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Geschichte des HGV

von Prof. Dr. Antjekathrin Graßmann


Der Hansische Geschichtsverein wurde im Jahre 1870 gegründet anlässlich des 500. Jahrestages des Stralsunder Friedens, der einen Markstein in der Geschichte der Hanse darstellt. Seine erste, konstituierende Jahresversammlung hielt der neue Verein 1871 in Lübeck ab, das das Haupt der alten Hanse gewesen war und nunmehr Sitz des Hansischen Geschichtsvereins wurde. Westfalen besaß für die Hanse eine nachhaltige, wirtschaftspolitische und demographische Bedeutung; von hier gingen starke Handelsimpulse über Lübeck in den Ostseeraum, und viele Menschen zogen von Westfalen in die im Zuge des mittelalterlichen Ostsiedlung gegründeten Städte am Süd- und Ostrand der Ostsee. Deshalb ist das Interesse an der Hanseforschung in diesem Lande rege.

Die Hanse war eine vor allem auf wirtschaftliche und handelspolitische Privilegierung im Ostsee- und Nordseeraum ausgerichtete Interessengemeinschaft einer größeren Städtegruppe, deren aktivster Kern im Bereich der westlichen Ostsee (mit Lübeck an der Spitze) und im westlich anschließenden Nordseeküstenraum (Hamburg, Bremen) lag, zu der aber auch weitere seenahe Städte – im Westen in den Niederlanden, im Osten entlang der Ostseeküste bis ins Baltikum – sowie viele landeinwärts gelegene Städte, vornehmlich im Rheinland, in Westfalen und im niedersächsisch-brandenburgischen Raum, gehörten;  ihre wichtigsten Handelsniederlassungen außerhalb des Römischen Reiches Deutscher Nation waren die Kontore in London, Brügge, Bergen (Norwegen) und Novgorod am Volchov (Russland).

Die Gründung des Hansischen Geschichtsvereins fällt in die Zeit, als das weitverbreitete Interesse an der Vergangenheit zur Entstehung zahlreicher Vereinigungen von Geschichtsliebhabern führte. Der Hansische Geschichtsverein bildete insofern eine Besonderheit, als er einerseits als Geschichtsverein für Laien, andererseits quasi als ¨Historische Kommission¨, die führende Fachvertreter vereinigte, fungierte; in der zweiten Funktion war er seiner Zeit voraus. Im Gegensatz zu den ersten Jahrzehnten seines Bestehens hat der Hansische Geschichtsverein gegenwärtig unter seinen Vereinsmitgliedern mehr Fachvertreter und Institutionen als Laien.

Laut § 1 der Satzung ist es Aufgabe des Hansischen Geschichtsvereins, ¨Forschungen zu Geschichte sowohl der Hanse wie auch der Städte, die früher der Hanse angehört haben, einen Vereinigungs- und  Mittelpunkt zu gewähren¨. Die Maßnahmen, die er zur Durchsetzung dieser Ziele ergreift, sind: Er gibt Quellen und Untersuchungen zur hansischen Geschichte heraus, und zwar größere Abhandlungen und Quelleneditionen in der Reihe ¨Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte¨, Aufsatzsammlungen zu bestimmten Themen in der Reihe ¨Hansische Studien¨, Aufsätze und Miszellen sowie Rezensionen in seinem Vereinsorgan ¨Hansische Geschichtsblätter¨, und schließlich veranstaltet er Jahrestagungen (mit Vorträgen, Diskussionen, Mitgliederversammlung, Besichtigungen, Exkursionen), die jedes Jahr in der Woche nach Pfingsten stattfinden, jeweils in einer anderen Stadt, in der Regel in einer ehemaligen Hansestadt.

Der Hansische Geschichtsverein finanziert seine Arbeit durch die Jahresbeiträge seiner Mitglieder: Einzelpersonen, Vereinigungen, Institute und Städte, aber auch durch Beihilfen wissenschaftsfördernder Einrichtungen. Der Hansische Geschichtsverein hat z. Z. etwas über 500 Mitglieder, darunter befinden sich etwa 60 in- und ausländische (hier: über ein Dutzend niederländische und eine schwedische) Städte; unter den Einzelpersonen und Instituten sind ebenfalls zahlreiche ausländische Mitglieder, worin sich die internationale  Geltung des Hansischen Geschichtsvereins und dessen Rolle als Vereinigung der an der Hanseforschung interessierten Fachwelt widerspiegeln.

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