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Buchstabe C
Die C. wurde am 1.2.1303 durch König Eduard I. für alle ausländischen Kaufleute in London erlassen, um Nachteile durch die Anwendung des Gästerechts auszugleichen. So erhielten sie Niederlassungsfreiheit und die Erlaubnis zum Großhandel auch untereinander. Dazu kamen die Befreiung von verschiedenen Abgaben sowie der Verzicht auf neue Steuern und Zölle. Im Gegenzug sagten die Kaufleute dem König die Zahlung von Zöllen auf Tuch, Wolle, Wachs und Wein sowie von drei Pence je Pfund Sterling für die sonstigen Waren zu. Obwohl die Hansekaufleute entscheidend zur Verleihung des Privilegs beigetragen hatten, führten Probleme seit 1327 zu einer Distanzierung, bis sich dann nach 1336 zeigte, dass allein die 1303 verliehenen Rechte einen wirksamen Schutz gegen weitere Forderungen boten. Spätestens in den Anfangsjahren Richards II. gehörte die C. dann fest zu den hansischen Privilegien.
Literatur: St. Jenks, Die C. Ein “hansisches“ Privileg, in: HGBll. 108, 1990, S. 45-86
Literatur: A. Graßmann, Art. C., in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck 13, 2011, 96-99; G. Neumann, C., ein Lübecker Bürgermeister der 2. Hälfte des 15. Jh., 1932.
Ch. war eine russische Hanseforscherin (geb. 28.03.1931, Moskau, gest. 01.05.2017 ebd.). Als leitende Wissenschaftlerin des Institutes für Slavengeschichte der Russischen Akademie der Wissenschaften forschte sie über die politische, ökonomische und kulturelle Geschichte Russlands, der Ukraine und Weißrusslands im Mittelalter. Einen breiten Raum in ihrem wissenschaftlichen Nachlass nehmen Studien zum russisch-hansischen Handelsverkehr ein. Das reichhaltige Quellenmaterial und darunter auch archäologische Forschungen lieferten ihr die Grundlage für die Darstellung des Novgoroder Fernhandels und ermöglichten ihr, den Charakter des russischen Warenaustausches mit der Hanse zu untersuchen. Sie bemerkte speziell eine hemmende Wirkung der Abhängigkeit Russlands von der hansischen Zulieferung von Edel- und Buntmetallen sowie von Salz für die Entstehung des russischen Einheitsstaates. Ch. wurde die Bearbeitung der den Fern- und Hansehandel betreffenden Handschriften aus Polozk übertragen, so dass ihr reichhaltiges Material zur Kenntnis über die Handelsverbindungen dieser Stadt mit Riga im 14.-15. Jh. zur Verfügung stand. Sie erwarb sich auch Verdienste für Forschungen zu den frühesten Handelsverträgen Novgorods mit den deutschen und gotländischen Kaufleuten. Auch ihre Beobachtungen über den gewinnbringenden Warenaustausch im russischen Fernhandel sind bemerkenswert. Ab den 1960er Jahren rezensierte Ch. einige für die Hanse relevante ausländische Publikationen, darunter diejenigen von Friedrich Benninghoven, Maria Bogucka, Paul Johannsen, Stanisław Hoszowski und Helmut Neubauer.
Quellen: A. Choroškevič, Torgovlja Velikogo Novgoroda s Pribaltikoj i Zapadnoj Evropoj v XIV-XV vekah [Der Handel Groß-Novgorods mit dem Baltikum undWest-Europa im 14.-15. Jh.], 1963, 365 S.; A. Choroškevič, Die Polozker Urkunden aus dem ehemaligen Stadtarchiv Riga als Quelle zur Geschichte der russisch-hans
Literatur: A. Filjuškin, Anna Leonidovna Choroškevič (28.03.1931–01.05.2017), in: Studia Slavica et Balcanica Petropolitana 1 (2017), 191–95; M. Bessudnova, Anna Choroškevič und ihre Spur in der zeitgenössischen Hanseforschung, in: Baltische Biographen, Bd. 2 (im Druck).
Geschichtsschreibung war im frühen und hohen Mittelalter eine Domäne der Geistlichkeit. Mit der Ausweitung städtischer Schriftlichkeit entstand eine eigene städtische C., die gleichwohl oft noch von geistlichen Schreibern verfasst wurde. In Lübeck beginnt die C. mit der Slawenchronik Arnolds von Lübeck aus dem Johanneskloster. Das nächste größere überlieferte Geschichtswerk ist die dem Franziskaner-Lesemeister Detmar zugeschriebene Chronik, unter den Fortsetzungen ist die in mehreren Fassungen erhaltene Chronica novella Hermann Korners zu nennen. Selbst die daran anschließende Lübecker Ratschronik hat zu großen Teilen mit dem Ratsschreiber und clericus conjugatus Johann Hertze noch einen geistlichen Verfasser. Nicht überall ist die C. in einer so hohen Dichte erhalten. In Bremen setzt die Geschichtsschreibung erst mit der in mehreren Stufen bearbeiteten Chronik von Rinesberch und Schene ein, in Hamburg nach fragmentarisch erhaltenen Texten und den eher landeshistorischen Schriften des → Albert Krantz im 16. Jh. mit Adam Tratziger. Zahlreiche Geschichtswerke oft mit einem zeitgeschichtlichen Fokus entstanden dort, wo es zu Konflikten kam, im 15. Jh. z.B. in Lüneburg im Kontext des → Prälatenkriegs oder in Danzig im Kontext des → Dreizehnjährigen Krieges und der weiteren Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Orden in Preußen, im frühen 16. Jh. in Braunschweig mit dem Schichtbuch → Hermen Botes. Wie in Lübeck, vermischt die C. oft die Stadt- mit der Landesgeschichte, teilweise erfolgt eine Ausweitung zur Weltchronik. Es ist unbestritten, dass es hansestädtische C. gibt, doch findet die Hanse als Ganze mit ihren Mitgliedern und Strukturen nur teilweise die Aufmerksamkeit der Chronisten, wenn etwa die Lübecker Ratschronik einige Hansetage zum Thema macht. Eine „hansische“ C. gibt es in diesem Sinne nicht, wenn man von Schriften aus den Kontoren wie der C. der Lübecker Bergenfahrer absieht.
Quellen: Die Chroniken der niederrheinischen Städte, Köln, 3 Bde., 1875-1877; Die Chroniken der niedersächsischen Städte, Braunschweig, 3 Bde., 1868-1928; … Lübeck, 5 Bde., 1884-1911; … Magdeburg, 2 Bde., 1869-1899; … Lüneburg, 1 Bd., 1931; … Bremen, 1 Bd., 1968; Die Chroniken der westfälischen und niederrhe
Literatur: Geschichtsschreibung in den Hansestädten, hrsg. V. Henn, J. Sarnowsky, 2010.
Wohl 1196 waren die Vogteirechte über C. an Bischof Hermann II. von Münster gelangt, der im Folgejahr verfügte, dass die cives in C. die gleichen Rechte wie Münsterer Bürger genießen sollten. In den folgenden gut 50 Jahren vollzog sich die vor 1250 abgeschlossene Stadtwerdung. 1238 ist ein Rat belegt. Um 1300 wurde die Wall-Graben-Befestigung der ca. 35 ha umfassenden Siedlungsfläche mit einem Steinbering versehen. Um 1550 darf von ca. 3.000 Einwohnern ausgegangen werden. Das 1246 mit Münster geschlossene Bündnis machte C. zu einem Vertragspartner des Ladbergener Bundes. Im Hochstift Münster zählte C. zu den landtagsfähigen Städten und hatte in diesem Rahmen für die westmünsterländischen Städte eine Vermittlungsfunktion für Information, Meinungsbildung und Abrechnung.
In C. vereinigten sich von Utrecht, Deventer/Zutphen und Wesel kommende, weiter auf Münster zielende Fernwege. Zudem bestanden gute (und früh genutzte) Verbindungen nach Friesland, dann bes. im späten 16. Jh. nach Emden, über das auch gelegentlicher Handel mit Bergen (auch als gerügter Überstrandhandel) stattfand. C.s überregionaler Handel zielte ganz überwiegend auf Münster, Osnabrück, Bocholt und v.a. Deventer. Zudem war C. (und sein Umland) in den Ochsenhandel zur Rheinschiene eingebunden.
Ab 1549 kann man von einer „indifferenten Situation“ (Schipmann, S. 85) sprechen. C. wurde, obwohl nie zu allgemeinen Hansetagen geladen und auch nie selbständig in Taxlisten aufgeführt, sowohl 1560 in Listen der Kontore in London und Antwerpen wie in der Konföderation 1557 als Hansestadt (Prinzipalstadt) aufgeführt. Dagegen erhob einerseits Münster Einspruch, andererseits wurde coesfelderseits daraus nie ein Anspruch abgeleitet. Eine endgültige Entscheidung über den C.er Status seitens des Hansetages wurde nicht getroffen. Als „kleine Stadt“ (seit 1469), 1554 von Münster als als anzisch under innen beansprucht, steuerte C. zu den Münsterer Kontributionen bei und war im 15./16. über Münster in die Informationswege des Verbandes einbezogen. Die Sachlage erlaubt, anders als im Fall von →Warendorf, C. als Hansestadt anzusehen.
Literatur: F. B. Fahlbusch, Coesfeld im hansischen Verband des 15. und 16. Jahrhunderts, in: ders., F.-W. Hemann, u.a., Beiträge zur westfälischen Hansegeschichte, 1988, 109-54; F.-W. Hemann, Die Coesfelder Wirtschaft und ihr Raum im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Coesfeld 1197-1997, hrsg. N. Damberg, 2, 1999, 993-1114; J. L. Schipmann, Die Stellung Bocholts und Coesfelds in der Hanse (1550-1621), in: HGbll 122 (2004), 55-85; ders., Politische Kommunikation in der Hanse (1550 – 1621), 2004, 115-32.
Abrechnungen auf Pergament in Rollenform über die Erhebung von Zöllen in den englischen Häfen. Die Zollerhebung war in England seit jeher königliches Vorrecht. Erste Nachweise finden sich schon in den Pipe Rolls des 12. Jhs, doch wurden 1275 unter Eduard I. durch das Parlament Zölle auf die Stapelgüter Wolle, Häute und Felle eingeführt (6 sh. 8 d. je Sack Wolle und je 300 Häute oder Felle). Im Zuge der englischen Kriege gegen Frankreich und Schottland wurden weitere Abgaben erhoben, aber 1303 brachte die → carta mercatoria eine (zeitweise) Festschreibung. Im 14. und 15. Jh. kamen zeitweise die Subsidien sowie die tunnage auf Weinimporte hinzu. Für die Hansegeschichte relevante C. haben sich für London sowie für die Häfen an der englischen Ostküste, insbesondere Boston, erhalten (The National Archives, London, PRO E 122).
Quellen: The London Customs Accounts, hrsg. St. Jenks, 45 Bde., 2016ff.
Literatur: St. Jenks, Introduction, in: The London Customs Accounts [II.9], 24 Henry VI (1445/46), 2018, xvii-lx.