Hanse­Lexikon
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Suchbegriff: Jahnke

Kaufmannsbriefe

K. waren das gebräuchlichste Kommunikationsmittel im hansischen Netzwerkhandel. Nach der kommerziellen Revolution (Hammel-Kiesow) am Übergang vom 13. zum 14. Jh. begleiteten die Kaufleute ihre... mehr

K. waren das gebräuchlichste Kommunikationsmittel im hansischen Netzwerkhandel. Nach der kommerziellen Revolution (Hammel-Kiesow) am Übergang vom 13. zum 14. Jh. begleiteten die Kaufleute ihre Waren nicht mehr, sondern regelten ihre Geschäfte durch K. vom heimischen Kontor aus. Zur Information ihrer Geschäftspartner an anderen Orten sandten die Kaufleute unablässig K. aus und erwarteten das gleiche von ihren Partnern. Die K. hatten drei Funktionen, die sich in  ihrem Aufbau widerspiegeln: 1. sie beinhalteten Informationen über die allgemeine Marktlage vor Ort, 2. Informationen über zuletzt versandte oder empfangene Waren, und 3. allgemeine Informationen, tidinge (daraus: Zeitungen), die das Marktgeschehen irgendwie beeinflussen konnten, so Gesellschaftsklatsch, Kriegsereignisse oder Naturkatastrophen. Erst mit der Auflösung der hansischen. Netzwerkstrukturen im 16. Jh. veränderten sich die K. von öffentlichen zu internen Geschäftsbriefen. Gleichzeitig wurden die K. durch  Zeitungen und Börseninformationen ersetzt.

Carsten Jahnke2014

Literatur: G. Fouquet, ‘Vom Krieg hören und schreiben’. Aus den Briefen an den Lübeck-Nürnberger Kaufmann Matthias Mulich (1522/1523), in: Geschichtsbilder, hrsg. T. Stamm-Kuhlmann, J. Elvert, u.a., 2003, 168-87; C. Jahnke, Politische Nachrichten aus Lübeck aus den Jahren 1531 bis 1535, ZVLGA 79 (1999), 119-45; M. Lindemann, Nachrichtenübermittlung durch Kaufmannsbriefe, 1978.
Kirchenwesen

Bis zur → Reformation unterstand das K. der katholischen Kirche. Allerdings konnten die Kaufleute als Kirchenpatrone respektive Stifter (→ Bruderschaften) bzw. durch die fabrica ecclesiae (als... mehr

Bis zur → Reformation unterstand das K. der katholischen Kirche. Allerdings konnten die Kaufleute als Kirchenpatrone respektive Stifter (→ Bruderschaften) bzw. durch die fabrica ecclesiae (als Kirchenvorsteher) Einfluss auf das städtische K. nehmen. Auf den Messen, u.a. den → Schonischen Messen, konnten die Kaufleute eigene Priester anstellen. In der Fremde hatten die Kaufleute Teil der dortigen universitas ecclesiae zu werden. In Bischofsstädten kam es vielfach zum Kampf um den Einfluss auf das K. Nach der Reformation übernahm in den großen Städten der Magistrat das Kirchenregiment mit der Einsetzung städtischen Pfarrer. 

Carsten Jahnke2022

Literatur: A. Reitemeier, Pfarrkirchen in der Stadt des späten Mittelalters, 2005; C. Jahnke, Hansische Kaufleute und deren Religiosität außerhalb ihrer Heimat, Zapiski Historyczne, 84,1 (2019), 7-41.
Kriegsfinanzierung

Die Hanse selbst hat nie Krieg geführt, sondern nur einzelne Städte innerhalb der Hanse. Die Finanzierung von Krieg und Fehden war deshalb allein eine städtische Aufgabe. Im Hanseraum lag die... mehr

Die Hanse selbst hat nie Krieg geführt, sondern nur einzelne Städte innerhalb der Hanse. Die Finanzierung von Krieg und Fehden war deshalb allein eine städtische Aufgabe. Im Hanseraum lag die Wehrhoheit bei den Städten, und die Bürger waren zum Wach- und Kriegsdienst, Mauerbau sowie zur Ausjagd verpflichtet. Zudem hatten sie das Herwede (die kriegerische Ausrüstung der Männer) zu unterhalten. Seit dem 15. Jh. ließ allerdings die Wehrbereitschaft nach, so dass Söldner zum Kriegsdienst eingesetzt wurden und der Wehrdienst durch eine geringe Steuerleistung teilweise ersetzt wurde. Kriegskosten waren hoch. So machten die jährlich zwei Züge mit 59 Bewaffneten, die die Stadt → Elbing für den → Deutschen Orden leistete, ca. 43 % der städtischen Ausgaben aus. Städte versuchten deshalb, Krieg zu vermeiden (Heinrich → Castorp). Musste man Krieg führen, griff man zuerst auf die regulären städtischen Truppen zurück, die aus dem normalen Haushalt bezahlt wurden, meist aber nicht mehr als 10-20 Soldaten umfassten. Gleichzeitig hoffte man, Alliierte zu finden. Reichte das nicht aus, versuchte man, auch mit Hilfe von Naturallieferungen oder Geldzahlungen, benachbarte Fürsten zur Hilfe zu bewegen. Nur im äußersten Notfall warben die Städte fremde Söldner an. Diese mussten über Kredite der Stadt resp. der Ratsherren selbst finanziert werden, deren Rückzahlung häufig zur Zahlungsunfähigkeit (Dortmund) oder zu Steuererhöhungen und städtischen Unruhen führten, in deren Verlauf weitere Kreise am städtischen Regiment beteiligt werden mussten. Ein gleiches Vorgehen galt für Seekriege. Konnte man Krieg als Sicherung des Handels oder der Handelsstraßen deklarieren, versuchten die Städte seit Mitte des 14. Jh., die Kosten auf die Kaufleute umzulegen, die mit einem Pfundzoll belegt wurden. Der Zoll galt aber nur für hansische Kaufleute und erschwerte deren Konkurrenzsituation.

Carsten Jahnke2014

Literatur: K. Kwiatkowski, Die militärische Funktion der Städte unter der Herrschaft des Deutschen Ordens in Preußen, in: Städtelandschaften im Ostseeraum im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, hrsg. R. Czaja, C. Jahnke, 2009, 167-86; B. Wübbeke-Pflüger, Sicherheitsorganisation und Wehrwesen niedersächsischer Städte am Ausgang des Mittelalters, in: Hanse, Städte, Bünde, hrsg. M. Puhle, 1996, 173-81.
Kumlien, Kjell

(geb. 30. 7. 1903, gest. 1995), schwedischer Historiker, Habilitation in Stockholm 1933 bei Sven Tunberg, Professor an Stockholms Högskola 1950-1957, Stockholms Universität 1960-1963,... mehr

(geb. 30. 7. 1903, gest. 1995), schwedischer Historiker, Habilitation in Stockholm 1933 bei Sven Tunberg, Professor an Stockholms Högskola 1950-1957, Stockholms Universität 1960-1963, Forscherdozent dort 1958-1970. Ausgehend von seiner Habilitation über Karl Knutsson von 1933 und einer Arbeit über dessen Verhältnis zu Preußen (1940) wandte sich K. 1949 mit seinem Beitrag "Birger Jarls andra traktat med Lübeck" (1949) der Hanse zu. Dem folgten 1953 sein Werk "Sverige och hanseaterne" resp. "Stockholm, Lübeck und Westeuropa zur Hansezeit" (HGbll. 1952). Weitere Themen waren Schweden und Lübeck am Anfang der Hansezeit (HGbll. 1960) und die Deutschen in Stockholm (1987). K. war einer der wenigen schwedischen Historiker außerhalb des Weibull-Kreises und neben Hugo Yrwing einer der wenigen Hanseforscher des Landes. Aufgrund seiner unabhängigen Stellung innerhalb der schwedischen Forschung gehört er zu den weniger rezipierten schwedischen Historikern.

Carsten Jahnke2014

Literatur: Vem är det, Svensk biografisk handbok, 1989, s.v. K., 604; A.-C. Stymne, Striden om Engelbrektsbilden, in: Scandia 66,2 (1999), 169-210, hier 182 und passim.
Navigation

Die N. in Nordeuropa vollzog sich bis zum Ende des Mittelalters vor allem nach visuellen (oder olfaktorischen) Gesichtspunkten. Generell waren die Himmelsrichtungen dabei nach den vier Zwergen,... mehr

Die N. in Nordeuropa vollzog sich bis zum Ende des Mittelalters vor allem nach visuellen (oder olfaktorischen) Gesichtspunkten. Generell waren die Himmelsrichtungen dabei nach den vier Zwergen, Norðri, Suðri, Austri und Vestri, benannt, die der Sagas nach den Himmel tragen. Hieraus ergaben sich allgemeine Angaben, z.B. für Windrichtungen, norðan-, sunnan-, austan- und vestanvindr. Windrichtungen konnte man durch Abgleich des Windwimpels mit der Sonnenbewegung (Ost-Süd-West) sowie mit dem Polarstern bei Nacht bestimmen. Horizontale Richtungen wurden durch Unterteilung des Gesichtskreises in rechtwinklige Querachsen, hǫfuðættir, bezeichnet. Da vor dem 14. Jh. der Kompass im Norden ungebräuchlich war, wurde vor allem nach der Sonne, den Sternen, Landmarken (inkl. Wolkenbildung und Vogelflug beim  Inselsprung über weitere Entfernungen), der Beschaffenheit des Meeresgrundes sowie des Geruchs des Meeres navigiert. So beschreibt z.B. das Seebuch aus dem 15. Jh. „Wer vor Île d’Ouessant lotet, der soll feinen weißen Sand mit Muschelschalen, die weiß sind, und kleine längliche Dingerchen wie Nadeln finden. Dann soll Île d’Ouessant Nordost von Euch liegen“ (X.32). Gleichzeitig gehörten Kenntnisse der Gezeiten, ihrer Strömungen und Auswirkungen zum Grundwissen. Gesegelt wurde gern in Landnähe, wobei Landmarken in Form von Landformationen, Bauwerken und Bewuchs zur Navigation genutzt wurden. Hafeneinfahrten sowie die Einfahrt in Flüsse wurden zusätzlich seit dem Beginn des 13. Jhs. betonnt → Hafenzeichen/Leuchtfeuer. Die Gezeiten wurden durch die Stellung des Mondes bestimmt (Seebuch III.6 z.B.: „Bei den Isles of Scilly macht ein Ost-nordost-Mond Hochwasser“.) Schiffer befuhren zumeist Routen, auf denen sie selbst navigatorische Erfahrung besaßen. Bei der Besegelung ‚fremder’ Gebiete wurde auf Lotsen (teilweise aus der eigenen Mannschaft [Stadtrecht von Bergen, IX.5]) zurückgegriffen.

Die Maßeinheit für Entfernungen auf See waren das vika sjávar/weke sēs (4-5 Seem., ein Wechsel der Rudermannschaft, wobei 12 vikur einen Breitengrad ausmachen), die Kenning (die Sicht bis zum Horizont, 12-18 SM) sowie die Meile. Die Berechnung der Entfernung auf hoher See beruhte auf Schätzungen, da Zeit und Geschwindigkeit nur annäherungsweise bestimmt werden konnten. →Seekarten waren zur Navigation ungebräuchlich. Dagegen konnten die mündlich tradierten Segelanweisungen auch schriftlich niedergelegt werden, z.B. im Hauksbók (Anf. 13. Jh.), Sturlubók (13. Jh.) sowie vor allem im Seebuch (15. Jh.). Inwieweit sich diese Anweisungen an Bord befanden, ist umstritten. 

Carsten Jahnke2023

Quellen: Das Seebuch, Online-Edition des Deutschen Schifffahrtsmuseums unter http://www.dsm.museum/seebuch/; Das Stadtrecht des Königs Magnus Hakonarson für Bergen, hrsg. v. R. Meissner, 1950.

Quellenverlinkung: http://www.dsm.museum/seebuch/

Literatur: J. Kusk Jensen, Navigationens udvikling - og lidt om hans liv og håndbøger, 2003; H. Falk, Art. Altnordisches Seewesen, in: Wörter und Sachen, IV, 1912, S. 15-23.
Nyköping

ist eine schwedische Handelsstadt südlich von Stockholm im Len Södermanland an der Nyköpingå, die das Seengebiet des Långhals, Kisingsfjärd und Yngare mit der Ostsee verbindet. Der Name N. bedeutet... mehr

ist eine schwedische Handelsstadt südlich von Stockholm im Len Södermanland an der Nyköpingå, die das Seengebiet des Långhals, Kisingsfjärd und Yngare mit der Ostsee verbindet. Der Name N. bedeutet ‘neue Kaufmannsstadt’. Der Ort wurde im 12. Jh. an Stelle einer weiter im Binnenland liegenden Siedlung an beiden Seiten der N.-Au gegründet. Ein Gründungsdatum liegt nicht fest. Von der Bedeutung des Ortes sprechen allerdings zwei königliche Kastellbauten, die Ausmünzung eigener Münzen (seit 1229-34) sowie der Besitz des Ortes durch die schwedische Königin (1250). Seit der Mitte des 13. Jh.s ist der Rat der Stadt nachweisbar. Eine Aufteilung des Rates von N. in einen deutschen und schwedischen Teil ist nicht nachweisbar. Von der Mitte des 13. Jh.s besaß die Stadt eine der wichtigen Reichsburgen, in der 1317 das Nyköpings gästabud, die Einkerkerung und Ermordung schwedischer Thronprätendenten durch ihren Bruder, König Birger, stattfand. Durch die Lage am Wassersystem des Södermanlandes entwickelte sich die Stadt zum Exporthafen für Eisen, Kupfer und Butter ins hansische Handelssystem. Als solcher erscheint die Stadt u.a. in den Pfundzolllisten von 1368 und später. Die nachweisbaren Kaufleute der Stadt gehören zur niederdeutsch-sprachigen Handelselite des Ostseeraumes, mit familiären Verbindungen nach Stockholm, Lübeck und Danzig. Spätestens zur Mitte des 14. Jh.s gehörte N. neben Stockholm, Söderköping und Kalmar zu den wichtigsten Handelshäfen Schwedens. 1362-1363 wurde der hansische Pfundzoll in N. erhoben. Zur Verwaltung und zum Handel N. sind nur wenige Quellen erhalten; die älteste Zollliste stammt aus den Jahren 1557-1560.

Carsten Jahnke2017

Literatur: B. Broberg, Nyköping, 1979; L. Karlén, Medeltid och äldre vasatid till omkring 1570, in: Nyköpings stads historia, I, 1973; G. Dahlbäck, Eisen und Kupfer, Butter und Lachs. Schwe-dische Produkte im hansischen Handel, in: Vergleichende Ansätze in der hansischen Ge-schichtsforschung, hrsg. R. Hammel-Kiesow, 2002, 165-73.
Ochsenweg

Der O., dän. oksevej, ist eine neuere Bezeichnung für Handelswege, die auf dem Geestrücken Jütlands von Aalborg resp. Viborg im Norden über Kolding/Ripen – Husum/Schleswig – Rendsburg bis... mehr

Der O., dän. oksevej, ist eine neuere Bezeichnung für Handelswege, die auf dem Geestrücken Jütlands von Aalborg resp. Viborg im Norden über Kolding/Ripen – Husum/Schleswig – Rendsburg bis zum Ochsenzoll (Hamburg) resp. nach Wedel führen. Die Wege folgen teilweise dem seit dem frühen Mittelalter bekannten Heer- und Pilgerweg, der bei Schleswig das Dannewerk passiert. Hier wurde schon früh die Zollstelle Gottorf etabliert. Der O. verbindet landseitig mehrere bedeutende Handelsorte und war die Hauptverkehrsroute Jütlands. Er erhielt seinen Namen nach dem am Ausgang des 15. Jh.s einsetzenden O.-handel. Die Tiere wurden aus Dänemark kommend über den O. auf die Messeorte von Ripen und Husum und vor dort nach Aufstallung zum Weiterverkauf an den Ochsenzoll und vor allem auf den Markt von Wedel gebracht. Vom 16. bis zum 19. Jh. passierten 10-50.000 Tiere jährlich den O.

Carsten Jahnke2019

Literatur: F. Bruns/ H. Weczerka, Hansische Handelsstraßen, Karten 1-2, Text Nr. 10-12, 155-6; P. Enemark, Dansk oksehandel 1450-1550. Fra efterårsmarkeder til forårsdrivning, 2003; L. Schwetlik, Der hansisch-dänische Landhandel und seine Träger 1484-1519, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 85/86 (1961), 68-72.
Öl

Olivenö. gehörte seit dem 13. Jh. zu den hansischen Handelswaren. Das Ö. stammte vorwiegend aus Andalusien, Portugal und Mallorca, aber auch aus dem Languedoc-Roussillon, Provence-Alpes-Côte... mehr

Olivenö. gehörte seit dem 13. Jh. zu den hansischen Handelswaren. Das Ö. stammte vorwiegend aus Andalusien, Portugal und Mallorca, aber auch aus dem Languedoc-Roussillon, Provence-Alpes-Côte d’Azur, Apulien, der Toskana, Kampanien sowie Griechenland und wurde über Brügge in den Hanseraum importiert. Aus Gaeta stammte zudem das Lorino-Ö. (Lorbeerö.). Die Brügger Wrake mit dem Zeichen eines gekrönten ‚S’ war qualitätssichernd. Transportiert wurde das Ö. in besonderen Pipen, deren Norm in Brügge bestimmt wurde, wie Streitigkeiten am Ende des 15. Jhs. zeigen. Genutzt wurde das Ö. zum Essen, Kochen bzw. Braten, zur Seifen- und Textilherstellung und zur Beleuchtung.

Carsten Jahnke2022

Literatur: Ars olearia I: Dall’oliveto al mercato nel Medioevo / From Olive Grove to Market in the Medieval Ages, hg. I. Naso, 2018; D. Schäfer, Die Oliepipen, in: HGBll 9 (1879), S. 100-102.
Ostsee

Ostsee, lat. mare orientale (UBStL II, Nr. 1038) u. mare Balticum, ist ein Nebenmeer des Atlantiks und aus europäischer Sicht eines der Sieben Weltmeere. Die O. erstreckt sich vom Kattegat... mehr

Ostsee, lat. mare orientale (UBStL II, Nr. 1038) u. mare Balticum, ist ein Nebenmeer des Atlantiks und aus europäischer Sicht eines der Sieben Weltmeere. Die O. erstreckt sich vom Kattegat (Katzenloch, altnordisch: Jótlandshaf, Jütlandsmeer) im Westen bis zum Finnischen Meerbusen (Newa Bucht) und der Bottenwiek im Osten und umfasst eine Fläche von ca. 412.000 km2. Der Name korrespondiert mit der Westsee (seit 1864 Nordsee), der Nordsee (Nordwestatlantik) und der Zuiderzee und stammt aus der mitteleuropäischen Sichtweise. Der Begriff O. erscheint erstmals Ende des 13. Jh. in der Livländischen Chronik. Durch die in die O. entwässernden Flusssysteme von Newa, Düna, Weichsel und Oder erstreckt sich das Hinterland der O. vom Ural über die Karpaten bis zum Erzgebirge. Aufgrund der geringen Tiefe und Größe der O. besitzt diese nur kurze Wellen, die leichter zu besegeln sind. Gleichzeitig ermöglicht die Geographie der O. ein Befahren mit ständigem Landkontakt, weshalb die O. schon im frühen Mittelalter aufgesegelt wurde. Die O. ist der Verbindungsweg zwischen den Märkten an der Westsee, vor allem Flanderns, Hollands und Englands, und des Ostens, Ungarns, Rußlands, der Ukraine, Byzanz’ sowie Chinas. Ein Warenaustausch auf diesem Weg ist schon für das 10. Jh. nachweisbar. Gleichzeitig dient sie zur Rohstofferzeugung vor allem für Bernstein (Export nach Rom schon bei Dionysius Halicarnassus und Tacitus erwähnt) sowie für Hering. Für die Hanse machte sie eines der seegehenden Kerngebiete des Handels aus, und die handelsmäßige Überbrückung der Entfernungen und Unsicherheiten des Seetransportes auf der O. ist eine der wesentlichen Leistungen der hansischen Kaufleute. Mit der Verlagerung der wichtigsten Handelsrouten auf den mittleren und südlichen Atlantik sowie nach Mitteldeutschland (Leipziger Messen) im 16. Jh. nahm die Bedeutung der O. als Verkehrsgebiet relativ ab, sie behielt aber ihre herausragende Stellung als Verkehrsachse im Holz- und Getreidehandel.

Carsten Jahnke2014

Literatur: M. North, Geschichte der Ostsee, 2011.
Pfundzoll

Der P. oder das Pfundgeld ist eine seit 1362 in besonderen Notsituationen erhobene, temporäre Sonderabgabe auf alle von hansischen Kaufleuten seewärts im- oder exportierten Waren in den nördlichen... mehr

Der P. oder das Pfundgeld ist eine seit 1362 in besonderen Notsituationen erhobene, temporäre Sonderabgabe auf alle von hansischen Kaufleuten seewärts im- oder exportierten Waren in den nördlichen Städten der Hanse. Die Zollgrundlage war ursprünglich der Warenwert in Pfund flämisch (daher P.), später wurden die Waren nach festgelegten Tarifen besteuert. Der P. wurde von einzelnen Regionen innerhalb der Hanse zur Deckung besonderer Kriegskosten beschlossen und mit der Nutzung der resp. dem Ausschluss aus den hansischen Privilegien verknüpft. Allerdings war die Erhebung und die Teilnahme am P. freiwillig und geschah meist nur in der betroffenen Region. P. wurden zwischen 1362 und 1500 mindestens 103 mal erhoben. Einige Landesherren, so der Deutsche Orden, versuchten, die temporären P.e in permanente, landesherrliche Abgaben umzuwandeln. Die bei der P.-erhebung angelegten P.bücher geben [einen ersten] Einblick in den Warenverkehr einer Hansestadt.

Carsten Jahnke2016

Quellen: St. Jenks, Das Danziger P.buch von 1409 und 1411, 2012.

Literatur: C. Jahnke, P.rechnungen im Ostseeraum – Bestand und Fragen der Auswertung, in: Die preußischen Hansestädte und ihre Stellung im Nord- und Ostseeraum des Mittelalters, hrsg. Z. H. Nowak, J. Tandecki, 1998, S. 151-68.
Pfundzollbücher

P. oder Pfundgeldbücher sind die zur Abrechnung des Pfundzolles resp. -geldes angelegten Einnahmeverzeichnisse. In der Regel registrieren sie die Namen der zollpflichtigen Schiffer und Kaufleute... mehr

P. oder Pfundgeldbücher sind die zur Abrechnung des Pfundzolles resp. -geldes angelegten Einnahmeverzeichnisse. In der Regel registrieren sie die Namen der zollpflichtigen Schiffer und Kaufleute sowie teilweise die verzollten Waren und deren Menge. Im hansischen Raum gab es zwei Registrierungssysteme. Das eine verzeichnet Schiffer und Kaufleute getrennt, das andere beide zusammen nach Schiffsladungen. Die meisten Listen sind chronologisch angelegt, allerdings geben nur einige wenige Anhaltspunkte zur inneren Datierung. P. werden heute häufig zur Berechnung von Warenströmen und -umsätzen herangezogen. Doch ist deren Wert umstritten, da sie zum einen nur den seegehenden Teil des Handels abbilden und zum anderen einen Teil des Handels aufgrund des Verbotes von Doppelbesteuerung und anderen Ausnahmeregelungen nicht erfassen können. Auch verzeichnen sie nur die Kaufleute, die die Zölle vor Ort erlegen, nicht aber die Besitzer der Waren. P. können aber durch andere serielle Quellen, z.B. in England, ergänzt werden. Für die Zeit von 1362 bis 1500 liegen mindestens 151 P. unterschiedlicher Länge und Qualität vor, allerdings gibt es nur für das Jahr 1369 sieben parallele P. aus verschiedenen Orten, ansonsten 1368 fünf, 1370 vier und für weitere 15 Jahre P. aus drei Orten. Ergänzt werden die P. durch Zollquittungen oder -zettel, die an einigen Orten in zufälliger Form vorliegen.

Carsten Jahnke2014

Literatur: A. Huang, C. Jahnke, Bermudadreieck Nordsee. Oder: Drei Hamburger Schiffe auf dem Weg nach London, HGbll. 130, 2012, 59-91; C. Jahnke, Pfundzollrechnungen im Ostseeraum, in: Die preußischen Hansestädte und ihre Stellung im Nord- und Ostseeraum des Mittelalters, hrsg. H. Nowak, J. Tandecki, 1998, 151-68.
Religiosität

Hansische Kaufleute waren von Anbeginn an Teil des orbis catholicus. Sie unterlagen damit den Regeln und Geboten der katholischen Kirche. Die R. der Kaufleute kann dabei zwischen einer R.... mehr

Hansische Kaufleute waren von Anbeginn an Teil des orbis catholicus. Sie unterlagen damit den Regeln und Geboten der katholischen Kirche. Die R. der Kaufleute kann dabei zwischen einer R. in der Heimat und der in der Fremde unterschieden werden. In der Heimat waren sie in der Gründungszeit an der Finanzierung und dem Aufbau von Kirchen maßgeblich beteiligt. Ab dem IV. Laterankonzil (1215) wurden sie automatisch Teil einer Parochie an ihrem Heimatort. Hierdurch trugen sie wesentlich zur Ausstattung und Förderung ihrer Pfarrkirchen bei, u.a. durch das Amt eines Kirchenvorstehers. Mit dem Einzug der Bettelorden im 13. Jh. fühlten sich viele Kaufleute aus theologischen Gründen zu diesen hingezogen. Das führte zu einem dauerhaften Streit zwischen den Leutpfarrern und Ordensbrüdern in den Städten. Mit der Entwicklung des Fegefeuergedankens kam es zu einer verstärkten Stiftungstätigkeit, die u.a. die Armenfürsorge sicherte (➝ Wohltätigkeit). Seit Ausgang des 14. Jhs. organisierten sich die Kaufleute zudem in ➝ Bruderschaften, die religiöse und weltliche Bereiche miteinander verbanden. Durch Stiftungen und Bruderschaften wurden zahlreiche Altäre unterhalten, Prozessionen durchgeführt, Klöster gefördert und Stadtarme versorgt. Die praktische, tägliche R. der Kaufleute ist bisher nicht untersucht. Allerdings findet sich eine durchgehende Grundr. z.B. in ➝ Kaufmannsbüchern und ➝ -briefen.

In der Fremde waren die Kaufleute den Regeln der kath. Kirche unterworfen. In nicht-kath. Gebieten (➝ früher Ostseeraum, ➝ Novgorod, Gründung ➝ Rigas) konnten die Kaufleute eigene Priester unterhalten. In katholischen Gebieten dagegen waren sie automatisch den dortigen Parochien zugeordnet. Die praktische, vor allem für die Beichte und die Sakramente wichtige sprachliche Eingliederung in die fremden Gem. konnte dabei durch Bruderschaften oder die Finanzierung eigener Leutpfarrer (➝ London) erfolgen. In wenigen Fällen konnten auch eigene, extraparochiale Kirchen erworben (St. Marien ➝ Visby) oder Pfarrkirchen übernommen werden (St. Marien ➝ Bergen). Die hans. Kaufleute trugen durch ihre Eingliederung in „fremde“ Parochien und ihre Stiftungstätigkeit wesentlich zum Ausbau der dortigen Sakrallandschaft bei.

Das zunehmende Bedürfnis nach persönlicher Erlösung führte bei vielen Kaufleute am Beginn des 16. Jh.s. zu einer Hinwendung zu reformatorischem Gedankengut. Kaufleute trugen damit auch wesentlich zur Verbreitung der Reformation in den städtischen Bereichen Norddeutschlands bei. Durch den hansischen Handel wurden zudem reformatorische Schriften bestellt, beschafft und weiterverbreitet. Die reformatorischen Konflikte führten dabei zu einer Beeinträchtigung des hansischen Handels, unterbrachen ihn aber langfristig nicht. 

Carsten Jahnke2019

Literatur: C. Jahnke, Hansische Kaufleute und deren Religiosität außerhalb ihrer Heimat, in: Zapiski Historyczne LXXXIV,1 (2019), 7-41; A. Graßmann, Kirchliches Leben in den hansischen Niederlassungen des Auslandes, in: Der Kaufmann und der liebe Gott, Zu Kommerz und Kirche und Mittelalter und Früher Neuzeit, hg. A. Graßmann, 2009, 113-30.
Schiffstypen

Die Einteilung von Schiffen nach S. ist ein neuzeitliches Phänomen. Zur Hansezeit war selbst die Nutzung des Wortes “Schiff” nicht einheitlich definiert. Erst mit der Einführung... mehr

Die Einteilung von Schiffen nach S. ist ein neuzeitliches Phänomen. Zur Hansezeit war selbst die Nutzung des Wortes “Schiff” nicht einheitlich definiert. Erst mit der Einführung naturwissenschaftlicher Prinzipien in den Geisteswissenschaften begann eine Klassifizierung und Typologisierung. Sie geschah nach Kriterien der Leistungsfähigkeit (→ Kogge und → Hulk), des Materials (Fyreblase oder Bark), der Besegelung (Marskreier, Karavelle, Galeasse), Herkunft (Breton, Spaniard), Verwendung technischer Bauverfahren (→ Kraweel) oder militärischer Nutzung (Admiralitätsschiff, Brander, Dreidecker, Fregatte) etc. Die mittelalterliche Nutzung von S.-begriffen ist unklar und nicht nach modernen Typologisierungsmaßstäben zu fassen. Teleologische Entwicklungslinien, wie sie von deutschen Historikern wie Vogel, Szymanski und Heinsius entwickelt wurden, werden heute nicht mehr akzeptiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Teile des auf die subjektive Interpretation von Schriftquellen entwickelten S.systems aufgegriffen und mit der Übernahme abstrakter Ordnungsmuster der Archäologie verbunden und weiterentwickelt (Höckmann und Ellmers). Damit trat die Schiffstypologie aus der Wortgeschichte in die Begriffsgeschichte ein. Dies wird jedoch neuerdings kritisiert (Maarleveld, Weski, Jahnke und Paulsen). Es ist keineswegs zweifelsfrei, dass das Wort Kogge mit all seinem indifferenten etymologischen Hintergrund wirklich einen allgemeingültigen und die technischen Wesensmerkmale einer Kogge umfassenden Begriff und damit ausschließlich einen Schiffstyp im heutigen Sinne, also mit distinktiven technisch-konstruktiven Merkmalen, meint. Es bleibt vielmehr offen, ob eine derartige Klassifizierungs- bzw. Erklärungsnotwendigkeit überhaupt in hansischer Früh- und Hochzeit zu implizieren ist. Die Zuordnung von S. ist in der heutigen historischen und archäologischen Forschung umstritten und wird teilweise abgelehnt.

Maik-Jens Springmann2017

Literatur: T. Maarlefeld, Type or technique. Some thoughts on boat and ship finds as indicative of cultural traditions, International Journal of Nautical Archaeology 24 (1995), 3-7; M.-J. Springmann, Neue spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Schiffsdarstellungen. Ein Beitrag zur ergologischen Merkmalsanalyse in der Schiffstypologie. In: Deutsches Schiffahrtsarchiv 26 (2003), 157-85; T. Weski, Fiktion oder Realität? Nachweis spätmittelalterlicher Schiffsbezeichnungen, Skyllis 1999/2, 96-105.
Schonenfahrer

S. ist die Bezeichnung für → Fahrtrichtungskompagnien. In den S.n fanden sich die Kaufleute zusammen, die in den → Heringshandel in Dänemark bzw. in den Skandinavienhandel involviert waren. S.... mehr

S. ist die Bezeichnung für → Fahrtrichtungskompagnien. In den S.n fanden sich die Kaufleute zusammen, die in den → Heringshandel in Dänemark bzw. in den Skandinavienhandel involviert waren. S. lassen sich u.a. für Stettin, Greifswald, Stralsund, Rostock, Lübeck, Hamburg, Deventer, Haarlem, Arnhem, Maastricht und Dortmund nachweisen. Zudem gab es in Köln und Soest fraternitates Danica bzw. Schleswigfahrer. Als Wappenzeichen führten sie zumeist drei Heringe. Als Kaufleutekorporationen besaßen die S. großen politischen Einfluss, den sie auch nach dem Ende der Schonenfahrt im 16. Jh. beibehalten konnten.

Carsten Jahnke2022

Literatur: E. Baasch, Die Lübecker S., 1922; W. Stieda, Das S.gelag in Rostock, HGBll 19 (1890/91), 115–50; I. Casteels, Haringhandel en heiligenverering, Tijdschrift voor Geschiedenis 132 (2019), 559-79.
Schonische Messen

Die S. waren neben den Kontoren ein weiterer privilegierter Handelsplatz mittelalterlicher Kaufleute. Am Ende des 12. Jh. nutzten lübische Kaufleute die traditionelle Heringsfischerei am Öresund... mehr

Die S. waren neben den Kontoren ein weiterer privilegierter Handelsplatz mittelalterlicher Kaufleute. Am Ende des 12. Jh. nutzten lübische Kaufleute die traditionelle Heringsfischerei am Öresund dazu, dort ihre eigenen Produkte abzusetzen und eingesalzenen Hering zu exportieren. Der Handel entwickelte sich im 13. Jh. zu einer internationalen Warenmesse an der Nahtstelle zwischen dem Ost- und Nordseeraum. Die wichtigsten Messeplätze waren Skanör, Falsterbo, Malmö, Dragör, aber auch Simrishamn, Trelleborg und Ystad. Die Messe fand zur Zeit des Heringsdurchzuges von Assumptio Marie (15. August) bis Dionysius (9. Oktober) statt. Durch den Verfall des dänischen Reiches am Beginn des 14. Jh. konnten die Städte Autonomierechte auf den Messen erwerben. So entstanden temporäre, autonome Handelsgebiete, die → Vitten, ca. 27 in Skanör, 18 in Falsterbo und 17 in Dragör. Hier wurden Waren umgeschlagen und Heringe verarbeitet. Die Zolleinnahmen aus den S. stellten einen der wichtigsten Posten des königlich dänischen Budgets dar. Nach dem Stralsunder Frieden übernahmen die Städte der Kölner Konföderation die Verwaltung der Messen und vertrieben die Kaufleute anderer Städte. Die S. verloren daraufhin ihren Status als Warenmesse und sanken zu reinen Fischverarbeitungsplätzen herab. Die Vertreibung holländischer Kaufleute führte im 15. Jh. zum Wiederaufblühen der Nordseefischerei. Die nachlassende Bedeutung der Messen und der Zolleinnahmen hatte dann 1422/29 die Einführung des → Sundzolls zur Folge. Die Heringsverarbeitung auf den S. wurde bis ins 16. Jh. fortgeführt, doch sank die Bedeutung der S. stetig. Bis ins 17. Jh. erhielt Lübeck einen formellen Anspruch auf seine Privilegien aufrecht. Mit der Eroberung Schonens durch die Schweden 1658 verloren die S. endgültig ihre Rechte.

Carsten Jahnke2014

Literatur: C. Jahnke, Das Silber des Meeres, 2000; Das Buch des Lübeckischen Vogts auf Schonen, hrsg. D. Schäfer, 2. Aufl. 1927.
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