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Buchstabe F
Kaufleute verlassen per definitionem ihre Heimaträume, um ihre Waren in andere Regionen zu bringen. Hierbei verloren sie im frühen und hohen Mittelalter ihren heimatlichen Rechtsstatus und konnten in fremden Gebieten als rechtlos gelten. Zur Aufrechterhaltung ihrer Rechtssicherheit konnten sie, wie jüdische Kaufleute, um Schutz durch den Kaiser (homines imperii), später auch eines Landesherrn (mercator de ducis N.N.) nachsuchen. Neben diesem theoretischen Schutz mussten sich Kaufleute aber auch physisch verteidigen können. Hierzu schlossen sie sich zu F. zusammen. Auf dem Kontinent hatten solche F. im Althochdeutschen und Gotischen die Bezeichnung hansa, die bewaffnete Schar/Kohorte, dann verengt auf Kaufleute-Gruppe. Die F. waren auf Eid basierende Gruppen zur gegenseitigen Verteidigung, die von einem H.-grafen (comes hansæ) geleitet wurde (Prüfeninger Traditionsnotiz, fol. 70, 1184). Der zunächst freiwillige eidesmässige Zusammenschluss wurde spätestens im 12. Jh. zu einem Pflichtverband für Kaufleute (St. Omer, 1244), der auch in den Städten kaufmännische Angelegenheiten klären konnte (Regensburg, 1299), Abgaben erhob (St. Omer, 1127) und eigenes Recht besaß (Brakel, 1309). F. waren im Außenhandel z.B. in England gängig (Flämische Hanse in London [Warnkönig 1835, Nr. 39], Kölnische Hanse, Hanse der XVII Städte etc.). Hieraus entwickelte sich bis zum 14. Jh. der Begriff der Deutschen Hanse. In Skandinavien fungierten F. unter dem Begriff des félags, eines eidgem. Zusammenschlusses von Kaufleuten. An Bord von Schiffen war das félag noch in vier Speisegemeinschaften aufgeteilt, deren Mitglieder, mọtunautr (daraus fr. matelot), gegenseitige Hilfsverpflichtungen eingingen. Das félag hatte sein eigenes Gericht, mot, am Mast resp. der Laufplanke. Hieraus entstand das Kaufmannsrecht der Schonischen Messen, Motbuch. Es wird diskutiert, dass die frühen Lübecker Stadtsiegel die Aufnahme eines Kaufmanns in ein félag zeigen. Im Laufe des hohen und späten Mittelalters wurde die Rechtssicherheit der Kaufleute zunehmend durch die Städte resp. Landesherrn gesichert, der Aspekt der persönlichen Verteidigung verschwand. Damit wandelte sich der Inhalt des Begriffs F.
Literatur: L. A. Warnkönig, Flandrische Staats und Rechtsgeschichte bis zum Jahr 1305, 1835; Deutsches Rechtswörterbuch, s.v. Hanse; M. Pappenheim, Die Speisegemeinschaft (mọtuneyti) im älteren westnordischen Recht, in: Ehrengabe dem deutschen Juristentage überreicht vom Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde (1931), 1-20; C. Jahnke, Zur Interpretation der ersten Lübecker Schiffssiegel, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 88 (2008), 9-24.
Der moderne Begriff definiert „F.“ als eine durch Ehe und Nachkommen verbundene Lebensgemeinschaft. Diese Kern- oder Nuklearfamilie gilt als ein sich im Frühmittelalter herauskristallisierendes, konstitutives Merkmal der nord-westeuropäischen F.nstruktur. Dies zeichnet sich zudem durch relativ geringen Altersabstand der Gatten, höheres Heiratsalter, der Neugründung eines Haushalts (Neolokalität) und eine geringe Kinderzahl aus. Drei Kriterien definieren einen F.nhaushalt: eine gemeinschaftliche Wohnstätte, biologische Verwandtschaft und kollektive Aktivitäten, z. B. eine Werkstatt. Die generellen F.nmuster und Strukturen der einzelnen Hansestädte wichen sicherlich kaum voneinander ab. Insbesondere die langen Reihungen an Testamenten aus Stralsund und Lübeck weisen bemerkenswerte Übereinstimmungen auf.
Eine Ehe bestand nur dann vor dem kanonischen Recht, wenn sie mit dem Konsens beider Brautleute zustande kam, und sie galt als unauflöslich. Deren Jurisdiktion lag in allen Städten bis zur Reformation in Händen der Kirche. Aber Trennungen – nicht Scheidungen - aufgrund von böswilligen Verlassen oder Gewalt seitens des Mannes wurden in Hamburg oder Lübeck beurkundet. Die hansische Ehe war die vertragliche Verbindung zweier F.n, nicht die eines Paares. In Lübeck etwa fand eine Ehevereinbarung zwischen Brautvater und künftigem Gatten im Beisein und unter Mitwirkung der Verwandten statt. Der Bruder des Brügger Kaufmanns ® Hildebrand Veckinghusen schlug jenem eine Braut in Riga vor und handelte mit den ® Verwandten beider Seiten einen Vertrag aus. Die Ehe war eine geschäftliche, politische, familiäre und verwandtschaftliche Gemeinschaft.
Insertionen von Mitgiftübertragungen im Lübecker Grundbuch signalisieren ein Alter der Bräute von unter 20 Jahren. Das Heiratsalter der Männer lässt sich nicht ermitteln, vielmehr bestimmte deren akkumuliertes Vermögen ihren Eheeintritt. Ein Sample von 53 Lübecker Testamenten des 14. Jh.s verweist auf eine mittlere Ehedauer von 13 Jahren, die längste Verbindung bestand 46 Jahre. Wiederheiraten nach Tod eines Ehepartners kamen häufig vor: unter Grundbesitzern heirateten 44 % als Witwer oder 40 % als Witwen. Das zügige Eingehen einer neuen Verbindung war sowohl aus Geschäftsinteresse als auch wegen der Versorgung der unmündigen Kinder notwendig. Noch im 18. Und 19. Jh. erlebten nur 40 – 60 % der Eltern die Eheschließung ihrer Kinder.
Vom Prinzip der Neolokalität lassen sich in Hansestädten Abweichungen konstatieren, und das junge Paar zog zeitweilig in das Haus der Mannesf.. Diese Mehrgenerationenf. in einem Haushalt beruhte auf vertraglichen Abmachungen, und war so eine grundlegend andere Konstellation als die unter patriarchalischer Gewalt stehende Großf. anderer Kulturen. In den Hansestädten finden wir auch temporär in den Städten weilende Geschäftspartner im Haushalt. Mobilität und Ortswechsel waren kein Durchgangstadium jugendlicher Kaufleute, vielmehr waren auch Frauen und Kinder in einen Ortswechsel involviert. Mitunter ist der Heimatort von Fernhändlern und ihren F.n schwer zu bestimmen.
670 Lübecker Mütter oder Väter bedachten im Mittel 2,1 eigene Kinder (Stralsund 2). Aus anthropologischen Studien wissen wir, dass ein Großteil der Kinder im ersten Lebensjahr starb. Vorsorglich inserierten Bürger und Bürgerinnen in ihre Willensverlautbarungen, eine Erbe erst bei Mündigkeit auszuzahlen. Das Schicksal von Waisen legte man in die Hände der nächsten Verwandten von Mutter- oder Vaterseite. Erst nach dem Schwarzen und Tod und der Pest 1367 mehren sich die Verweise, Kinder in einem Konvent oder einer Lehre unterzubringen.
Über emotionale Bindungen schweigen die Quellen, aber mit anderen Texten kontextualisierte Testamentsreihen signalisieren das Auftreten einer neuen Ehequalität zwischen 1350 und 1500. Bis 1349 wählten vor allem Ledige die testamentarische Erbregulierung, das Jahr 1350 bildete den Kulminationspunkt dieser Entwicklung. Danach erfolgte ein Umschlag: Nach 1967 stieg die Zahl der verheirateten Testatoren kontinuierlich an. Frauen ohne lebende Kinder wollten ihren Ehemann im Besitz ihres Erbes sehen. Zwischen 1300 bis 1400 wählten 60 % der Lübecker Testatoren in kinderlose Ehe ihre Ehefrau als Universalerbin, eine Randerscheinung in beerbter Ehe. Nach 1367 entschieden sich 17 % Männer mit mittleren Vermögen in beerbter Ehe ihren Besitz, auch ohne Widerspruch Dritter, in die Hände ihrer Witwe zu legen.
Bei der Elite blieb diesen Maßnahmen rar. Die Struktur innerstädtischen Arbeitens schuf offenbar eine stärkere Gewichtsverlagerung von der Verwandtschaft zur Ehe, während die weit verzweigte Verwandtschaft der Fernhändlerschicht und deren Interessen eine solche Schwerpunktsetzung nicht erlaubte.
Literatur: R. Hammel-Kiesow, „Herren der Hanse“, ökonomische Netzwerke und Proto-Globalisierung, in: Dortmund und die Hanse. Fernhandel und Kulturtransfer, hrsg. von Th. Schilp, B. Welzel, 2012, 17–3; B. Klosterberg, Zur Ehre Gottes und zum Wohl der Familie, 1995; G. Meyer, "Besitzende Bürger" und "elende Sieche", 2010; B. Noodt, Ehe im 15. Jh., HGBll. 121 (2003), 41-74; dies., Die “naringe” Lübecker Frauen im 14. Jh. Frauenarbeit in Handel und Handwerk, ZLGA 83 (2003), 9-51; dies., Religion und Familie in der Hansestadt Lübeck anhand der Bürgertestamente des 14. Jhs., 2000; M. Riethmüller, ‘to troste miner Seele’, 1992; J. Schildhauer, Hansestädtischer Alltag, 1992
Die Forschung unterscheidet die zumeist pflanzlichen F. der Textilfärberei von mineralischen und tierischen F., die im Mittelalter in der Malerei eingesetzt wurden. Letztere gehörten als Apothekerwaren nicht zu den typischen Großhandelswaren bzw. sind in hansischen Quellen wenig sichtbar. Hingegen setzt ein kaufmännischer Handel mit Textilfarben seit dem Aufkommen einer protoindustriellen europäischen Textilindustrie im 13. Jh. ein. Die Textilf. kamen gemahlen in Tonnen oder zu Ballen gepresst in den Fernhandel. Für die Färbung in Blau und für die Vorfärbung von Schwarz spielte der Waid die entscheidende Rolle. An seinem Vertrieb aus den Anbaugebieten in Thüringen und der Niederrheinregion waren hansische Händler beteiligt. Auch Färberkrapp, der für die Rotfärbung im nördlichen Seeland und in Schlesien angebaut wurde, findet sich in hansischen Handelsquellen. Weniger ausgeprägt hingegen scheint der Umschlag von Gelbfarbstoffen wie Wau (Anbau auch am Ober- und Mittelrhein) und Saflor aus Südeuropa gewesen zu sein. Allerdings fehlt es mit Ausnahme des Wau an neueren Forschungen.
Literatur: A. Engel, Farben der Globalisierung. Die Entstehung moderner Märkte für Farbstoffe 1500–1900, 2009; Farbe im Mittelalter, hrsg. I. Bennewitz, A. Schindler, 2 Bde., 2011; R. Scholz, Aus der Geschichte des Farbstoffhandels im Mittelalter, 1929; S. Stuckmeier, Die Textilfärberei vom Spätmittelalter bis zur Frühen Neuzeit (14.–16. Jh.), 2011.
Der Handel mit den F.n, wie Island, die Shetland- und Orkneyinseln ein Schatzland des dänisch-norwegischen Königs, war der Hanse wegen des Bergener Stapelhandels untersagt. Direkte Verbindungen sind aber im 15. Jh. nachweisbar (erstmals sicher in 1486), trotz oft wiederholter Beschwerden der Bergener Kaufleute und Verboten des Handels auf den Hansetagen. Die F. waren vor allem wichtig als Produktionsgebiet von Stockfisch. Ab der Verleihung der F. an Thomas Koppen aus Hamburg 1529 wurden die F. bis etwa 1557 fast jedes Jahr von Hamburg aus besegelt. Eine zweite Periode Hamburgischer Präsenz folgte mit der Verleihung der F. an dänische Faktoren in Hamburg in 1573-1592, in Kooperation mit dänischen Kaufleuten. Der deutsche Einfluss auf den F.n blieb, in Gegensatz zu Island und Shetland, beschränkt. Nur Tórshavn kann derzeit als einziger Handelsplatz sicher nachgewiesen werden.
Literatur: S. Arge, N. Mehler, Adventures far from home, in: Across the North Sea, hrsg. H. Harnow, D. Cranstone u.a., 2012, 175-86; L. Zachariasen, Føroyar sum rættarsamfelag 1535-1655, 1961.
Die T., das F. oder die Pipe in allen Ausführungen waren die Standardcontainer der Hansezeit. Sie wurden sowohl zum See- als auch zum Landtransport genutzt und enthielten sowohl trockene als auch liquide Waren. T. wurden durch städtische T.macher nach regionalen Normen produziert. Sie konnten nach Gebrauch zerlegt und neu genutzt werden. Die T.normen waren stets vom Inhalt definiert. Eine mittelalterliche T. hat damit kein einheitliches, modernes Äquivalent. Normierungsbestrebungen der Hanse blieben größtenteils erfolglos, doch gab es mit dem ‚Rostocker Band’ eine einheitliche Norm für Heringst. sowie u.a. Normierungen der Bier- und Salzt.
Literatur: C. Ashauer, Von einheitlichen Tonnen und Bändern, in: Aus hansischer und niederdeutscher Geschichte, 2022, 183-204; H. Witthöft, Umrisse einer historischen Metrologie zum Nutzen der wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschung, 1979.
Kein Text, wohl aber 73 Werktitel bezeugen für Lübeck Spiele in der Tradition der flandrischen F., welche die drei angesehensten Kaufleute-Vereinigungen zwischen 1430 und 1539 alljährlich auf einer fahrbaren Bühne, der borg, in der Stadt aufführten. Hierbei geht es meist um moralisierende Stoffe aus Bibel, Antike, Sage und Märchen. 1484 gaben die Zirkelbrüder das Stück Van der rechtverdicheyt. Die Weiterwirkung des Spiels über die Bedeutung dieser bürgerlichen Tugend im Gemeinwesen belegen das Henselyn-Buch (Lübeck, um 1500) und das mit Textzeilen versehene allegorische Gemälde, das damals die alte Kanzlei und heute den Rathausraum des St. Annen-Museums in Lübeck schmückt.
Literatur: E. Simon, Die Anfänge des weltlichen deutschen Schauspiels 1370-1530, 2003, 225-90.
- in Planung / Vorbereitung -
(est. Viljandi), Stadt und Burg des Deutschen Ordens wohl kurz nach 1217 entstanden. 1223 wurden durch Esten deutsche Kaufleute getötet, die vor der Ordensburg wohnten. Als Stadt erwähnt 1283. Vor 1285 erhielt F. Rigisches Recht (Bürgermeister und Stadtrat erwähnt 1385). Als Mitglied der Hanse (erwähnt 1405, 1434), lag F. am Wasserweg nach Pernau und in die Ruś (über Dorpat und d. Peipus-See). F. besaß eine Stadtmauer, 6 Kirchen, zahlreiche Steinhäuser. 1481 wurde der Ort durch Russen geplündert.
Literatur: C. Holst, Die Entwicklung der Stadt F. und ihrer Verfassung, 1864; F. Amelung, Geschichte der Stadt und Landschaft F. von 1210 bis 1625, 1898
Literatur: B. Kuske, Der Kölner F.handel vom 14.-17. Jh., Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 24 (1905), 227-313; C. Jahnke, “Und ist der fisch- und Heringsfangh das Erste beneficium...”, Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 122 (1997), 289-321.
F. sind eine städtische Berufsgruppe, die wesentlich zur Versorgung mit Fastenspeisen beitrug. War Fischerei schon in Haithabu und in slawischer Zeit ein wesentliches Merkmal, so nahm die Bedeutung mit der Christianisierung wesentlich zu. Zur Versorgungssicherung versuchten die Städte, Wasserflächen in Stadtnähe zu monopolisieren und diese durch städtische F. befischen zu lassen. Diese Fischer gehörten zumeist zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen, bestanden östlich der Elbe teilweise aus assimilierten Slawen und wohnten oft in gesonderten Stadtbereichen (Kiez, slawische Fischersiedlung). Die F. hatten den städtischen Markt mit frischem Fisch zu versorgen, und sie unterstanden der städt. Aufsicht. Neben den städtischen F. gab es auch die freie Marktfischerei der ➝ Schonischen Messen, auf denen sich jährlich ca. 40.000 F. einfanden. Die Zusammensetzung der Gruppe war vielschichtig und umfasste auch nichtstädtische F.
Literatur: C. Jahnke, „Und ist der fisch- und heringsfang das Erste beneficium..." - Städtische und freie Marktfischerei im mittelalterlichen Ostseeraum, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 122 (1997), 289-321; ders., Das Silber des Meeres. Fang und Vertrieb von Ostseehering zwischen Norwegen und Italien (12.-16. Jh.), 2000.
Literatur: V. Niitemaa, Der Binnenhandel in der Politik der livländischen Städte im Mittelalter, 1952, 347-49; C. Reinicke, Art. F., Lexikon des Mittelalters 4, 509-10
Die Grafschaft F. zählte seit dem 13 Jh. zu den wichtigsten Handelsgebieten hansischer Kaufleute, die die Region an der Nordsee über Land (Rheinland) wie über See erreichten. Hansekaufleute exportierten in die Städte F.s Getreide, Pelze, Bier, Kupfer, Wachs, Holz, Eisen und kauften flämische Tuche. Neben dem wichtigen Handelsplatz → Brügge mit dem hansischen Kontor frequentierten sie auch die Messen von Torhout und Ypern. In der Hansehistoriographie erlangte die so genannte F.blockade Berühmtheit: Das hansische Kontor verlegte 1358 seinen Sitz von Brügge nach Dordrecht, um eine Bestätigung seiner Privilegien zu erreichen. Damals bezeichneten sich die Repräsentanten der Städte erstmals selbst mit dem Namen „Deutsche Hanse“, um ihren Zusammenhalt zu signalisieren. Schon mit → Kontorverlegungen nach Aardeburg (Zeeland) 1280-82 und 1307-1309 hatten die Hansekaufleute Privilegien bzw. deren Bestätigung von den vier Leden von F. (das heißt den vier Gliedern Brügge, Gent, Ypern, Freiamt Brügge) erzwingen können. Seit 1384 gehörte Flandern zum Herrschaftsgebiet des Herzogs von → Burgund. Seitdem waren Kontorverlegungen (1388-92 nach Dordrecht, 1451-57 nach Deventer) von weniger Erfolg gekrönt. Die Kontorverlegungen wurden häufig von kriegerischen Konflikten ausgelöst, die den Handel in F. störten, wie etwa dem → Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich (1337-1453) und den Nachfolgekämpfen in der Grafschaft Flandern. Im späten 15. Jahrhundert stieg → Antwerpen anstelle von Brügge zum wichtigsten Handelsplatz in Nordwesteuropa auf und wurde seinerseits hundert Jahre später von Amsterdam abgelöst. Damit wurden Brabant bzw. die nördlichen Niederlande auch für Hansekaufleute zur wichtigeren Handelsregion.
Literatur: H. Samsonowicz, Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Flandern, Polen und Preußen, in: Hansekaufleute in Brügge, 4, hg. N. Jörn u.a., 2000, 309-18; D. W. Poeck, Kontorverlegungen als Mittel hansischer Diplomatie, ebd., 33-53; A. Greve, Brügger Hosteliers und hansische Kaufleute: Ein Netzwerk vorteilhafter Handelsbeziehungen oder programmierte Interessenkonflikte?, in: ebd., 151-61; R. Holbach, „…seulement pour les Oosterlincx“. Über die Beziehungen zwischen hansischen Kaufleuten und flandrischen Tuchproduzenten, in: Norwegen und die Hanse, hg. V. Henn, 1994, 73-94.
Analog zu anderen Fahrerkompagnien (Bergenfahrer, Schonenfahrer) vereinigte die Kompagnie der F. diejenigen Kaufleute einer Stadt, die mit Flandern Handel trieben. Kaufleute konnten mehreren Fahrerkompagnien angehören. F. lassen sich seit dem Ende des 14. Jh.s nachweisen. In Lübeck wie in Hamburg gehörte die F.kompagnie zu den prestigeträchtigen Gesellschaften, denen zahlreiche Ratsmitglieder angehörten. Die Lübecker F. wurden in Asmussens Studie umfassend prosopographisch erfasst. In Hamburg zählten die F. mehr Mitglieder als die beiden anderen Fahrerkompagnien der England- und Schonenfahrer (im Durchschnitt 62 in der zweiten Hälfte des 15. Jh.s), außerdem sollen ihr die reichsten Bürger Hamburgs angehört haben. Nicht alle Mitglieder der Gesellschaft trieben tatsächlich Handel mit Flandern, und nicht alle Kaufleute, die nach Flandern handelten, gehörten der F.gesellschaft an. Die Mitglieder zahlten einen Beitrag, der insbesondere zur Ausgestaltung von Festlichkeiten verwendet wurde, die zwei Schaffer organisierten. An der Spitze der Hamburger F. standen 6-8 Älteste, die über Neuaufnahmen entscheiden durften. Die Gesellschaft bestand noch bis 1889, besaß zu diesem Zeitpunkt aber schon lange keine Bedeutung mehr.
Literatur: Georg Asmussen, Die Lübecker F. in der zweiten Hälfte des 14. Jh.s (1358-1408), 1999; Jürgen Bolland, Die Gesellschaft der F. in Hamburg während des 15. Jh.s, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 41 (1951), 155-88.
Flandern gehörte schon früh zu den wichtigsten Zielen des Handels niederdeutscher Kaufleute, so dass man sich um rechtliche Absicherung bemühte. Bereits 1252/1253 erwirkten Gesandte der Städte Lübeck und Hamburg im Auftrag weiterer Städte eine weitreichende Privilegierung durch Gräfin Margarethe von Flandern, die trotz ausbleibender Bestätigung entsprechender Rechte in den niederdeutschen Städten fortan den Kern der F. bildete. Dazu gehörten die Befreiungen von Zöllen, vom Strandrecht, vom gerichtlichen Zweikampf und von der Haftung für Dritte. Eine ebenfalls geplante eigene Ansiedlung in Damme ließ sich nicht umsetzen. 1282 und 1309 wurden die hansischen Privilegien in Flandern durch Blockaden und den Auszug aus Brügge verfestigt und erweitert. So erfuhr der Zusammenschluss der Kaufleute im Kontor zu Brügge rechtliche Anerkennung. Die Kaufleute konnten sich versammeln, eigene Statuten geben und mit Ausnahme der Blutgerichtsbarkeit rechtliche Konflikte untereinander klären. Nach einer erneuten Blockade gelang 1360 die Ausweitung der hansischen Privilegien auf ganz Flandern. Zudem durften die niederdeutschen Kaufleute ihre Waren jetzt auch in kleineren Mengen anbieten und mit anderen Gästen Handel treiben. Damit wurden die Hansekaufleute zur am besten privilegierten Händlergruppe in Brügge. Die weitgehenden F. führten jedoch in der Folge immer wieder zu Konflikten, unter anderem 1388/1392 und 1451/1457. Blockade und Auszug verloren dabei zunehmend an Wirkung. Mit dem wirtschaftlichen Niedergang Brügges seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kamen immer weniger Kaufleute in die Stadt, so dass das Kontor schließlich 1520 nach Antwerpen verlegt wurde. Die Stellung der Hansekaufleute in Antwerpen beruhte auf Privilegien der Herzöge Johann II. und Anton von Brabant von 1315 und 1409, die grundsätzlich den F. entsprachen. Das Kontor in Antwerpen schloss aber ebenso an die in Brügge erworbenen F. an.
Literatur: P. Stützel, Die Privilegien des deutschen Kaufmanns in Brügge im 13. und 14. Jahrhundert, HGBll. 116, 1998, 23-63; V. Henn, Entfaltung im Westen: „Hansen“ auf den niederländi-schen Märkten, und: ders., Wachsende Spannungen in den hansischen-niederländischen Be-ziehungen, in: Die Hanse, Lebenswirklichkeit und Mythos, hrsg. J. Bracker u.a., 1998, 50-57, 95-104; K. Bahr, Handel und Verkehr der deutschen Hanse in Flandern während des 14. Jhs., 1911; W. Stein, Über die ältesten Privilegien der deutschen Hanse in Flandern und die ältere Handelspolitik Lübecks, HGbll. 30, 1902, 51-133.
F.s nachweisbare Zugehörigkeit zur Hanse fällt in die Jahre zwischen 1368 und 1525; seine Handelsaktivitäten berührten die Hanse aber schon früher. Handelsbeziehungen bestanden in Richtung Preußen, Schlesien, Böhmen, nach Westen in Richtung Brandenburg, Hamburg und Flandern, oderabwärts nach Stettin und zu den hansischen Seestädten. Belegt sind die Einfuhr von Hering, Salz, Tuch, Leinwand, Honig, Wachs, Gewürzen, Kupfer, Eisen, Blei sowie die Ausfuhr von Getreide, Holz, Flussfischen und Wein. Zwar hat sich F. in hansischen Angelegenheiten nicht in besonderer Weise hervorgetan, dennoch hat die Stadt Spuren in der hansischen Geschichte hinterlassen: Nach dem Beschluss einer Versammlung der wendischen Städte in Wismar sollte F. 1368 aufgefordert werden, zum Nutzen des gemeinen Kaufmanns Fürsten und Herren dazu zu bewegen, den dän. König Waldemar Atterdag nicht zu unterstützen. 1398 war F. an der Vertreibung von Seeräubern von der Insel Gotland beteiligt. Die auf den Hansetagen 1430 und 1443 beschlossenen → Tohopesaten wurden von F. unterstützt. 1434 bat die Stadt Lübeck und die Hanse, ihr gegen Stettin beizustehen, das seit Jahren nach Belieben den Oderstrom sperrte. 1452 wurde F. neben anderen Städten beschuldigt, das Verbot des Handels mit flandrischen Waren nicht befolgt zu haben. In der 2. Hälfte des 15. Jh. gehörte F. zu den Städten, die zu den hansischen Tagfahrten geladen wurden, diesen aber fernblieben oder keine bevollmächtigten Vertreter entsandten; seit den 1480er Jahren verzichtete F. auch darauf, seine Interessen durch benachbarte Kommunen mitvertreten zu lassen. In die Matrikelliste der auf dem Bremer Hansetag 1494 beratenen Tohopesate wurde F. nicht aufgenommen, 1506 allerdings ohne eigene Taxe nachgetragen (HR III, 5, 116). Nach dem Bericht der Danziger Ratssendeboten wurde diese Liste auf dem Lübecker Hansetag 1518 noch einmal verlesen (mit F.; HR III, 7, 113 § 77), doch war auf derselben Tagfahrt beschlossen worden, F. nicht mehr zu den Hansetagen zu laden (HR III, 7, 108 § 292). Als 1525 für das Londoner Kontor eine Liste derjenigen Städte erstellt werden sollte, deren Kaufleute die hansischen Freiheiten nicht mehr genießen sollten, gehörte auch F. dazu.
Literatur: E. Engel, K. Sauerwein, F., in: Städtebuch Brandenburg und Berlin, hrsg. E. Engel, L. Enders u.a., 2000, 163-82; E. Engel, F. und die Hanse, in: Frankfurter Jb. 2003/04, 39-49.
Die Handelsbeziehungen zwischen F. und den Hansestädten dauerten beinahe sieben Jh. an. In der Mitte des 13. Jh. fanden sich hansische Kaufleute auf den Messen der Champagne; in der Mitte des 19. Jh. (1865) unterzeichneten die letzten drei verbliebenen Hansestädte und F. einen Handelsvertrag, welcher als der späte Nachfolger der den Hansemitgliedern seitens F.s regelmäßig verliehenen „Privilegien“ betrachtet werden kann. 1291 hatte Philipp IV. „der Schöne“ den Bürgern Hamburgs und Lübecks ein erstes Privileg zugestanden, welches 1293 auf die Kaufleute Rostocks, Wismars, Stralsunds, Kampens, Gotlands, Elbings und Rigas ausgedehnt wurde. Zu Beginn des 13. Jh. lieferten Lübecker nach Paris Pelze und Schwerter, gleichzeitig entwickelten aber die Hansekaufleute an der französischen Westküste entlang, und zwar von Calais (damals englisch) und der Picardie ausgehend über die Normandie, die Bretagne und das Poitou (Gegend um La Rochelle) bis hinunter nach Aquitanien, massiv ihren Handel, indem sie Getreide, Heringe, Metalle, Holz, Leder, Lein- und Hanffasern oder -samen nach F. brachten, und nach Norden lokale Produkte, in der Hauptsache Wein und Salz, sowie typische Produkte der Mittelmeerregion (Früchte, Oliven) wieder mit zurücknahmen. Mit den Großen Entdeckungen kamen dann auch verstärkt Kolonialwaren, etwa Zucker und Gewürze, zuerst aus den iberischen, dann aus den französischen Kolonien über die hansischen Kaufleute in das Baltikum und den restlichen Norden. Wenngleich bis zum Ende des Mittelalters Brügge die Drehscheibe für diese Produkte war, abgelöst später von Antwerpen, sieht man ab Ende des 13. Jh. hansische Schiffe (aus wendischen, preußischen oder livländischen Städten) in französische Häfen ankommen, und zwar zu Hunderten, um dort Weine der Loire oder der Guyenne und das graue Salz der Baie de Bourgneuf und später aus Brouage oder von der Île de Ré zu laden. Im 17. Jh. schließlich hatte der hansische Handel mit F. derartige Ausmaße angenommen, dass Kaufmannskolonien aus Hamburg, Lübeck oder Danzig, vor allem in Bordeaux, wo die Hanse seit dem Mittelalter eine Faktorei unterhielt, aber auch in anderen Häfen entlang der französischen Küste entstanden waren. Zwar liefen die französischen Handelsschiffe und Händler sowohl im Mittelalter als auch in der Neuzeit die hansischen Häfen recht wenig an, außer zu Zeiten der schweren Getreideknappheiten Ende des 16. / Anfang des 17. Jh. (vor allem 1587), jedoch spielten die holländischen Händler ab dem 16. Jh. eine wesentliche Rolle im Handel zwischen F. und Nordeuropa. Als F. unter Ludwig XIV. schließlich versuchte, ohne die holländischen Händler auszukommen, wandte es sich den Hansen zu. Diese Verhandlungen führten zu den Marine- und Handelsverträgen von 1655 und 1716 zwischen F. und den Hansestädten, die die hanseatische Neutralität auch im Kriegsfall zwischen F. und dem Reich anerkannten.
Literatur: Die Beziehungen zwischen F. und den Hansestädten Hamburg, Bremen und Lübeck, hrsg. I. Richefort, B. Schmidt, 2006; P. Pourchasse, Le commerce du Nord, 2006; I. Félicité, Négocier pour exister, Thèse Paris 2012.
In den Hansekontoren oder auf Hansetagen existierten keine F. Die Register der Hanserezesse listen zwar gelegentlich Adelige, aber keine Bürgerinnen auf. Hansestädterinnen galten dennoch nicht als bloße „Einwohnerinnen“, sondern erwarben das Bürgerrecht und somit das Privileg ‚Stadtluft macht frei‘, wie das Bremer Stadtbuch betont. Die hohe Zahl der in das Bremer und Coesfelder Bürgerbuch eingetragenen F. beruhte auf der Praxis, beide Ehepartner als Neubürger aufzunehmen. Im Umkehrschluss heißt dies, dass andernorts Ehef. oder Witwen aufgrund ihrer Ehe automatisch das Bürgerrecht erhielten. Die Hansestädte Lübeck, Bremen und Coesfeld gingen so weit, F. in abhängiger Stellung (Magd) in die Bürgerlisten aufzunehmen.
Sowohl das Lübecker als auch der Magdeburger Rechtskreis sowie individuelle Stadtrechte entzogen F. zeitlebens die Rechtsfähigkeit, und stellten sie zunächst unter Vormundschaft der nächsten männlichen Verwandten und später dann der des Ehemannes. Das Magdeburger Recht setzte besonders patrilineare Normen, indem es die Witwe unter die Kuratel der Verwandten des Mannes stellte. F., gleich welchen Standes, durften nur mit Konsens und Rat der Provisoren testieren. Witwen blieb es verwehrt, ohne Zustimmung der Verwandten eine neue Ehe einzugehen. Bei Zuwiderhandlung mussten sie nach lübischem Recht mit Vermögensverlust und einer Strafe von zehn Mark lüb. rechnen. Zwar schuldeten F. ihrem Mann „Gehorsam“, dessen gewalttätiges Einklagen zog im lübischen Recht jedoch eine Geldstrafe oder Stadtverweisung nach sich.
Unter rechtlich gebundenem Erbgut verstand das lübische Recht einen ererbten Besitz in Form von Liegenschaften. In kinderloser Ehe hatte die Ehefrau Anspruch auf die Hälfte des Erbguts des Mannes, von seinem Erworbenen konnte er sie mit ein paar Brotsamen abfinden. In der beerbten Ehe wurde alles, einschließlich der Mitgift und alle Realien – auch Schmuck, Kleidung, Hausrat – als gemeinschaftliches Erbe der Kinder und der Witwe angesehen. Deswegen sprachen Ehemänner in den Testamenten aus Hansestädten meistens ihren F. deren Kleidung, Schmuck und Hausrat vorab zu.
Eine fundamentale Rolle in den vermögenden Schichten spielte die Mitgift einer Frau. Jene begründete den Status der Braut und den des Ehepaares in der Stadt, schuf Vertrauen bei Geschäftspartnern und vergrößerte den Kredit. Sie diente zugleich der Absicherung der Witwe, und ermöglichte es ihr, eine neue standesgerechte Ehe einzugehen. Alleinige Besitzerin dieses Vermögens blieb die Ehefrau, das ihr im Todesfalle des Mannes vorrangig vor allen anderen Arrangements zu erstatten war. Während der Ehedauer unterlag jenes Kapital der Verfügungsgewalt des Mannes. Obgleich verpflichtet, dieses Vermögen gewissenhaft zu verwalten, konnte der Mann damit nach eigenem Gutdünken verfahren. Missbrauch kam durchaus vor. Das Magdeburger Recht kannte noch die „Morgengabe“: eine Schenkung, die der Ehemann der Frau nach vollzogener Ehe als Wittum machte. Eine Besonderheit des Lübecker Rechts sind die spelpennighe, ein Sondervermögen der Frau, auf das der Partner keinen Zugriff hatte. Insbesondere F. aus der ratssässigen Oberschicht verfügten über Sondervermögen, dessen Zweck das letztwillige Verschenken war.
Das Lübecker Recht gestattete es keiner Frau, autonom mehr als driddehalve Pfennige zu verpfänden, verkaufen oder zu vergeben. Es sei denn, dass sie kopsschat hätte. Diese Kauffrau arbeitete nicht als feminines Äquivalent des Hansekaufmannes, sondern der Lübecker Oberhof sprach dieses Attribut allen berufstätigen F. zu, auch Schankwirtinnen oder gar eine frowken van eventuer. Diese Sachlage war nicht nur von Vorteil, denn er verpflichtete die Kauffrau, nicht nur für ihre Schulden, sondern auch für diejenigen ihres Mannes, zu haften.
Die „Kauff.“ in den Hansestädten arbeiteten vor allen Dingen als Krämerinnen, die Waren en Detail im Familienbetrieb anboten. Krämer organisierten sich in den meisten Städten zünftig, ob Frauen dort eigenständig in die Rolle aufgenommen wurden, unterschied sich von Stadt zu Stadt. Von den eher gutsituierten Krämerinnen sind die Hökerinnen zu unterscheiden: Frauen, die mit Lebensmitteln oder Kleinstgütern handelten. Die Geschichte von Frauenarbeit in Städten ist eine von kaum qualifizierter, schlecht bezahlter und gering geachteter. In den einschlägigen seriellen Quellen tauchen F. vor allem als in Werkstätten, Läden, Marktständen oder Haushaltungen abhängig arbeitende Mägde auf.
Status gewannen F. in der „Familienökonomie“. Die Ehef. der Fernhändler führten während der ausgedehnten Abwesenheit ihrer Männer die Geschäfte vor Ort. Jene waren die versierten und entscheidungsbefugten „Kauff.“, ohne deren Mitwirkung sich die Geschäfte kaum führen ließen. F. aus der städtischen Elite waren „Hausf.“ im Sinne von Haus-Herrinnen. Der Haushalt dieser Kaufleute beschäftigte zudem eine Vielzahl an Personal, im Kontor wie im Haushalt.
F. konnten indes ein Gewerbe eigenständig betreiben, das ihre Reputation als Angehörige der Oberschichten nicht beschädigte: Die Luxusproduktion von Textilien. In diesem Segment des Textilgewerbes erreichten Kölner F. eine geachtete Position mit eigenen „F.zünften“. Auch diese Zünfte fungierten nicht als Auffangbecken alleinstehender F., sondern jene kamen weitgehend aus angesehenen Fernhändler-Familien. Lübecker Testatorinnen sind ebenfalls als unabhängige Textilwerkerinnen und Seidenweberinnen zu identifizieren. Da ein Kapital von 100 bis 200 Mark lübisch als nötig erachtet wurde, damit eine Frau sich nach Art angesehener Menschen ernähren könne, stand das Gewerbe wohl nur F. der Oberschicht offen.
F. taten sich in besonderer Weise als Stifterinnen hervor: Des Öfteren legten Testatoren die Sorge um ihr ewiges Leben gänzlich in die Hände ihrer Ehefrauen. Eine andere Funktion kam Frauen als jungfräulichen Beterinnen für ihre Familien zu. Die Entscheidung für Kloster oder Ehe trafen Mütter oder weibliche Verwandte. In der Regel begannen Mädchen ihr geistliches Leben zwischen 6 und 10 Jahren, vorzugsweise in einer Institution in oder in der Nähe der Stadt, wo die Novizinnen Tanten, Schwestern und Cousinen begegneten und sich ihnen die Aussicht auf Bildung bot. Eine besonders im Hanseraum verbreitete Form der weiblichen Frömmigkeit entstand mit der Bewegung der Beginen. Sie lebten überwiegend in Konventen ohne geistliche Gelübde in Keuschheit und Armut und gingen in der Regel einer Arbeit nach. Allein in Köln gab es über 100 Beginen-Konvente.
Hansestädterinnen, aus eigenem Antrieb oder im Auftrag wohlhabender Testatoren, pilgerten auch an die Heiligen Stätten. Sie besuchten nicht nur die nahegelegenen Heiligtümer, sondern auch das ferne Rom. Berühmtheit erlangten einige bürgerliche F. aus dem Hanseraum wegen ihrer mystischen Erlebnisse, etwa die Danziger Bürgerin Dorothea von Montau und Margery Kempe, eine Engländerin aus dem Hansestützpunkt Bishops Lynn.
Quellen: Das alte lübische Recht, hrsg. J. F. Hach, 1839: Hamburgische Rechtsalterthümer, hrsg. J. M. Lappenberg, 1845.
Literatur: K. Arnold, F. in den mittelalterlichen Hansestädten, HGBll. 108 (1990), 53-64; E. Ennen, Die Frau in der mittelalterlichen Stadtgesellschaft, HGBll. 98 (1980), 1-22; B. Klosterberg, Zur Ehre Gottes und zum Wohl der Familie, 1995; E. Labouvie, Zwischen Geschlechtsvormundschaft und eingeschränkter Rechtsfähigkeit, in: Grundlagen für ein neues Europa, hrsg. H. Lück, M. Puhle et al., 2009, 117-140; G. Meyer, "Besitzende Bürger" und "elende Sieche", 2010; B. Noodt, Ehe im 15. Jh., HGBll. 121 (2003), 41-74; dies, Die “naringe” Lübecker F. im 14. Jh. F.arbeit in Handel und Handwerk, ZLGA 83 (2003), 9-51; dies, Religion und Familie in der Hansestadt Lübeck anhand der Bürgertestamente des 14. Jhs., 2000; M. Riethmüller, ‘to troste miner Seele’, 1992; B. Studer, F. im Bürgerrecht. in: Neubürger im späten Mittelalter, hrsg. R. Gerber, B. Studer et al., 2002, 169-200; S. Wegelage, Menschen und Vermächtnisse, 2011; M. Wehrli-Johns, Religiöse Bewegung oder Sozialidee der Scholastik, in: Fromme F. oder Ketzerinnen, hrsg. C. Opitz, M. Wehrli-Johns, 1998, 25-51; M. Wensky, Die Stellung der Frau in der stadtkölnischen Wirtschaft im Spätmittelalter, 1980.
Die 1272 erstmals erwähnte gräflich-arnsbergische Gründung F (heute Stadtteil von Meschede) erhielt erst 1364/66 den rechtlichen Status einer unbefestigten Freiheit (mit vermindertem Lippstädter Recht); iudices sind aber schon seit 1279 bezeugt. Wirtschaftlich spielte der Ort, der auch kein Marktrecht besaß, keine nennenswerte Rolle. Im 16. Jh. gehörte F. zu denjenigen kleinen und Kleinststädten, die das 1469 von Soest als hansische Beistadt beanspruchte Arnsberg nun seinerseits zu seinen hansischen Beistädten erklärte, ohne dass dies allerdings hansisch relevant geworden wäre.
Literatur: M. Wolf, Freiheit Freienohl 1272-1975, 1985; W. Ehbrecht, Territorialwirtschaft und städtische Freiheit in der Grafschaft Arnsberg, in: E. Meynen (Hrsg.), Zentralität als Problem der mittelalterlichen Stadtgeschichtsforschung, 1979, 125-79; J. Foken, Erstarrtes Mittelalter: Die Städte und Freiheiten des Herzogtums Westfalen in der Frühen Neuzeit, in: H. Klueting (Hrsg.), Das Herzogtum Westfalen, 1, 2009, 363-417; Westf. Städteatlas, Lfg. 5/3 (M. Wolf, 1997).
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Als F. (eigentlich: Befriedungsschiffe: navi bzw. liburni ad mare pacificandam; vredeschepe, vredecoggen, schepe de zee to bevredende) bezeichnete man die von einzelnen oder mehreren Städten aufgebotenen Kriegsschiffe, die aus dem -> Pfundzoll finanziert wurden und oft von Ratsherren der jeweiligen Stadt befehligt wurden. Jede Kogge wurde dabei wohl von mehreren kleineren Schiffen begleitet. Die F. sollten durch Seepatrouillen die zeerover genannten Gewaltakteure zurückdrängen. Dabei ging es oft weniger um die wirkungsvolle Herstellung von Frieden, sondern um den Schutz der Kaufleute vor Übergriffen durch die autonom agierenden Fehdehelfer in den Kriegen der fürstlichen Anrainer von Nord- und Ostsee. Freilich wurde die Bezeichnung auch für offensive Kriegseinsätze verwendet, die weit über „polizeiliche“ Maßnahmen hinausgingen. Die Bezeichnung tritt um 1340 im Zusammenhang mit den Konflikten nach der Thronbesteigung Kg. Waldemars IV. von Dänemark auf (erstmals wohl 1339 in Lübeck). In den Kriegen gegen Waldemar IV. 1361 und ab 1367 unterschied man die F. aus städtischem Aufgebot von der restlichen Flotte der Verbündeten und ihrer Helfer. 1376 und ab 1380 wurden F. gegen die Helfer der Dänen und Mecklenburger im Krieg um die dänische Krone ausgerüstet. Zwischen 1390 und 1412 verhandelte man auf den Hansetagen beinahe alljährlich über die Aussendung von F. Dabei standen immer wieder die unterschiedlichen Interessen zumal der preußischen und wendischen Städte gegeneinander, so dass entsprechende Pläne oft nicht oder nur unvollständig umgesetzt wurden.
Nach 1418 tritt der Begriff zunächst nur mehr in den wiederholt beschlossenen „Statuten“ der Hansetage auf, wo es um die Modalitäten der Beuteteilung aus der „zeerover“-Bekämpfung geht (1412, 1417, 1418, 1447): Während eigenständige Gewaltunternehmer sich den Ertrag teilen durften, sollten F. Ladung und Schiffe den Eigentümern zurückerstatten. Zu einer erneuten Konjunktur der Bezeichnung kam es ab 1458, als sowohl für die Abwehr englischer Angriffe auf die Flandernfahrt als auch im Kampf gegen den abgesetzten König Erich von Pommern in den wendischen Städten (und in Dänemark) erneut F. ausgerüstet wurden. 1463 rüstete Lübeck gegen Übergriffe beider Seiten im Preußischen Krieg (1454-1466) F. aus. Zwischen 1469 und 1473 kam es im Krieg gegen England zum Einsatz von F. durch die wendischen Städte. 1480 rüsteten Hamburg und Lübeck im Zusammenhang mit Kriegen in Burgund und Friesland F. aus.
Wie lange dieses allzeit umstrittene und nur begrenzt wirksame militärische Instrument in Gebrauch war, bliebe zu untersuchen. Zu unterscheiden sind F. von den durch private Investoren ausgerüsteten und von kommerziellen Gewaltunternehmern im Auftrag der Städte geführten „Ausliegern“, die eher der Durchsetzung z.B. von Handelsblockaden dienten.
Literatur: Konrad Fritze/Günter Krause: Seekriege der Hanse, 1997; Teichmann, Fritz: Die Stellung und Politik der hansischen Seestädte gegenüber den Vitalienbrüdern, 1931; Detlev Ellmers, Die Schiffe der Hanse, in: Wilfried Ehbrecht (Hg.): Störtebeker, 2005, S. 153-67, hier bes. S. 162 f.
(* 28. 6. 1920 in Erfurt, † 21. 3. 2010 in Kiel). Nach dem Abitur trat F. 1938 als Offiziersanwärter in die Kriegsmarine ein, wo er u. a. als U-Boot-Kommandant Dienst tat. Sein Studium der Geschichte und der Klass. Philologie, das er schon vor Kriegsende aufgenommen hatte, setzte er nach 1945 in Kiel und Oxford fort; 1952 wurde er mit einer von W. Koppe betreuten Diss. über die Auseinandersetzungen der Stadt Lüneburg mit ihren Stadt- und Landesherren im 16. Jh. promoviert. Von 1952 bis 1962 war F. im Schuldienst in Göttingen tätig, wurde 1962 an das Archiv der Hansestadt Lübeck berufen und war von 1970 bis zu seiner Pensionierung Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek in Kiel. 1971 wurde er zum Honorarprofessor für Hist. Hilfswissenschaften an der Univ. Kiel ernannt. Schon in den Göttinger Jahren veröffentlichte er grundlegende Studien zu verschiedenen Aspekten der hansischen Geschichte und übernahm 1958 die Bearbeitung des 2. Bandes der 4. Abt. der Hanserezesse (erschienen 1970). Seit 1963 gehörte F. dem Vorstand des HGV an. Die von ihm initiierten Kontorskolloquien in Bergen (1970), London (1974), Visby (1984), Brügge (1988) und Novgorod (1992) trugen wesentlich zur Internationalisierung der Vereinsarbeit bei, die er auch als Präsident der International Commission for Maritime History förderte. Von 1976 bis 1994 war F. verantwortlich für den Aufsatzteil der HGbll.
Literatur: Nachruf in: HGbll. 128 (2010), V-VII (M. North); Schriftenverzeichnis (bis 1994) in: K. Friedland, Mensch und Seefahrt zur Hansezeit, hrsg. A. Graßmann u. a., 1995, 322-35.
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geb. 08.08.1930 in Bernburg, gest. 14.01.1991 in Greifswald. Nach dem Studium von Jura in Berlin und Geschichte in Greifswald 1953 Assistent, 1958 Oberassistent, 1964 Dozent und 1969 Prof. für Allgemeine Geschichte in Greifswald. F. promovierte zur Geschichte Stralsunds im 13.-14. Jh. und habilitierte sich zur Blütezeit der Hanse, die er als Wendepunkt der Hansegeschichte charakterisierte. Er veröffentlichte u.a. zu den Seekriegen und Persönlichkeiten der Hanse sowie zu den Beziehungen zwischen Bürgern und Bauern.
Quellen: Werke: Die Hansestadt Stralsund. Die beiden ersten Jahrhunderte ihrer Geschichte, 1965; Am Wendepunkt der Hanse, 1967; (mit J. Schildhauer, W. Stark), Die Hanse, 1974; Mithg. der Hansischen Studien.
Literatur: E. Engel, F., in: Biographisches Lexikon für Pommern II., 2015, 108-12.
„Die F.“ gab es genauso wenig wie „die Hanse“. Mitglieder der Familie F. aus Augsburg schlossen sich im Laufe des 14. bis 16. Jh.s zu verschiedenen Handelsgesellschaften zusammen, die regelmäßig erneuert werden mussten. Zu den berühmtesten Mitgliedern der Familie F. zählen Jakob F. „der Reiche“ (1469-1525) und Anton F. (1493-1560). Ihre Mitgesellschafter, Bevollmächtigten und Handelsdiener waren in zahlreichen europäischen Städten vertreten. Im nördlichen Europa waren die f.schen Handelsgesellschaften in zwei Sparten aktiv: Erstens betrieben sie Kupferminen in Ungarn und exportierten das Kupfer vor allem über Danzig in das europäische Handelszentrum Antwerpen. Zweitens übernahmen sie Finanztransaktionen insbesondere für die päpstliche Kurie und überwiesen kirchliche Steuern und Abgaben aus dem Norden nach Rom. In Lübeck (seit 1496), Breslau (1495), Danzig und Stettin (seit 1502) hielten sich deshalb f.sche Bevollmächtigte auf, die selbst meist aus Nordeuropa stammten. Als die Fugger außerdem im 16. Jh. einen Pfefferkontrakt mit der portugiesischen Krone schlossen, handelten sie den aus Indien importierten Pfeffer über Lübeck, Hamburg und Amsterdam. Vor allem im Pfefferhandel wurde der f.schen Handelsgesellschaft Monopolhandel unterstellt, der die Preise in die Höhe schnellen lasse und damit gerechte Preise verhindere. Entsprechende Auseinandersetzungen vor den Reichstagen im ersten Drittel des 16. Jh.s, die gerade Lübeck vorantrieb, blieben aber ohne Ergebnisse. Im späten 16. Jh. mussten sich die Erben von Anton F. (ähnlich wie die Hansekaufleute) mit schwierigeren weltwirtschaftlichen Bedingungen auseinandersetzen, bis sie sich Mitte des 17. Jh.s aus dem Handel zurückzogen.
Literatur: M. Häberlein, Die F.: Konkurrenten der Hanse im Ostseeraum? in: Hansischer Handel im Strukturwandel vom 15. zum 16. Jh., hrsg. R. Hammel-Kiesow, S. Selzer, 2016, 49-65; ders., Die F. Geschichte einer Augsburger Familie (1367-1650), 2006; Pierre Jeannin, Le cuivre, les F. et la Hanse, in: Annales10 (1955), 229-36.
Dabei handelt es sich um eine Warenmenge, die sowohl der Schiffer als auch die anderen Besatzungsmitglieder (→ Seeleute) auf ihren Schiffen kostenlos über See bringen und damit Handel treiben durften. Die F. konnte die Heuer ersetzen oder ergänzen. Der Ladungsanteil war gestaffelt nach Qualifikation und damit Stellung der Seeleute an Bord. Die Art der Waren konnte abhängig vom Frachthafen sein. Die Mehrheit der Besatzungsmitglieder trat gegen Zahlung der Transportgebühr, der Fracht, den dafür erforderlichen Laderaum an Kaufleute sowie an andere Seeleute ab. Verschiedentlich stiegen Letztere durch den Eigenhandel sozial auf. Seit Ende des 16. Jh. wurden Art und Menge der F. weiter reglementiert beziehungsweise durch Geldzahlungen in fester Höhe ersetzt (im → Seerecht).
Literatur: T. Brück, Der Eigenhandel hansischer Seeleute vom 15. bis 17. Jahrhundert, HGbll. 111 (1993), 25-41.
Im Zuge der Osnabrückischen Territorialisierungsbestrebungen wurde um 1342 die gegen Tecklenburg gerichtete Burg Fürstenau angelegt. Westlich der Burg entstand auf ca. 6 ha Fläche eine planmäßige, befestigte Marktanlage, deren Weichbildrecht 1402 bestätigt wurde. 1380 sind Wall, Graben und Tore belegt, im 16./17. teilweise auch Mauern. Zeitenweise ist der Ort im 16./17. Jh. bischöfliche Residenz. Im frühen 16. Jh. kann von bis zu 600 Einwohnern ausgegangen werden. Ansätze einer Selbstverwaltung (1402 ratlude) sind vorhanden. Ein von Osnabrück 1554 ausgehender Versuch, die Minderstadt als vur hansisch anerkennen zu lassen, fand ebenso wenig Anklang wie eine Osnabrücker Überlegung 1592, den Ort an der Hanse-Taxe teilhaben zu lassen, umgesetzt wurde. Das heutige Engagement der Stadt als Hansestadt erfordert erhebliche Abstriche am historischen Befund.
Literatur: ohne Verf., F., in: Handbuch der nds. Hansestädte, bearb. J. Bohmbach, 1983, 121-123; F. B. Fahlbusch, Osnabrück, seine ‚Beistädte‘ und die Theorie vom hansischen Unterquartier, in: HGbll 109 (1991), 43-63.