Offenhaltung vor allem der Belte und des → Öresunds. Zum dritten stiegen die Schonischen Messen aufgrund ihrer Lage an der Nahtstelle zwischen dem Ost-West/Nordseeraum sowie des natürlichen Reichtums an Heringen bis Ende 14. Jh. zur größten nordeuropäischen Warenmesse auf. D. war dadurch nicht nur der Heringsversorger Europas, sondern auch einer der wichtigsten Absatz- und Umschlagmärkte für Salz, Wein, Wachs und andere Produkte. Zum vierten ist D. das natürliche Hinterland der wendischen und pommerschen Seestädte, die aus D. einen Teil ihres Braugetreides und andere Lebensmittel bezogen und dort ihre eigenen Waren absetzten. Zum fünften entwickelte sich seit dem Ende des 15. Jh. die Ochsendrift zwischen Jütland u. den d. Inseln und den Niederlanden zu einem bedeutenden internationalen Wirtschaftsfaktor. In der traditionellen Hanseforschung wurde D. vor allem als “Schicksalsland der Hanse” (Fritz Rörig, Ahasvar von Brandt) betrachtet und das Augenmerk häufig auf die Kölner Konföderation und Valdemar Atterdag gerichtet. Das wird heute nicht mehr so gesehen. Statt nationaler Stereotypen wird vielmehr auf die divergierenden Interessen der einzelnen hansischen Landschaften in Hinblick auf D. hingewiesen: D. als Durchfahrtsland aus Sicht der preußischen, livländischen, zuiderzeeischen und holländischen Landschaften, D. als Einkaufs- und Absatzmarkt aus Sicht der westfälischen Landschaften und D. als eigenes Hinterland und möglicher Sperrriegel gegen Konkurrenten, vor allem gegen Holland, aus Sicht der wendischen Städte. Darüber hinaus treten die individuellen Beziehungen einzelner Persönlichkeiten, z.B. Margarethe von Norwegens mit dem stralsundischen Bürgermeister Wulf Wulflam, wie auch die regionalen Strukturen und Warenströme mehr in den Vordergrund. Weiter war die Kaufmannsschicht der dänischen Städte eng in das personelle und ökonomische Netzwerk der Hanse eingewebt, wie das Beispiel des Malmöer Kaufmanns Detlev Einbeck (Ditlev Embeke) und seines Handelsbuches zeigt.
Carsten Jahnke2014

Literatur: N. Hybel, B. Poulsen, Danish Resources c. 1000-1550, 2007; E. Albrectsen, K.-E. Frandsen, Konger og Krige, 700-1648, 1, 2001.
Fass, Tonne

Die T., das F. oder die Pipe in allen Ausführungen waren die Standardcontainer der Hansezeit. Sie wurden sowohl zum See- als auch zum Landtransport genutzt und enthielten sowohl trockene als auch... mehr

Die T., das F. oder die Pipe in allen Ausführungen waren die Standardcontainer der Hansezeit. Sie wurden sowohl zum See- als auch zum Landtransport genutzt und enthielten sowohl trockene als auch liquide Waren. T. wurden durch städtische T.macher nach regionalen Normen produziert. Sie konnten nach Gebrauch zerlegt und neu genutzt werden. Die T.normen waren stets vom Inhalt definiert. Eine mittelalterliche T. hat damit kein einheitliches, modernes Äquivalent.  Normierungsbestrebungen der Hanse blieben größtenteils erfolglos, doch gab es mit dem ‚Rostocker Band’ eine einheitliche Norm für Heringst. sowie u.a. Normierungen der Bier- und Salzt.

Carsten Jahnke2022

Literatur: C. Ashauer, Von einheitlichen Tonnen und Bändern, in: Aus hansischer und niederdeutscher Geschichte, 2022, 183-204; H. Witthöft, Umrisse einer historischen Metrologie zum Nutzen der wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschung, 1979.
Fisch
F. gehörte zu den basalen Handelsgütern des Mittelalters und der Hanse. Nach der Christianisierung Europas war die Nachfrage nach Fastenspeisen sprunghaft angestiegen, da die kirchlichen Regeln 140... mehr
F. gehörte zu den basalen Handelsgütern des Mittelalters und der Hanse. Nach der Christianisierung Europas war die Nachfrage nach Fastenspeisen sprunghaft angestiegen, da die kirchlichen Regeln 140 bis 160 (F.-) Fastentage pro Jahr vorsahen und der Bedarf aus den vorhandenen, natürlichen F.gewässern nicht gedeckt werden konnte. Das hatte mehrere Folgen. Zum ersten gerieten die vormals freien F.gewässer spätestens seit salischer Zeit unter das Bannrecht der Herrscher, was mit der Auslegung der Verordnungen des 2. Hoftages von Roncaglia 1154 als Fischereiregal festgeschrieben wurde, das alle natürlichen, größeren binnenländischen Fischereigewässer, Flüsse, Auen und Seen umfasste. Auf den Meeren konnten die Könige von Dänemark ihr Fischereiregal für die Sunde und Belte nicht behaupten, dort wurde es auf das Strandrecht reduziert. Nur der Deutsche Orden konnte ein aus vorchristlicher Zeit stammendes Verfügungsrecht über das Meer ausüben. Zum zweiten führte der Bedarf an F. zur Anlage künstlicher F.teiche und zur Teichwirtschaft. Die F.teiche entwickelten sich von schon im Capitulare de Villis erwähnten Rückhaltebecken zu konkret für die F.zucht angelegten F.teichen. Vor allem die Verbreitung des Zisterzienserordens führte zu einer Intensivierung der Teichwirtschaft und der geregelten Anlage von Streichteichen (zum Ablaichen), Brutvorstreckteichen, Streckteichen und Abwachsteichen. Die gleichzeitige Verbreitung der Wassermühlen mit ihren Mühlteichen führte ebenso zur Intensivierung der Teichwirtschaft. Zum dritten führte die erhöhte Nachfrage nach Fastenspeisen seit ca. 800 zu einer Verdichtung der Handelskontakte mit den Meeresanrainern und einem Import von konserviertem Meeresf. Zur Sicherstellung der Versorgung mit Fastenspeisen strebten Institutionen, Höfe oder Städte nach Erhalt von Fischereiprivilegien unter Ausnutzung des Fischereiregals. Städtische Marktordnungen regelten nicht nur die Qualität und den Verkauf des F., sondern die Städte sorgten auch für eine regelmäßige Zulieferung von Frischf. So verordnete z.B. die Stadt Neustadt a.d. Ostsee 1474, dass die städtischen Fischer mittwochs, freitags und sonnabends sowie vor allen Feier- und Fastentagen ihren Fang nur auf dem städt. Markt anbieten durften. Die Fischer verkauften ihren Fang entweder selbst auf den F.markt oder im F.kaufhaus (Köln) oder gaben ihn an F.menger weiter, die den Kleinverkauf übernahmen. Die städtische Gewerbeaufsicht, in Lübeck die Wette, in Köln der F.marktmeister, sicherten nicht nur die Einhaltung der Privilegien, sondern auch der Qualität und des Preises des angebotenen F. Vielfach, so in Köln, wurden verschiedene F.sorten an getrennten Orten in der Stadt angeboten. In den Städten wohnten die Fischer häufig in eigenen, sozial segregierten Quartieren, in den wendischen Städten auf dem sogenannten Kiez. Die städtischen Fischer gehörten vielfach zu den ärmsten Teilen der Bevölkerung. Klöster verpflichteten ihre Fischer zur regelmäßigen Lieferung bestimmter Mengen wie auch die Verwalter von Residenzen bei Anwesenheit des Hofes. Fischereirechte gehörten zu den häufig umstrittenen Privilegien, da Besitzverhältnisse schwer zu markieren und die Nutzung durch andere schwer zu überwachen waren. Die durch die Klöster intensivierte Teichwirtschaft führte vor allem zur Introduktion des Karpfens von Südosteuropa nach West- und Nordeuropa und seit dem 13. Jh. zur Zucht des domestizierten Karpfens. Neben dem Karpfen gab es eine große Palette weiterer Teichf., der um 1040 geschriebene Ruodlieb kennt allein 19 Arten. Daneben standen eine Reihe von Flussf. wie Lachs, Aal, Forelle, Neunauge, Plötz oder Weißfisch. Süßwasserf., mit Ausnahme des Lachses, galten als teuer und “bessere” F., da ihr Geschmack durch die mittelalterliche Kochkunst “verbessert” werden konnte. Allerdings waren sie nur in eingeschränktem Umfang zu erhalten, vor allem zu den winterlichen Fastentagen zwischen Martini und Ostern. Die Ressourcenknappheit von Süßwasserf. kann als Grund für den umfangreichen Import von Meeresf. ins europäische Binnenland seit dem 9. Jh. gesehen werden. Da nicht konservierter F. nur 1 bis 2 Tage haltbar ist, ließ sich Meeresf. bis in 19. Jh. hinein nur in gesalzener oder getrockneter Form über längere Strecken transportieren. Aus diesem Grund wurden nahezu ausschließlich gesalzene Heringe und getrockneter Dorsch oder Kabeljau verhandelt. Hering erscheint als Wort seit dem 10. Jh. im Althochdeutschen und wird 1035 als Speisef. im Kloster St. Gallen erwähnt, wobei die Binnenländer die gekehlte und gesalzene Form des F. vielfach für dessen natürliche hielten. Der Heringshandel wurde zuerst aus dem Nordseeraum über die Rheinroute und aus dem Ostseeraum über Bardowick abgewickelt. Hierbei entwickelte sich der für die Hanse grundlegende Austausch von Lüneburger Salz gegen rügischen / schonischen Hering, der dazu führte, dass alle anderen Fischereien bis zum Ende des 15. Jh. unbedeutend blieben. Nach 1189 wurde Lübeck zum Zentrum des nordwestdeutschen Heringshandels. Daneben importierten viele binnenländische Städte auch direkt Hering aus dem Ostseeraum. Neben Lübeck stiegen Köln und Krakau zu zentralen Stapelplätzen für Ostseehering auf. Ein ausgeklügeltes System sicherte die Qualität des gehandelten F. Neben Regulierung der Fangzeiten und Maschenweiten überwachten Qualitätsgutachter, Wracker, die Verarbeitung, das Einsalzen und die Verpackung von Hering auf den Schonischen Messen. Die Qualität wurde durch ein Zeichen, Zirkel, auf der Tonne neben der Kaufmannsmarke eingebrannt und auf den großen Stapelplätzen erneut von Wrackern untersucht. Hierdurch ließ sich die Produktionskette zurückverfolgen. Die Stadt Straßburg sandte so zwei Mal jährlich die Zeichen verdorbener Waren über Köln nach Lübeck, das wiederum die Kaufleute am Produktionsort regresspflichtig machte. Hierdurch wurde ein hoher Qualitätsstandard gehalten. Ostseehering wurde in einem Gebiet von Lemberg bis Irland und Bergen bis Rom regelmäßig gehandelt u. gegessen. Der F. galt vor allem als Grundspeise ohne besonderen kulinarischen Reiz und findet sich in zahlreichen Hospitals-, Burg-, Arbeits- oder Stadtrechnungen wieder. Preiskurven liegen so u.a. für Würzburg (1490-1800), Frankfurt a.M. (1475-1733), Leipzig (1572-1820) und Speyer (1514-1800) vor. Die Heringsproduktion auf den Schonischen Messen lässt sich nicht genau bestimmen. Ausfuhrziffern liegen teilweise für die Jahre 1375 (Malmö) und 1494 (Skanör/Falsterbo) vor, nicht aber für die Gesamtproduktion. Neben Hering gehörte Stockf. zur zweiten wichtigen F.sorte des hansischen Handels. Bei Stockf. handelt es sich um luftgetrockneten Dorsch resp. Kabeljau, der vor allem in Norwegen hergestellt wurde. Spätestens seit dem 13. Jh. transportierten hansische Kaufleute Stockf. von Norwegen vor allem nach England, aber auch auf den Kontinent. Seit dieser Zeit war der Handel auf die Stadt Bergen konzentriert. Der von den Fischern gefangene und getrocknete F. wurde in Bergen gegen Lebensmittel und andere Waren eingetauscht, was die norwegische Ökonomie in eine gewisse Abhängigkeit vom Hansehandel brachte. Der F. selbst wiederum diente den Kaufleuten zum Zwischenhandel auf der Route Bergen-Boston-Brügge oder als primäre Handelsware. Allerdings lässt sich die Quantität des aus Norwegen exportierten Stockf. nicht bestimmen. Bei Stockf. unterscheidet man verschiedene Verarbeitungsformen: Rundf. (Langen), geköpfter und ausgenommener F., wobei jeweils zwei F. am Schwanz zusammengebunden wurden, sowie Rotscher, gespaltener F. Seit 1446 gab es einen Stapelzwang und eine Wracke für diesen F. in Lübeck, seit 1476 in Bergen selbst. Am Ende des 15. Jh. führte die verstärkte Konkurrenz englischer Kaufleute zur Beseglung Islands und später Kanadas und zum Export von Stockf. von dort. Da dieser F. jedoch deutlich härter ist, mussten in vielen Städten Stockf.mühlen gebaut werden, um ihn verzehrfertig zu klopfen. Der Schiffbruch des italienischen Kaufmanns Pietro Querini auf den Lofoten 1432 führte zudem zur Etablierung eines direkten Stockf.handels nach Italien, wo in Venetien bis heute Baccalà alla Vicentina geschätzt wird. Die Verbreitung des Stockf.handels im Binnenland entspricht dem des Herings, allerdings liegen für dessen Umfang und Wert kaum Zahlen vor. Neben diesen beiden Hauptf.sorten wurden weiterhin zahlreiche andere, konservierbare F. gehandelt, u.a. Hecht, Rochen, Lachs und Schollen, aber auch Austern (aus der Nordsee) und Muscheln. Der Handel mit Krabben kam allerdings erst im 19. Jh. auf. Der Handel mit F. gehörte zum allgemeinen Alltagshandel im Mittelalter. Er besaß eine große Bedeutung, stand im Ruhm allerdings weit im Schatten des Handels mit Luxuswaren.
Carsten Jahnke2014

Literatur: B. Kuske, Der Kölner F.handel vom 14.-17. Jh., Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 24 (1905), 227-313; C. Jahnke, “Und ist der fisch- und Heringsfangh das Erste beneficium...”, Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 122 (1997), 289-321.
Fischer

F. sind eine städtische Berufsgruppe, die wesentlich zur Versorgung mit Fastenspeisen beitrug. War Fischerei schon in Haithabu und in slawischer Zeit ein wesentliches Merkmal, so nahm die Bedeutung... mehr

F. sind eine städtische Berufsgruppe, die wesentlich zur Versorgung mit Fastenspeisen beitrug. War Fischerei schon in Haithabu und in slawischer Zeit ein wesentliches Merkmal, so nahm die Bedeutung mit der Christianisierung wesentlich zu. Zur Versorgungssicherung versuchten die Städte, Wasserflächen in Stadtnähe zu monopolisieren und diese durch städtische F. befischen zu lassen. Diese Fischer gehörten zumeist zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen, bestanden östlich der Elbe teilweise aus assimilierten Slawen und wohnten oft in gesonderten Stadtbereichen (Kiez, slawische Fischersiedlung). Die F. hatten den städtischen Markt mit frischem Fisch zu versorgen, und sie unterstanden der städt. Aufsicht. Neben den städtischen F. gab es auch die freie Marktfischerei der ➝ Schonischen Messen, auf denen sich jährlich ca. 40.000 F. einfanden. Die Zusammensetzung der Gruppe war vielschichtig und umfasste auch nichtstädtische F.

Carsten Jahnke2019

Literatur: C. Jahnke, „Und ist der fisch- und heringsfang das Erste beneficium..." - Städtische und freie Marktfischerei im mittelalterlichen Ostseeraum, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 122 (1997), 289-321; ders., Das Silber des Meeres. Fang und Vertrieb von Ostseehering zwischen Norwegen und Italien (12.-16. Jh.), 2000.
Gewürze

G. gehörten zu den trockenen Waren resp. „Waren der Cramerei gewogen nach Zentner[n]“. Sie wurden seit dem 9. Jh. vor allem aus Asien und Afrika über Lemberg, die Alpen, das Rhônetal und die... mehr

G. gehörten zu den trockenen Waren resp. „Waren der Cramerei gewogen nach Zentner[n]“. Sie wurden seit dem 9. Jh. vor allem aus Asien und Afrika über Lemberg, die Alpen, das Rhônetal und die Atlantikroute nach Nordeuropa importiert. Neben Pfeffer gehörten z.B. Paradieskörner, Kümmel, Ingwer aber auch Narde, Galgant, Zimt und Muskat zu den in großen Mengen und regelmäßig importierten Waren. Trockene Waren werden selten einzeln verzollt, weshalb eine Bestimmung der importierten Mengen schwierig ist; Anhaltspunkte dafür gibt es aber aus Köln und London.

Carsten Jahnke2022

Literatur: C. Jahnke, Von Mandeln, Narde, Curcuma und Kümmel. Herkunft, Handel und Verbrauch von „exotischen“ Gewürzen und Lebensmitteln im nördlichen Europa, in: Archäologie in Lübeck, Ausgrabungen im Gründerviertel (Arbeitstitel), II, hrsg. C. Kimminus-Schneider, D. Rieger, 2022, 128-62.
Gotenhof

Der G. war die Niederlassung der gotländischen Kaufleute auf der Marktseite von Novgorod mit der Kirche St. Olav. Diesen Strandhof, rečnoj dvor, besuchten seit dem 12. Jh. sächsische Kaufleute... mehr

Der G. war die Niederlassung der gotländischen Kaufleute auf der Marktseite von Novgorod mit der Kirche St. Olav. Diesen Strandhof, rečnoj dvor, besuchten seit dem 12. Jh. sächsische Kaufleute zusammen mit den Gotländern. 1259/60 werden der G. und der → Petershof erstmals zusammen erwähnt. Mit dem Rückgang des gotländischen Handels übernahmen die deutschen Kaufleute den G. Seit dem 14. Jh. verpachteten die Gotländer den Hof an die dt. Kaufleute, der Teil des hansischen → Kontors wurde. Bis ins 16. Jh. bezahlte Reval 5 rh.fl. an Pacht. 1311 brannte St. Olav nieder und wurde nicht neu errichtet. Der G. wurde 1968-70 archäologisch ergraben. 

Carsten Jahnke2022

Literatur: N. Angermann, Nowgorod - das Kontor im Osten, in: Die Hanse, Lebenswirklichkeit und Mythos, hrsg. J. Bracker, V. Henn, R. Postel, 4. Aufl., 2006, 234-41; E. A. Rybina, Ausländische Höfe in Nowgorod vom 12. bis 17. Jh., in: Autonomie, Wirtschaft und Kultur der Hansestädte, 1984, 111-29.
Hafen

Hafen ist ein juristisch gesicherter Landeplatz an einem Gewässerabschnitt, abgeleitet aus dem germ. *habanō (auch Gefäß, Haven), skan. hǫfn und verbunden mit portus,... mehr

Hafen ist ein juristisch gesicherter Landeplatz an einem Gewässerabschnitt, abgeleitet aus dem germ. *habanō (auch Gefäß, Haven), skan. hǫfn und verbunden mit portus, wīc (zu lat. vicus, ahd. *wīh, Stadt, oder alteng. Herberge für fremde Kaufleute). Der H. steht im Gegensatz zum juristisch ungesicherten Anlaufplatz, skan. stǫd. Im H. gewährte der Landesherr periodisch oder ganzjährig Fremden Kaufmannsschutz, Marktschutz und Befreiung vom Strandrecht sowohl auf dem Land als auch zu Wasser. Hierzu mussten die Eigentumsrechte über die Wasserflächen definiert werden. H. in Nordeuropa entw. sich im Laufe des 7./8. Jh.s. (➝ London, ➝ Haithabu, ➝ Dorestad). Im 11.-13. Jh. wuchsen H.- und Stadtbegriff zusammen und H. wurden zentrale Knotenpunkte des Handels. H. wurden mit festen Anlegestellen, germ. *brugjō, skan. bryggjur, und anderen Einrichtungen (➝ Kran, Zollstelle, Packhaus) versehen, die im H.-begriff vereinnahmt wurden. Die Ausbildung von H. führte zu einer Zentralisierung des Verkehrs (➝ Stapelrecht) und der Diskriminierung anderer Anlaufplätze.

Carsten Jahnke2019

Literatur: C. Jahnke, Art. Hafen, in: HRG; ders., Customs and toll in the Nordic Area c. 800-1300, in: Nordic Elites in transformation c. 1050-1250, Vol. I., hg. H. Vogt, B. Poulsen, J. V. Sigurdsson, 2019, 183-211; F. Rösch, Das Schleswiger Hafenviertel im Hochmittelalter. Entstehung – Entwicklung – Topographie, 2018.
Hafenzeichen, Leuchtfeuer

Die Ansegelung von Hafeneinfahrten resp. die Passage schwieriger Seegebiete barg so große Risiken, dass 1229 Lübeck die erste Initiative zur Errichtung eines L. auf Falsterbo (Schonen) ergriff. Es... mehr

Die Ansegelung von Hafeneinfahrten resp. die Passage schwieriger Seegebiete barg so große Risiken, dass 1229 Lübeck die erste Initiative zur Errichtung eines L. auf Falsterbo (Schonen) ergriff. Es folgten u.a. Den Briel (1280), Neuwerk (1300), Hiddensee (1306), Travemünde (1316), Sluis (Heister-Tief, 15. Jh.), Liepz/Wismar (15. Jh.), Skagen, Anholt und Kullen (1561). Diese L. waren zumeist Wippfeuer, doch entstanden auch Türme (Neuwerk). Kirchtürme (Rostock, St. Jakobi) konnten ebenso als „befeuerte“ H. genutzt werden, so wie sie generell der Ansteuerung dienten. Eine Seetonne wird 1288 in Wismar erwähnt. Ströme wurden seit dem 14. Jh. durch Baken, später durch Tonnen betonnt (Maas 1358, Elbe und Weser 15. Jh., Öresund 1530/61). Zur Finanzierung wurden Zölle erhoben (Bakengeld, Hamburger Werkzoll, Tonnengeld [Öresund]).

Carsten Jahnke2022

Literatur: K. Ferber, Die Entwicklung des Hamburger Baken-, Tonnen- und Leuchtfeuerwesens, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, 18 (1914), 1-102; C. Jahnke, Navigation and shipping in the Sound during the Middle Ages, in: Gransk, online tidsskrift om Nordsjællands fortid og historie gjort tilgængeligt af Furesø Museer, Museerne Helsingør, Museum Nordsjælland og Rudersdal Museer, 2021, S. 49-64. http://gransk.dk/5-navigation-and-shipping-in-the-sound-during-the-middle-ages/.
Hering

H. clupea harengus, Schwarmfisch aus der Familie der Clupeiformes mit einem Gewicht von 60 bis über 250 gr. und einer Länge bis zu 30 cm. H. leben in offenen Gewässern, ziehen zum Laichen... mehr

H. clupea harengus, Schwarmfisch aus der Familie der Clupeiformes mit einem Gewicht von 60 bis über 250 gr. und einer Länge bis zu 30 cm. H. leben in offenen Gewässern, ziehen zum Laichen aber in flache Küsten- oder Brackwassergewässer. Für den mittelalterlichen Handel waren drei Rassen von besonderer Bedeutung: die Nordsee-Herbstlaicher, die Frühjahrslaicher der westl. Ostsee und die zentral-baltischen Frühjahrslaicher. Unter den Nordsee-Herbstlaichern ziehen einige Arten zum Laichen auf die Doggerbank  und die Küsten Englands, andere an die Küsten des Bohuslen in Norwegen und einige in den Öresund. Bei den Frühjahrslaichern der westl. Ostsee waren vor allem die nach Rügen und in die Schlei ziehenden H. von besonders großer Bedeutung sowie bei den zentral-baltischen H. die Arten in der Rigaer Bucht sowie die vor der norrländischen u. estnischen Küste (Strömling). Der Zug in flache Laichgebiete ermöglichte die küstennahe Fischerei.

 Seit dem frühen Mittelalter wurde H. zur Laichzeit von der Küstenbevölkerung gefischt und durch Räuchern oder Salzen konserviert. Der durch die Christianisierung ausgelöste Bedarf an Fastenspeisen führte zu einer Intensivierung der Fischerei und einem Export ins Binnenland. Durch Qualitätssicherung wurde Schonischer H. seit dem 13. Jh. marktbeherrschend, rügischer und Doggerbankhering wurden verdrängt. Die politischen Veränderungen nach dem Stralsunder Frieden führten zum Wiedererstarken der Nordseefischerei, die seit dem 16. Jh. dominierte (holl. Matjesfischerei). Die H.sverarbeitung war bis zum Erstarken der Nordseefischerei strandbasiert, seit dem 16. Jh. wurde H. auf den Fangschiffen verarbeitet. Am häufigsten wurde H. in Salzlake im Verhältnis 1:3 (Lüneburger Salz) oder 1:2,5 (Bayensalz) konserviert. Salz- und H.handel waren dadurch untrennbar verbunden. Seltener wird H. geräuchert und erhält dadurch eine andere Farbe (Roter H.). H. gehörte in Gesamteuropa zu den gängigsten Fastenspeisen und hat zahlreiche sprachliche Spuren hinterlassen (H.tag, red herring, King herring, être serré comme des harengs, La journée des Harengs (1429).

Carsten Jahnke2014

Literatur: C. Jahnke, Das Silber des Meeres, 2000; England’s Sea fisheries, hrsg. D. J. Starkey, C. Reid u.a., 2000; B. Poulsen, Dutch Herring, 2008.
Kalmar

K. ist eine schwedische Handelsstadt im südöstlichen Småland am K.sund und dem Übergang zur Insel Öland, 40 km nördlich der mittelalterlichen schwedisch-dänischen Grenze. Der Name K. bedeutet wohl... mehr

K. ist eine schwedische Handelsstadt im südöstlichen Småland am K.sund und dem Übergang zur Insel Öland, 40 km nördlich der mittelalterlichen schwedisch-dänischen Grenze. Der Name K. bedeutet wohl steinige Insel und stammt aus dem 6. Jh. Aufgrund der Lage im Grenzbereich, dem Übergang nach Öland sowie an dem im Hochmittelalter stark befahrenen K.sund entwickelte sich K. nicht nur zu einer Stadt, sondern auch zu einer wichtigen Reichsfestung. Für die Stadt ist kein Gründungsdatum bekannt. Der Ort wird 1228 erstmals von Snorri Sturlason erwähnt und erhielt 1243 ein Dominikanerhaus. 1243 siegeln erstmals Schlossvogt und Rat von K. zusammen einen Brief an Lübeck mit dem Stadtsiegel. Der Rat von K. bestand nach schwedischem Recht aus Schweden und Deutschen und es ist ein hoher Anteil Niederdeutsch sprechender Kaufleute und Schiffer in der Stadt nachzuweisen, auch wenn deren Bedeutung umstritten ist. Die Stadt diente zum einen als Ausfuhrhafen für småländisches Eisen sowie die Wald- und Agrarprodukte Smålands, vor allem Butter, vor allem aber auch als günstig gelegener Treffpunkt. Die Stadt besaß eine enge Anbindung an die Hanse (HR I.1., Nr. 321 § 12), und es wurde dort Pfundzoll erhoben. Die Stadt nahm zudem u.U. an einigen wenigen Hansetagen teil. Stadt und Burg waren Austragungsort wichtiger innen- und außenpolitischer Verhandlungen, u.a. wurde hier 1397 die K.er Union gegründet, und standen häufig im Zentrum kriegerischer Auseinandersetzungen. Die Quellenlage zur Wirtschaftsgeschichte K.s ist desperat, allerdings existiert ein Stadtbuch, K. Stads Tänkebok, Dit is des stades kalmeren denkebook, welches von 1381-1384 in Niederdeutsch, 1402-1421 in Latein und 1421-1490 auf Schwedisch verfasst ist.

Carsten Jahnke

Literatur: N. Blomkvist, The Discovery of the Baltic, 2005; D. Selling, Kalmar, 1984; N. Blomkvist, Kalmars uppkomst och äldsta tid, in: Kalmar Stads historia, I, hrsg. Ingrid Hammarström, 1979; C. Weibull, Lübecks sjöfart och handel på de nordiska rikena 1368 och 1398-1400, in: Scandia XXXII (1966); W. Koppe, Das mittelalterliche Kalmar, HGBll. 67-68 (1942/43), 192-221 (mit Einschränkungen).
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