Der Hansische Geschichtsverein stellt schrittweise die Artikel des in Vorbereitung befindlichen HanseLexikons zur freien Ansicht auf die Homepage. Eine gedruckte Ausgabe ist nach Abschluss geplant.
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Buchstabe P
Am Beginn der Stadtwerdung P.s steht die 776 erbaute Pfalz Karls d. G., die im Zusammenhang mit der Eroberung und Missionierung Sachsens durch die Franken eine wichtige Rolle spielte. Um 800 wurde... mehr
Am Beginn der Stadtwerdung P.s steht die 776 erbaute Pfalz Karls d. G., die im Zusammenhang mit der Eroberung und Missionierung Sachsens durch die Franken eine wichtige Rolle spielte. Um 800 wurde P. zum Bischofssitz erhoben; 799 fand hier die Begegnung Kg. Karls mit Papst Leo III. statt, bei der auch die Kaiserkrönung ausgehandelt worden sein dürfte. Seit 777 bis in die 940er Jahre fanden in P. zahlreiche Reichsversammlungen statt, und die Nähe zum Königtum blieb bis in die frühsalische Zeit erhalten. Die aufwendige Bautätigkeit besonders unter Bischof Meinwerk wie auch die zahlreichen Herrscherbesuche dürften die Ansiedlung von Handwerkern und Kaufleuten gefördert haben. Bürgerliche Ministeriale dominierten den seit 1238 bezeugten Stadtrat. Doch erst das Privileg Bischof Bernhards V. von 1327 sicherte der Stadt, die dem Dortmunder Rechtskreis zugeordnet war, weitergehende Autonomierechte zu. Spannungen zwischen Rat und Gemeinde wurden mit den Statuten von 1480/1483 vertraglich beigelegt. Die sich seit 1525 in P. allmählich durchsetzende Reformation fand 1604 ein gewaltsames Ende. Mit der Verlagerung der wichtigsten Handelswege nach Norden geriet P. seit dem späten 12. Jh. wirtschaftlich in eine Randlage. Zwar gibt es Indizien, die auf Beziehungen nach Köln, Deventer, Bremen und zum Ostseeraum hinweisen; inwieweit aber P.er Kaufleute aktiv am hansischen Handel teilnahmen, lässt sich nicht ermitteln. P. (mit etwa 3.500 E.) war im späten Mittelalter ein regionales Handelszentrum und ein wichtiger Umschlagplatz für Getreide aus den benachbarten Anbaugebieten. 1295 gehörte P. zu den Städten, die der Verlegung des Rechtszugs für das Novgoroder Kontor von Visby nach Lübeck zustimmten. Zwischen 1430 und 1556 war P. gelegentlich auf allgemeinen Hansetagen vertreten und nahm nach 1447 kurzzeitig die Vorortfunktion für die →westfälischen Städte wahr. Trotz förmlicher Austritte 1567 und 1591, weil die Mitgliedschaft nur noch „last und kosten“ verursachte, blieben Kontakte zur Hanse bis weit ins 17. Jh. erhalten.
Literatur: Paderborn. Geschichte der Stadt in ihrer Region, Bd. 1: Das Mittelalter, hrsg. J. Jarnut, 1999; Paderborn, bearb. M. Balzer (Westf. Städteatlas, Lfg. II/11), 1981; S. Gai, B. B. Mecke, Est locus insignis … Die Pfalz Karls des Großen in Paderborn und ihre bauliche Entwicklung bis zum Jahre 1002, 2004; H. Schoppmeyer, Paderborn als Hansestadt, in: Westfälische Zeitschrift 120 (1970), 313-76.
(* 11. 6. 1898, † 25. 11. 1974). Nach dem Studium der Geschichte in Rostock, das er 1922 mit der Promotion abschloss (mit einer von W. Andreas angeregten Diss. über Mecklenburg und die deutsche... mehr
(* 11. 6. 1898, † 25. 11. 1974). Nach dem Studium der Geschichte in Rostock, das er 1922 mit der Promotion abschloss (mit einer von W. Andreas angeregten Diss. über Mecklenburg und die deutsche Frage 1866 bis 1870/71), war P. seit 1924 (bis zum Ende des 2. Weltkriegs) im Verlagsgeschäft tätig. Er veröffentlichte mehrere Aufsätze und Bücher zu verschiedenen historischen Themen, darunter 1942 eine für eine breite Leserschaft geschriebene Gesamtdarstellung der hansischen Geschichte. Sie war, anders als das kurz zuvor erschienene Buch von Ernst Hering (Die Deutsche Hanse, 1940), von völkisch-nationalem Gedankengut frei und konnte deshalb nach dem Krieg auch wieder aufgelegt werden (1952, 1965); bis zum Erscheinen der Arbeit von Philippe Dollinger (1964 in franz. Sprache, 1966 in dt. Übs.) blieb sie die maßgebliche Überblicksdarstellung zur hansischen Geschichte. Eine von F. Naab völlig neu bearb. Ausgabe erschien 1983.
Literatur: Nachruf in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 24 (1975), 460-62 (H. Branig).
Zentren für die Herstellung von Rosenkränzen aus Bernstein waren zunächst ausschließlich Brügge und Lübeck, deren Zünfte vom Deutschen Orden als Monopolinhaber mit Rohstoff versorgt wurden. Erste... mehr
Zentren für die Herstellung von Rosenkränzen aus Bernstein waren zunächst ausschließlich Brügge und Lübeck, deren Zünfte vom Deutschen Orden als Monopolinhaber mit Rohstoff versorgt wurden. Erste Bestimmungen für die bereits im frühen 14. Jh. existierenden Lübecker P. sind für 1360 und 1365 überliefert. Im Jahre 1400 wurde innerhalb des Amtes, das damals noch 40 Personen umfasste, eine Kumpanie zum Ankauf von fremdem, nicht vom Orden bezogenen Bernstein gebildet. Ein kollektiver Lieferungsvertrag von zwölf Meistern mit vier Kaufleuten von 1424 lässt erkennen, dass der Vertrieb über kapitalkräftige Fernhändler erfolgte, die seit dem endenden 15. Jh. – auch über Verträge mit dem Orden – zunehmend die Kontrolle von Versorgung und Produktion übernahmen. Im 15. und 16. Jh. kamen weitere Standorte der Verarbeitung wie Danzig hinzu (Ordnung von 1477), wo im 16. Jh. 40 Meister ansässig waren. P. in Hamburg, Wismar und Stralsund werden 1510 erwähnt. Über von Herzog Albrecht von Preußen erlangte Bezugsrechte von 1533 bzw. 1550 gelang es dem Danziger Kaufmann Paul Jaski und seinen Kompagnons, die Bernsteindreher seiner Heimatstadt von sich abhängig zu machen sowie über die Belieferung von Handwerkern in Kolberg, Stolp, Elbing, Hamburg, kleineren Orten sowie auf dem Lande eine Produktion in großem Stil aufzubauen.
Literatur: W. Tesdorpf, Gewinnung, Verarbeitung und Handel des Bernsteins in Preußen von der Ordenszeit bis zur Gegenwart, 1887; W. Stieda, Lübische Bernsteindreher und P., Mitteilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 1886, 87-112; L. Dralle, Der Bernsteinhandel des Deutschen Ordens in Preußen vornehmlich zu Beginn des 16. Jh.s, HGbll. 99, 1981, 61-72; R. Holbach, Entwicklungen in der Bernsteinverarbeitung, in: Die Hanse. Lebenswirklichkeit und Mythos, hrsg. J. Bracker u. a., 4. Aufl. 2006, 669f.
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Die P., die fast ausschließlich unverarbeitet auf den hansischen Markt kamen, stammten im Spätmittelalter vor allem aus den Waldgebieten Nordosteuropas (Dvina, Perm, Pečora), wo sie den Hauptteil... mehr
Die P., die fast ausschließlich unverarbeitet auf den hansischen Markt kamen, stammten im Spätmittelalter vor allem aus den Waldgebieten Nordosteuropas (Dvina, Perm, Pečora), wo sie den Hauptteil den bäuerlichen Verpflichtungen bildeten. Den größten Anteil hatten Eichhörnchen [(grau)werk], die je nach Herkunft, Verpackung und Fangsaison sehr unterschiedlich bezeichnet wurden. Hochwertige Eichhörnchenfelle hießen meistens schonwerk, auch luschwerk. Die ganzen Bälge (rundes werk) waren teurer als die aufgeschnittenen Felle (plattes werk), die umgedrehten Bälge (ledderwerk) höher geschätzt als diejenigen mit Haar an der Außenseite (harwerk). Die billigeren Sorten (clesmes, troynissen) stammten wahrscheinlich aus den südlicheren Gegenden der Rus‘. Im Handel befanden sich auch minderwertige Pelze und Stücke (schevenissen, poppelen). Die teuren P. bildeten im Gesamtumfang des Handels eine eher kleine Gruppe: Marder (marten), Wiesel (lasten), Hermelin (hermellen), Sobel (sabel), Biber (bever), Felle der ungeborenen Marder (wymeteken). Die P. von Fuchs, Wolf oder Hase kamen im Handel sehr selten vor.
Literatur: A. L. Choroškevič, Torgovlja Velikogo Novgoroda s Pribaltikoj i Zapadnoj Evropoj v XIV-XV vekach, 1963; M. P. Lesnikov, Der hansische Pelzhandel zu Beginn des 15. Jahrhunderts, in: Hansische Studien. Heinrich Sproemberg zum 70. Geburtstag, hrsg. G. Heitz, M. Unger, 1961, 219-72; R. Delort, Le commerce des fourrures en occident à la fin du moyen âge, 1978.
(Westprignitz) an der bis zur Elbe schiffbaren Stepenitz lieferte nach Hamburg ab 1270 Pottasche und hatte seit 1328 Zollfreiheit in Wismar. 1358 klagte P. über die Verletzung kaufmännischer... mehr
(Westprignitz) an der bis zur Elbe schiffbaren Stepenitz lieferte nach Hamburg ab 1270 Pottasche und hatte seit 1328 Zollfreiheit in Wismar. 1358 klagte P. über die Verletzung kaufmännischer Rechte in Flandern; Rostock lud P. 1359 zum Hansetag ein. Nach einem Beschluss in Wismar 1368 sollten P., Pritzwalk, Havelberg, Kyritz u. a. Fürsten und Herren vom Beistand des dänischen Königs abbringen, der den Kaufmann geschädigt habe. Außer Städten in Brandenburg wurde 1384 Parchim, Grabow, Neustadt, Schwerin, Wismar und Lübeck wirtschaftliche Beziehung mit exkommunizierten Räten P.s verboten. 1417 wurde P. wegen Hegung eines lübischen Aufrührers mit → Verhansung gedroht. P. war durch Waren- und Geldgeschäfte v. a. mit Wismar und Lübeck verbunden. Den Landzoll verlegte der Kurfürst 1584 von P. nach Wittstock und Lockstädt, weil diese Orte für den Verkehr nach Mecklenburg günstiger erschienen.
Literatur: E. Müller-Mertens, Untersuchungen zur Geschichte der brandenburgischen Städte im Mittelalter, T. I-IV, Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 5 (1955/56), 3, 4 und 6 (1956/57), bes. T. IV: ebenda, 6 (1956/57), 1-28.
(est. Pärnu). Alt-P. wurde kurz nach 1241/42 vom Bischof von Ösel-Wiek am rechten Ufer der Pernau gegründet und war 1251-63 bis zum Litauereinfall Sitz des Bischofs. Angeblich 1251 mit Stadtrecht... mehr
(est. Pärnu). Alt-P. wurde kurz nach 1241/42 vom Bischof von Ösel-Wiek am rechten Ufer der Pernau gegründet und war 1251-63 bis zum Litauereinfall Sitz des Bischofs. Angeblich 1251 mit Stadtrecht (Rat erwähnt 1412), war es ein offener Ort, ohne Stadtmauern, mit ca. 300 Bewohnern, 1560 und 1575 geplündert, um 1600 fast verlassen. Neu-P. (Embek) entstand am linken Ufer der Pernau kurz vor 1265 vor der Burg des Deutschen Ordens. Vor 1318 erhielt Neu-P. Rigaer Stadtrecht Bürgermeister, Rat, Gilden). Im 15. Jh. Mitglied der Hanse, war es Stapelplatz des Ruśhandels, hatte direkte Handelsbeziehungen u.a. zu Flandern und Holland, eine Schwarzenhäupterbruderschaft und um 1500 ca. 1100 Bewohner. Die Stadt besaß Stadtmauern, drei Kirchen, ein Rathaus, zahlreiche gemauerte Gebäude und war häufig Ort der livländischen Städtetage.
Literatur: H. Laakmann, Geschichte der Stadt P. in der Deutsch-Ordenszeit (bis 1558), 1958.
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P. war Deutschordenspriester und Autor einer Landesgeschichte Preußens (Chronica Terre Prussie), 1326 mit Widmung an Hochmeister Werner von Orseln abgeschlossen, dann wohl bis 1330... mehr
P. war Deutschordenspriester und Autor einer Landesgeschichte Preußens (Chronica Terre Prussie), 1326 mit Widmung an Hochmeister Werner von Orseln abgeschlossen, dann wohl bis 1330 fortgesetzt. Themen sind die Gründung des Deutschen Ordens, seine Etablierung in Preußen und die Kämpfe gegen die heidnischen Prußen und Litauer, aber auch die Stadtgründungen.
Literatur: Mittelalterliche Kultur und Literatur im Deutschordensstaat Preußen: Leben und Nachleben, hrsg. J. Wenta, u.a., 2008.
Der P. (der Deutsche Hof; russ.: Nemezkoe podvorje) war eines von vier großen Hansekontoren. Er entstand in der Nähe des Marktes (Torg) bei der katholischen St.-Peterskirche um 1192 als eine... mehr
Der P. (der Deutsche Hof; russ.: Nemezkoe podvorje) war eines von vier großen Hansekontoren. Er entstand in der Nähe des Marktes (Torg) bei der katholischen St.-Peterskirche um 1192 als eine besondere Siedlung der niederdeutschen Kaufleute, die bald zum wichtigsten Einkaufszentrum von russischen Exportprodukten wurde. Visby und Lübeck besaßen zunächst administrative und gerichtliche Befugnisse im P., аber um die Mitte des 14. Jh. wurden sie von den livländischen Städten abgelöst, die in den Jahren 1392 bis 1494 bei der Verwaltung des P.s. an erster Stelle standen. Die Handelsaktivitäten der Besucher wurden durch die in sieben Fassungen überlieferte Novgoroder Schra (Ordnung) rechtlich abgesichert. Mit der rechtlichen Regelung der Verhältnisse beschäftigten sich zuerst die gewählten “Weisesten” und später der von Dorpat abgeordnete Hofesknecht. Die russisch-hansischen Handelsverträge, durch beiderseitige Beeidigungen und →Kreuzküssungen bestätigt, dienten als Grundlage des hansischen Verkehrs mit den Novgorodern, was jedoch nicht ermöglichte, Auseinandersetzungen vollständig zu vermeiden. Die Hansen im P. gerieten als Erste bei Konflikten in Bedrängnis. Es gab besonders viele solcher Vorfälle nach dem Anschluss Novgorods an Moskau im Jahr 1478. Der P. begann aus diesem Grund an Bedeutung zu verlieren. Die Umformung der hansischen Handelsunternehmungen in Russland und eine Behinderung des Handels der Hansen durch die russischen Machthaber trugen zum Niedergang des P.s bei. 1494 wurde dieser auf den Befehl des Großfürsten Ivan III. geschlossen. Seit 1514 lebte das Novgoroder Hansekontor wieder auf, ohne jedoch seine vorherige Bedeutung erlangen zu können.
Literatur: M. Gurland, Der St. Peterhof zu Nowgorod (1361-1494): innere Hofverhältnisse, 1913; E. A. Rybina, Ausländische Höfe in Nowgorod vom 12. bis 17. Jahrhundert, in: Autonomie, Wirtschaft und Kultur der Hansestädte. Johannes Schildhauer zum 65. Geburtstag, hrsg. K. Fritze [u.a.], 1984, 111-29; N. Angermann, Deutsche Kaufleute im mittelalterlichen Novgorod und Pleskau, in: Deutsche im Nordosten Europas, hrsg. H. Rothe, 1991, 59-86.
Der P. oder das Pfundgeld ist eine seit 1362 in besonderen Notsituationen erhobene, temporäre Sonderabgabe auf alle von hansischen Kaufleuten seewärts im- oder exportierten Waren in den nördlichen... mehr
Der P. oder das Pfundgeld ist eine seit 1362 in besonderen Notsituationen erhobene, temporäre Sonderabgabe auf alle von hansischen Kaufleuten seewärts im- oder exportierten Waren in den nördlichen Städten der Hanse. Die Zollgrundlage war ursprünglich der Warenwert in Pfund flämisch (daher P.), später wurden die Waren nach festgelegten Tarifen besteuert. Der P. wurde von einzelnen Regionen innerhalb der Hanse zur Deckung besonderer Kriegskosten beschlossen und mit der Nutzung der resp. dem Ausschluss aus den hansischen Privilegien verknüpft. Allerdings war die Erhebung und die Teilnahme am P. freiwillig und geschah meist nur in der betroffenen Region. P. wurden zwischen 1362 und 1500 mindestens 103 mal erhoben. Einige Landesherren, so der Deutsche Orden, versuchten, die temporären P.e in permanente, landesherrliche Abgaben umzuwandeln. Die bei der P.-erhebung angelegten P.bücher geben [einen ersten] Einblick in den Warenverkehr einer Hansestadt.
Quellen: St. Jenks, Das Danziger P.buch von 1409 und 1411, 2012.
Literatur: C. Jahnke, P.rechnungen im Ostseeraum – Bestand und Fragen der Auswertung, in: Die preußischen Hansestädte und ihre Stellung im Nord- und Ostseeraum des Mittelalters, hrsg. Z. H. Nowak, J. Tandecki, 1998, S. 151-68.
P. oder Pfundgeldbücher sind die zur Abrechnung des Pfundzolles resp. -geldes angelegten Einnahmeverzeichnisse. In der Regel registrieren sie die Namen der zollpflichtigen Schiffer und Kaufleute... mehr
P. oder Pfundgeldbücher sind die zur Abrechnung des Pfundzolles resp. -geldes angelegten Einnahmeverzeichnisse. In der Regel registrieren sie die Namen der zollpflichtigen Schiffer und Kaufleute sowie teilweise die verzollten Waren und deren Menge. Im hansischen Raum gab es zwei Registrierungssysteme. Das eine verzeichnet Schiffer und Kaufleute getrennt, das andere beide zusammen nach Schiffsladungen. Die meisten Listen sind chronologisch angelegt, allerdings geben nur einige wenige Anhaltspunkte zur inneren Datierung. P. werden heute häufig zur Berechnung von Warenströmen und -umsätzen herangezogen. Doch ist deren Wert umstritten, da sie zum einen nur den seegehenden Teil des Handels abbilden und zum anderen einen Teil des Handels aufgrund des Verbotes von Doppelbesteuerung und anderen Ausnahmeregelungen nicht erfassen können. Auch verzeichnen sie nur die Kaufleute, die die Zölle vor Ort erlegen, nicht aber die Besitzer der Waren. P. können aber durch andere serielle Quellen, z.B. in England, ergänzt werden. Für die Zeit von 1362 bis 1500 liegen mindestens 151 P. unterschiedlicher Länge und Qualität vor, allerdings gibt es nur für das Jahr 1369 sieben parallele P. aus verschiedenen Orten, ansonsten 1368 fünf, 1370 vier und für weitere 15 Jahre P. aus drei Orten. Ergänzt werden die P. durch Zollquittungen oder -zettel, die an einigen Orten in zufälliger Form vorliegen.
Literatur: A. Huang, C. Jahnke, Bermudadreieck Nordsee. Oder: Drei Hamburger Schiffe auf dem Weg nach London, HGbll. 130, 2012, 59-91; C. Jahnke, Pfundzollrechnungen im Ostseeraum, in: Die preußischen Hansestädte und ihre Stellung im Nord- und Ostseeraum des Mittelalters, hrsg. H. Nowak, J. Tandecki, 1998, 151-68.
Die meisten Bewohner der Hansestädte besuchten zur Beförderung von Wünschen oder zur Buße Heiltumsorte, die in der Umgebung oder zumindest in Deutschland lagen (z.B. Wilsnack oder Aachen). Nicht... mehr
Die meisten Bewohner der Hansestädte besuchten zur Beförderung von Wünschen oder zur Buße Heiltumsorte, die in der Umgebung oder zumindest in Deutschland lagen (z.B. Wilsnack oder Aachen). Nicht alle pilgerten freiwillig. Nur die Angehörigen einer kleinen vermögenden Oberschicht konnten sich das Ziel ihrer P. aussuchen und zu den drei bedeutendsten Zielen Santiago de Compostela, Rom oder Jerusalem reisen. Die Entwicklung der kirchlichen Ablasslehre führte auch im Hanseraum seit dem 13./14. Jh. zu einem Aufschwung der P.en v. a. zu jenen Orten, an denen man mit Plenarablass rechnen durfte. Zudem wuchs die Bedeutung testamentarischer Vermächtnisse, die Fürbittp.en durch Dritte zu Gunsten des Erblassers vorschrieben. Die Intensivierung des Handels zwischen Hanseraum und Iberischer Halbinsel und die kriegsbedingte Unsicherheit des Überlandweges durch Frankreich hatte seit dem 14. Jahrhundert den Aufschwung der Schiffspilgerfahrt an die galizische Küste (La Coruna) zur Folge. Die Einführung der Reformation bedeutete nicht das abrupte Ende aller P.en, wie sich auch am Beispiel Wilsnacks zeigt.
Literatur: M.-L. Favreau-Lilie, Von Nord- und Ostsee ans Ende der Welt, HGbll. 117 (1999), 93-130; D. Kurze, Wilsnackfahrer aus Hamburg und dem südwestlichen Ostseeraum, in: Wunder, Wallfahrt, Widersacher, hrsg. H. Kühne, A.-K. Ziesak, 2005, 48-61; N. Ohler, Zur Seligkeit und zum Troste meiner Seele, ZVLGA 63 (1983), 83-103.
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Die Stadt P. (belarussisch Polack, gesprochen Polazk) entstand im 9.-10. Jh. an der Einmündung des Flusses Polota in die mittlere Düna. Damit lag P. an einem Zweig des Weges „von den Warägern zu... mehr
Die Stadt P. (belarussisch Polack, gesprochen Polazk) entstand im 9.-10. Jh. an der Einmündung des Flusses Polota in die mittlere Düna. Damit lag P. an einem Zweig des Weges „von den Warägern zu den Griechen“, auf dem skandinavische Händler der Wikingerzeit in den Süden gelangten. Von einer freilich begrenzten frühen Rolle von P. als Handelsstation zeugen Funde orientalischer Dirhems, die im 11. Jh. von mittel- und westeuropäischen Denaren abgelöst wurden. Die Mitberücksichtigung im → Vertrag von Smolensk (1229) und weitere Vereinbarungen mit → Riga sicherten den Handel von P. mit den Hansekaufleuten rechtlich ab. Die Stadt wurde zum wichtigsten belarussischen Partner Rigas. In P. entstand sogar ein Hansekontor, das praktisch aber eines von Riga war, dessen Rat am Ende des 14. Jh.s die → Schra des Kontors verabschiedete. Seit dem frühen 14. Jh. gehörte P. zum Großfürstentum Litauen. Im Jahre 1498 erhielt es ein großfürstliches Privileg, das die Rechte von fremden Kaufleuten erheblich einschränkte. Daher ging das Hansekontor unter und der Handel konzentrierte sich völlig in Riga. Längere Zeit waren die Lieferungen von P. fast völlig auf → Wachs und → Pelze beschränkt. Seit dem ausgehenden Mittelalter traten aber Flachs und Hanf sowie die Waldprodukte Holz, Asche und Teer in den Vordergrund. Aus Riga bezog die belarussische Stadt nach wie vor besonders Salz, Tuche, Metalle und Heringe. Im 16. Jh. litten P. und sein Umland stark unter Kriegsereignissen, während der Handel der Dünastadt Vitebsk (belarussisch Vicebsk) bedeutender wurde. Zugunsten des Letzteren büßte P. im 17. Jh. seine Stellung als führender belarussischer Handelspartner von Riga ein.
Literatur: E. Mühle, Die städtischen Handelszentren der nordwestlichen Ruś. Anfänge und frühe Entwicklung altrussischer Städte (bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts), 1991, 213-58; A. L. Choroškevič, Der Handel Rigas mit Polock im 14./15. Jahrhundert. Nach den Polocker Urkunden, in: Fernhandel und Handelspolitik der baltischen Städte in der Hansezeit, hg. N. Angermann, P. Kaegbein, 2001, 137-55.
Der Deutsche Orden sowie die preußischen und livländischen Städte unterhielten seit dem Ende des 14. Jh. Handelsbeziehungen nach P., um den für die Konservierung von Heringen nötigen Salzbedarf... mehr
Der Deutsche Orden sowie die preußischen und livländischen Städte unterhielten seit dem Ende des 14. Jh. Handelsbeziehungen nach P., um den für die Konservierung von Heringen nötigen Salzbedarf unabhängig von dem durch Lübeck kontrollierten Lüneburger Salzhandel decken zu können. Außer Salz führten die Hansekaufleute Wein, Olivenöl, Früchte und Kork aus P. in das Baltikum ein und exportierten Getreide, Holz, Metalle, Teer, Pech und anderes Schiffbaumaterial. Seit den 1570er Jahren nahm der Hamburger Handel mit P. einen starken Aufschwung, während der der Ostseeanrainer zunehmend an Bedeutung verlor. In der ersten Hälfte des 17. Jh. befuhren jährlich bis zu 90 Schiffe die Strecke zwischen Hamburg und P. Inzwischen waren auch Gewürze und Zucker sowie Textilien, Waffen und Munition zu wichtigen Handelsgütern geworden.
Hansekaufleute, die sich für längere Zeit in Lissabon aufhielten, waren dort oft Mitglieder der im 14. Jh. gegründeten Bartholomäus- oder der Heilig-Kreuz-und-Sankt-Andreas-Bruderschaft. Seit dem 15. Jh. profitierten sie von äußerst vorteilhaften königlichen Privilegien. Durch einen 1607 geschlossenen Vertrag wurden diese auf eine völkerrechtliche Ebene gehoben, wobei die Hanse erstmalig als vollgültiger Vertragspartner anerkannt wurde. Hintergrund waren die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem zu dieser Zeit mit P. in Personalunion verbundenen Spanien und den rebellischen Niederlanden. Mit dem Vertrag verpflichtete sich die Hanse, ein gegen die Niederlande verhängtes Handelsembargo durch die Zertifizierung ihrer Handelswaren zu unterstützen. Im Gegenzug bestätigte der spanische König die alten portugiesischen Privilegien, dehnte sie auf Spanien aus und befreite die Hansekaufleute von einem kurz zuvor eingeführten Zoll. Außerdem wurde im Rahmen des Vertrages das erste hansische Konsulat mit einem von der Hanse eingesetzten und vom spanischen König anerkannten Konsul in Lissabon geschaffen. Anders als die Funktionsträger der Kontore wurde der Konsul nicht genossenschaftlich gewählt, sondern war ein Beamter der Hanse, erhielt seine Instruktionen vom Hansetag und empfing sein Gehalt aus einer gemeinsamen Kasse der Städte.
Literatur: J. Poettering, Handel, Nation und Religion. Kaufleute zwischen Hamburg und Portugal im 17. Jahrhundert, 2013; A. H. de Oliveira Marques, Hanse et Portugal na Idade Média, 2. Aufl. 1993.
P., eigentlich der Konflikt des Rats und der Bürger Lüneburgs mit den geistlichen Besitzern der Lüneburger Salinen, den "Prälaten". Seit die Stadt infolge des Lüneburger Erbfolgekriegs... mehr
P., eigentlich der Konflikt des Rats und der Bürger Lüneburgs mit den geistlichen Besitzern der Lüneburger Salinen, den "Prälaten". Seit die Stadt infolge des Lüneburger Erbfolgekriegs (1370-88) in Schulden geriet, griff sie wiederholt auf die Erträge aus den Salinen zu. Als die Schulden 600.000 Mark erreichten, konfiszierte der Rat 1454 die Salinengüter. In der Folge kam es zum päpstlichen Bann gegen den Rat, zur Wahl eines Sechziger-Ausschusses und schließlich eines neuen Rats. Dieser zog 1455 die Vermögen der alten Ratsherren ein und ließ einzelne inhaftieren. Der Kaiser drohte die Reichsacht an, und auch die Hanse erkannte den neuen Rat nicht an. Das verstärkte den Widerstand in der Stadt und führte Ende 1456 zum Rücktritt des neuen Rats. Der alte Rat wurde wieder eingesetzt, Gegner wurden gefangengenommen oder hingerichtet. Erst Ende 1462 gelang es Christian I. von Dänemark und den Bischöfen von Lübeck und Schwerin, eine dauerhafte Lösung für den Konflikt mit der Rückgabe der Salinengüter an die Prälaten zu vermitteln. 1463 wurden die letzten Gefangenen frei gelassen und Lüneburg vom Bann befreit. Lange Zeit war vor allem Lübeck vom Verbot des Handels mit Lüneburg betroffen.
Literatur: B.-U. Hergemöller, „Pfaffenkriege“ im spätmittelalterlichen Hanseraum, 2 Bde., 1988, hier 1, S. 112-93; S. Springensguth, Tod im Turm. Die Rolle persönlicher und sozialer Beziehungen in Konflikten des Mittelalters am Beispiel des Lüneburger Prälatenkriegs, 2007.
Die p.n S. bildeten wohl die homogenste Gruppe innerhalb der Hanse. Die „Großstädte“ →Thorn (Altstadt), →Kulm, →Elbing (Altstadt), →Danzig (Rechtstadt) und →Königsberg (Altstadt, dazu seit 1424... mehr
Die p.n S. bildeten wohl die homogenste Gruppe innerhalb der Hanse. Die „Großstädte“ →Thorn (Altstadt), →Kulm, →Elbing (Altstadt), →Danzig (Rechtstadt) und →Königsberg (Altstadt, dazu seit 1424 Kneiphof) unterstanden dem →Deutschen Orden als Landesherren, →Braunsberg dem in die Landesherrschaft eingebundenen Bischof von Ermland. Schon im 13. Jh. in Flandern aktiv und 1294/95 an der Entscheidung über den Oberhof in →Nowgorod beteiligt, kooperierten sie seit der Mitte des 14. Jh.s intensiv auf Städte- und Ständetagen (bis 1410 sind 211 belegt, bis 1453 weitere 313 Versammlungen). Die sechs bzw. sieben Städte beanspruchten die Vertretung aller, d.h. auch die der rund 90 kleineren Städte. Zwischen 1356 und 1453 waren sie auf rund 150 Hansetagen und hansischen Versammlungen vertreten, in der Regel durch ein oder zwei Städte, die für die anderen mitsprachen. Im 14. Jh. waren dies meist Thorn und Elbing, dann vor allem Danzig. Die Regionaltage dienten u.a. der Abstimmung für den Hansetag, bis hin zu Instruktionen für die Ratssendeboten, ebenso der Absprache mit dem Hochmeister, der Gesandte für auswärtige Verhandlungen bestimmte. Gelegentlich kamen auch Gesandtschaften der Hansestädte nach Preußen, so im Oktober 1427, um die p.n S. und den Hochmeister zur Hilfe im Krieg gegen Dänemark zu bewegen. Die p.n S. waren im Brügger Kontor durch einen der Älterleute im westfälisch-preußischen Drittel repräsentiert, beteiligten sich ab 1367 am 2. Krieg gegen Waldemar IV., unterhielten eine eigene Vitte auf Schonen und gewannen den Deutschen Orden 1398 zum Vorgehen gegen die Vitalienbrüder auf Gotland. Die Zusammenarbeit zwischen den p.n S.n setzte sich auch nach der Teilung in das königliche und Ordens- bzw. herzogliche Preußen fort. Seither gewann insbesondere Danzig weitgehende Autonomie, die es für eine intensive Beteiligung an der hansischen Politik nutzte, auch als Vorort eines der hansischen Quartiere, in dem die p.n S. zusammenarbeiteten.
Quellen: Acten der Ständetage Preußens unter der Herrschaft des Deutschen Ordens, hg. M. Toeppen, 1-5, 1878-1886; Akta stanów Prus królewskich, hg. K. Górski, M. Biskup, u.a., 1-8 (in 12 Bden.), 1955-1993.
Literatur: S. Kubon, Die kleinen preußischen Städte und die Hanse, in: „Hansisch“ oder „nicht-hansisch“, hg. J. Kreem, J. Sarnowsky, 2019, 43-56; R. Czaja, Preußische Hansestädte und der Deutsche Orden, HGbll. 118 (2000), 57-76; ders., Miasta Prusie a Zakon Krzyżacki, 1999; J. Sarnowsky, Die preußischen Städte in der Hanse, HGbll, 112 (1994), S. 97-124.
(Ostprignitz). An die Handelssperre gegen Flandern erinnerte Rostock 1359 P., Kyritz, Havelberg, Perleberg u. a. und lud zum Hansetag ein. P. erhielt 1364 Zollrecht für Fuhrwerke aus... mehr
(Ostprignitz). An die Handelssperre gegen Flandern erinnerte Rostock 1359 P., Kyritz, Havelberg, Perleberg u. a. und lud zum Hansetag ein. P. erhielt 1364 Zollrecht für Fuhrwerke aus Mecklenburg/Werle und dem Erzbistum Magdeburg, außer für Kornausfuhr. Nach einem Beschluss 1368 in Wismar sollten Perleberg, P., Havelberg, Kyritz Fürsten und Herren vom Beistand des dänischen Königs abbringen; zu Rostock wurden Verhandlungen in P. oder Perleberg erwogen. 1432 beklagten Perleberg und P. in Lübeck und Wismar Schädigung ihres Handels in Mecklenburg; jener mit Hamburg war nach Verlegung auf den Wasserweg (1669) rückläufig.
Literatur: L. Enders, Die Prignitz, 2000.
Im P. erhielten Lübeck und Danzig myt oren verwanten als Dank für finanzielle und militärische Hilfe im schwedischen Befreiungskrieg gegen Dänemark das Monopol über den schwedischen... mehr
Im P. erhielten Lübeck und Danzig myt oren verwanten als Dank für finanzielle und militärische Hilfe im schwedischen Befreiungskrieg gegen Dänemark das Monopol über den schwedischen Außenhandel. Exportgeschäfte durften danach nur mit Kaufleuten der privilegierten Städte abgeschlossen werden. Das Privileg stand schließlich der Entwicklung einer selbstbestimmten Wirtschaftspolitik unter → Gustav Vasa im Wege und wurde 1533 durch den Abbruch der Handelsbeziehungen zu Lübeck aufgehoben.
Literatur: K. Kumlien, Sverige och hanseaterna, 1953.
I. Rechtsdogmatische Grundlagen.
P. sind bis in das 17. Jh. das dominierende flexible Rechtsinstrument zur Gestaltung und Regelung handelsrechtlicher Beziehungen. Das gilt... mehr
I. Rechtsdogmatische Grundlagen.
P. sind bis in das 17. Jh. das dominierende flexible Rechtsinstrument zur Gestaltung und Regelung handelsrechtlicher Beziehungen. Das gilt auch und besonders für die Hanse und ihren Fernhandel im Ausland. Aus dem römischen Recht entwickelt, werden P. begriffsgeschichtlich als lex privata (privates Gesetz) erklärt oder mit privare legem (von gesetzlicher Bindung befreien) in Verbindung gebracht. Sie bedeuten somit ein Sonderrecht oder eine Befugnissphäre, die einer individuellen Einzelperson oder Interessengruppe von einem Hoheitsträger zugestanden wird. Rechtlich wird es oft mit dem ius singulare gleichgesetzt, dessen Voraussetzung die utilitas (Nützlichkeit) ist. Auf diesen Gesichtspunkt konnte sich die Hanse beim Aushandeln und für die Sicherung ihrer Handels-P. immer berufen. P. wurden grundsätzlich ex gratia erteilt, d.h. es bestand kein Anspruch auf das Sonderrecht, was für die Frage der Bestandssicherheit der Hanse-P. rechtlich von entscheidender Bedeutung war. Die hansischen P.-Inhaber versuchten daher durch Konfirmationen der jeweiligen ausländischen Herrscher ihren P.-Bestand zu sichern. Der den P. von der Lehre zugesprochene Vertragscharakter konnte ab dem 16. Jh. auch keine rechtliche Sicherheit für die hansischen Sonderrechte mehr bieten. Politische Machtstellungen überlagerten das P.-Recht, zumal die Hanse gegenüber den ausländischen Territorialherren über keinen eigenen eindeutigen Rechtsstatus verfügte, sondern vielmehr zwischen einem interessenbezogenen Zweckbündnis, einer Handelsgenossenschaft und einigungsrechtlich gestützten städtischen und kaufmannschaftlichen Gemeinschaft changierte. Sie ist durch gemeinsame wirtschaftliche Interessen bestimmt. In diesem Sinne treten unterschiedliche städtische Führungsgruppen und Netzwerke als Verhandlungsführer und P.nehmer in Erscheinung.
II. P.-Inhalt und Wirkung.
In diesem Geflecht verfassungsrechtlicher Unbestimmbarkeiten und informeller Strukturen versuchten die hansischen Kaufleute, die Möglichkeiten individuellen und kollektiven Rechteerwerbs durch P. zu nutzen. Kaufleute und – die für sie oft auftretenden – Städte (nomine communi hanseatico) waren die durch P. Begünstigten. Inhaltlich konnten die P. fast alle Materien – analog zur Gesetzgebung – enthalten, die dem Handel der hansischen Kaufleute im Ausland nützlich waren: z.B. Befreiung von Zöllen, Abgaben, fremder Gerichtsbarkeit, Kollektivhaftung, Strandrecht; Zusicherung der eigenen Waage, z.T. einer eigenen Gerichtsbarkeit, von Sicherheiten gegen Verhaftungen, Nachlassregelungen zugunsten der Erben im Ausland verstorbener Kaufleute, von sicherem Geleit, von raschen Prozessen. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit sind solche Sonderrechte in den meisten P. der Hanse von Territorialherren in England, Flandern Spanien, Frankreich, Dänemark, Norwegen, Schweden, Russland zugesichert worden. Die meisten dieser privilegialen Rechte betrafen Hoheitsrechte der privilegierenden Regenten und bedeuteten insoweit einen Teilverzicht auf deren Souveränität. Prozessrechtliche Sonderregelungen für die Hanse dominierten. Auch das Hoheitsrecht der Rechtssetzung konnte Teil privilegialer Sonderberechtigungen sein, wenn den Kaufleuten z.B. durch P. Heinrichs II. von England 1157 zugesichert wurde, nach ihren eigenen Gewohnheiten zu leben. Ähnlich erteilte die dänische Krone 1370 den deutschen Kaufleuten das P., nur nach ihrem heimischen Recht belangt zu werden. Auch die Interpretationshoheit, die als ein Teil der Gesetzgebungsgewalt galt, sollte nach dem Privileg König Ludwigs I. von Frankreich (1483) immer in favorem et utilitatem …communitatis et Hanse Theutonice ausgeübt werden. Das gleiche Zugeständnis ist in die konfirmierten P. der Kastilischen Krone von 1648 aufgenommen, que sempre la interpretacion se haga benignamente por los Hansiaticos, y de ninguna manera contra ellos. Ein Vergleich der wichtigsten P. zeigt eine gewisse inhaltliche Identität der ausgehandelten, konzedierten Sonderrechte der Hanse.
III. Schutz durch P.
Rechtsdogmatisch haftete allen P. als Zweck ihrer Erteilung der Schutz der übertragenen Sonderrechte an: Haec tutela a privilegio inseparabilis est (Chr. Wolff, Jus naturae). Dieser Grundsatz bestimmte auch die Hanse-P. Allen Untertanen und Amtsträgern im Herrschaftsbereich des P.-Erteilers wurde die Pflicht auferlegt, die Privilegierten bei der Ausübung ihrer Sonderrechte nicht zu behindern: precipimus universis … officialibus, quatenus predictas libertates a nobis pie concessas … violare non presumant (z.B. Privileg der norwegischen Krone von 1278). Dieses Schutzgebot wurde bis in das 17. Jh. immer wieder als ein konstituierendes Element in den P.text aufgenommen (Privilège de Louis XIV. de 1655). Damit war oft das Gebot verbunden, die P. in den Städten und Häfen des Gastlandes zu publizieren. Durch beantragte Konfirmationen wurde der P.bestand laufend perpetuiert, z.T. 1648 in den Westfälischen Friedensschluss integriert. Solange der durch die Hanse organisierte Fernhandel für die einzelnen Territorien nützlich war, wurden P. und Konfirmationen als Gegenleistung für las utilidades de sus mercadurias der Hansa Teutonica wohlwollend gewährt (Privileg der Kastilischen Krone von 1648). Das Erstarken der ausländischen heimischen Kaufmannschaft, die die hansischen Privilegien als monopolisierte feindliche Konkurrenz erlebte, und das wachsende Souveränitätsstreben der ausländischen P.erteiler führten zu einem allgemeinen Wertverlust der P. Konfirmationen wurden nicht mehr gewährt, ohne dass ein förmlicher Widerruf erfolgte. Die Entkräftung der P. spiegelt den Niedergang der Hanse wider.
Quellen: J. Hagemeier, Civitatum hanseaticarum privilegia et foedera quaedam aliaque documenta publica, in: Ders., De foedere civitatum hanseaticarum commentarius, 1662; Quellen zur Hanse-Geschichte, hrsg. R. Sprandel, 1982, 165-247.
Literatur: J. Marquard, Tractatus de iure mercatorum et commerciorum singulari, 1662; H. Mohnhaupt, „Jura mercatorum“ durch Privilegien, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, hrsg. G. Köbler, 1987, 308-23; A. Cordes, Die Erwartungen mittelalterlicher Kaufleute an Gerichtsverfahren, in: Eine Grenze in Bewegung, hrsg. A. Cordes, S. Dauchy, 2013, 39-64.
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Im nordwestrussischen Binnenland, am Zusammenfluss der schiffbaren Velikaja und Pskova, entstand im 10. Jh. die Stadt P. (in Deutschland traditionell auch Pleskau genannt). Skandinavische Funde und... mehr
Im nordwestrussischen Binnenland, am Zusammenfluss der schiffbaren Velikaja und Pskova, entstand im 10. Jh. die Stadt P. (in Deutschland traditionell auch Pleskau genannt). Skandinavische Funde und orientalische Münzen, im 11. Jh. abgelöst durch westliche Denare, bezeugen eine frühe, noch begrenzte Einbeziehung von P. in den überregionalen Handel. Eine günstige Voraussetzung für die Teilnahme an einem solchen bot die Nähe der Grenze zu Livland, was sich voll auswirken konnte, seitdem dort in der ersten Hälfte des 13. Jh.s die Städte → Riga,→ Reval und → Dorpat entstanden waren, von denen das Letztere als Vorort von P. fungierte. Unter dessen Handelswaren dominierte lange Zeit → Wachs, gefolgt von → Pelzen, sehr früh wurden von P. aber auch Erzeugnisse der Landwirtschaft, besonders Flachs, und solche des Kleingewerbes ausgeführt. Unter den Einfuhren stand Salz an erster Stelle. Das archäologische Material aus P. bezeugt besonders den Import von Metallen für das einheimische Handwerk. Neben seiner Rolle als Partner der livländischen Hansestädte fungierte P. als Station auf dem Landwege nach → Novgorod. Dessen Handel war erheblich umfangreicher als der von P., nach der Schließung des Novgoroder Hansekontors 1494 verschoben sich aber die Relationen. Bezeichnenderweise gab es seit den 1530er Jahren nicht fern vom Zentrum von P. einen Handelshof für ausländische Kaufgäste. Seit der Zeit des Livländischen Krieges (1558-83) mussten die Angereisten wegen russischer Spionagefurcht mit dem Aufenthalt in einer Vorstadt von P. (Zavelič᾿e) vorliebnehmen. Dort entstanden nun der „Deutsche Hof“, in dem die Livländer unterkamen, und bald auch ein „Lübecker Hof“ für Kaufgäste aus der Travestadt. Für die Händler aus P. bildete seit dem späten 16. Jh. nicht mehr das vom Kriegsgeschehen stark in Mitleidenschaft gezogene Dorpat, sondern Riga das wichtigste Reiseziel.
Literatur: Pskov v rossijskoj i evropejskoj istorii (k 1100-letiju letopisnogo upominanija) [Pskov in der russländischen und europäischen Geschichte (zum 1100. Jahrestag der chronikalischen Erwähnung)], Bd. 1-2, 2003; N. Angermann, Deutsche Kaufleute im mittelalterlichen Novgorod und Pleskau, in: Deutsche im Nordosten Europas, hg. H. Rothe, 1991, 59-86.
(gest. nach dem 29.9.1455), Danziger Bürger und Kaufmann unbekannter Herkunft. Er bekleidete keine Ämter in der Stadt, ist (bislang) nur in Danziger Quellen nachgewiesen. Von ihm ist ein... mehr
(gest. nach dem 29.9.1455), Danziger Bürger und Kaufmann unbekannter Herkunft. Er bekleidete keine Ämter in der Stadt, ist (bislang) nur in Danziger Quellen nachgewiesen. Von ihm ist ein Kaufmannsbuch erhalten (1421-1455), das in Geschäfte auf Gegenseitigkeit, Verkäufe und Einkäufe gegliedert ist. Bei den Kaufnotizen verfuhr P. nach der Methode der Gegenseiten: Die Grundinformationen (Geschäftspartner, Ware, Menge, Preis) wurden auf der linken, die Details zur Entwicklung des Geschäfts (Raten und Termine) auf der rechten Seite notiert. Der Schwerpunkt seiner kaufmännischen Tätigkeit lag auf der Ost-West-Achse zwischen Riga und Flandern, dazu auch Lübeck und Vilnius. Haupthandelsgüter waren Wachs, Pelz, Tuch und Salz; neben den Warengeschäften betrieb er auch Geldgeschäfte.
Literatur: W. Stark, Untersuchungen zum Profit beim hansischen Handelskapital in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, 1985, 115-30; A. P. Orlowska, Handel in einem Kaufmannsnetzwerk, in: Vertraute Ferne, hrsg. J. Mähnert, S. Selzer, 2012, 32-39.