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Buchstabe O
Im Gegensatz zu den „Kaufleuten von der deutschen Hanse“ oder den „Kaufleuten des Römischen Reichs“ fungierte die Bezeichnung „o. K.“ nicht als Selbst- oder Fremdbeschreibung einer bestimmten Gruppe von Kaufleuten, denen Handelsprivilegien zugesprochen worden waren. Als Gegenbegriff zu den hansischen Kaufleuten wurden die o. K. vielmehr von den Editoren der „Akten und Urkunden der oberdeutschen Städtebünde“ geschaffen, die die Bündnisse derjenigen Städte aufnahmen, die nicht schon in der Edition der Hanserezesse erfasst worden waren. Darunter fielen insbesondere die rheinischen, schwäbischen und bayerischen Städte. Kaufleute aus diesen Städten handelten vor allem mit Metallen aus den zentraleuropäischen Bergwerken und mit Metallprodukten (Nürnberg, Augsburg, Regensburg), Tuchen (St. Gallen, Basel, Ulm), Gewürzen und Seide, die sie aus Italien importierten. Die Nördlinger Messe fungierte als zentraler Umschlagplatz in Oberdeutschland.
Ober- und niederdeutsche Kaufleute trafen an den wichtigen Handelsorten wie Frankfurt am Main, Brügge und Venedig aufeinander. Insbesondere die Nürnberger Kaufleute handelten in großem Maße nach Ostmitteleuropa (Breslau, Krakau, Lemberg, Posen) und kamen schon dort mit Hansekaufleuten in Kontakt. Die Nürnberger besaßen zudem in vielen Hansestädten Handelsprivilegien, u.a. in Lübeck, wo sie sich auch ansiedelten und in die Lübecker Familien einheirateten. Augsburger und Nürnberger Kaufleute übernahmen weiter Finanztransaktionen in den Süden für die Lübecker und Hamburger Kaufleute. Aus den Hansestädten wurden u.a. Stockfisch, Hering, Getreide und Rheinwein nach Oberdeutschland exportiert. Ober- wie niederdeutsche Kaufleute organisierten sich im 14. Jh. bevorzugt in Netzwerken aus Einzelkaufleuten, im späten 15. Jh. spielten außerdem Gesellschaften mit vielen Mitgesellen eine prominente Rolle, die insbesondere für den Kupferhandel in Augsburg, Nürnberg, Stettin oder Danzig gegründet wurden.
Quellen: Die Urkunden und Akten der oberdeutschen Städtebünde, hrsg. R. C. Schwinges, bearb. K. Ruser, 3 Bde., 1979-2005.
Literatur: M. Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jhs., 1998; M. Rothmann, Marktnetze und Netzwerke im spätmittelalterlichen oberdeutschen Wirtschaftsraum, in: Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters, hrsg. G. Fouquet, H.-J. Gilomen, 2010, 135-188; M. A. Denzel, The Merchant Family in the „Oberdeutsche Hochfinanz“ from the Middle Ages up to the Eighteenth Century, in: La Familia nell’Economia Europea secc. XIII-XVIII […], hrsg. S. Cavaciocchi, 2009, 365-88; U. Kypta, What is a Small Firm? Some Indications from the Business Organization of Late Medieval German Merchants, in: The Company in Law and Practice: Did Size Matter?, hrsg. D. De Ruysscher u.a., 2017, 10-33; W. von Stromer, Organisation und Struktur deutscher Unternehmen in der Zeit bis zum Dreißigjährigen Krieg, in: Tradition. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie 13 (1969), 29-37.
O. gehörten seit dem frühen Mittelalter, zu den von den Schlachtern in den Städten verarbeiteten Produkten. Die Konsumveränderungen nach der Pest führten am Ende des 15. Jh. zu einer verstärkten Nachfrage nach Schlachtvieh, welches bis zur Schlachtung vor den Städten gehalten wurde. Diese Nachfrage wurde im Hanseraum vor allem von Dänemark und Ungarn bedient. In Dänemark wurden die O. im gesamten Reich gezüchtet und zum zentralen O.markt nach Ripen getrieben. Von dort wurden die Tiere über den O.weg nach Wedel an der Elbe oder über den Ochsenzoll nach Hamburg gebracht und von dort in die Niederlande exportiert. Die Gottorfer Zolllisten geben einen guten Einblick in diesen Handel. Teilweise wurde die O. auch in Dithmarschen aufgestallt und erst später über Wedel verkauft. Der ungarische O.handel begann bei Gran und führte über die O.straße bis in den Rheingau und teilweise in den südlichen Hanseraum
Literatur: P. Enemark, Dansk Oksehandel, 1450-1550, 2003; W. Gijsbers, Kapitale ossen. De internationale handel i slachtvee in Noordwest-Europa (1300-1750), 1999; H.-H. Vangerow, Die ungarischen Ochsenherden als Basis der süddeutschen Fleischversorgung, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich 159 (2014), 277-86
Der O., dän. oksevej, ist eine neuere Bezeichnung für Handelswege, die auf dem Geestrücken Jütlands von Aalborg resp. Viborg im Norden über Kolding/Ripen – Husum/Schleswig – Rendsburg bis zum Ochsenzoll (Hamburg) resp. nach Wedel führen. Die Wege folgen teilweise dem seit dem frühen Mittelalter bekannten Heer- und Pilgerweg, der bei Schleswig das Dannewerk passiert. Hier wurde schon früh die Zollstelle Gottorf etabliert. Der O. verbindet landseitig mehrere bedeutende Handelsorte und war die Hauptverkehrsroute Jütlands. Er erhielt seinen Namen nach dem am Ausgang des 15. Jh.s einsetzenden O.-handel. Die Tiere wurden aus Dänemark kommend über den O. auf die Messeorte von Ripen und Husum und vor dort nach Aufstallung zum Weiterverkauf an den Ochsenzoll und vor allem auf den Markt von Wedel gebracht. Vom 16. bis zum 19. Jh. passierten 10-50.000 Tiere jährlich den O.
Literatur: F. Bruns/ H. Weczerka, Hansische Handelsstraßen, Karten 1-2, Text Nr. 10-12, 155-6; P. Enemark, Dansk oksehandel 1450-1550. Fra efterårsmarkeder til forårsdrivning, 2003; L. Schwetlik, Der hansisch-dänische Landhandel und seine Träger 1484-1519, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 85/86 (1961), 68-72.
Die O. war für den hansischen Handelsverkehr von zentraler Bedeutung. Während des hochmittelalterlichen Landesausbaus seit dem 12. Jh. entstanden im Verlauf dieses Flusses zahlreiche Städte und Verkehrspunkte, über die der Schiffsverkehr von und nach dem Stettiner Haff organisiert wurde. Aus den Anrainerlandschaften →Pommern, →Brandenburg, Schlesien, Niederlausitz und Böhmen wurden u. a. Getreide, Holz, Bier, Wein und Wolle verschifft. Auch weiter im Hinterland liegende Städte wie →Berlin, Müncheberg oder Zantoch (Gmina Santok) partizipierten über Nebenflüsse oder Landstraßen an diesem lukrativen Handel, über den sie u. a. Tuch, Heringe und Metalle für den heimischen Markt beschafften. Im Übergang zur Frühen Neuzeit dominierte das am Mittellauf gelegene Frankfurt einen Großteil des O.verkehrs und teilte sich diese Handelsmachtposition mit →Stettin im Norden und →Breslau im Südosten.
Literatur: S. Bütow, "ein schiffrich wasser und des reichs frye strasse": Die Oder als hansischer Verkehrsweg vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, in: Alles im Fluss. Menschen, Waren, Häfen auf den Wasserwegen vom Rhein bis zur Weichsel, hg. v. R. Hohlbach u. S. Selzer, 2020, 125-53; W. Kehn, Der Handel im Oderraum im 13. und 14. Jahrhundert, 1968.
Olivenö. gehörte seit dem 13. Jh. zu den hansischen Handelswaren. Das Ö. stammte vorwiegend aus Andalusien, Portugal und Mallorca, aber auch aus dem Languedoc-Roussillon, Provence-Alpes-Côte d’Azur, Apulien, der Toskana, Kampanien sowie Griechenland und wurde über Brügge in den Hanseraum importiert. Aus Gaeta stammte zudem das Lorino-Ö. (Lorbeerö.). Die Brügger Wrake mit dem Zeichen eines gekrönten ‚S’ war qualitätssichernd. Transportiert wurde das Ö. in besonderen Pipen, deren Norm in Brügge bestimmt wurde, wie Streitigkeiten am Ende des 15. Jhs. zeigen. Genutzt wurde das Ö. zum Essen, Kochen bzw. Braten, zur Seifen- und Textilherstellung und zur Beleuchtung.
Literatur: Ars olearia I: Dall’oliveto al mercato nel Medioevo / From Olive Grove to Market in the Medieval Ages, hg. I. Naso, 2018; D. Schäfer, Die Oliepipen, in: HGBll 9 (1879), S. 100-102.
Um 700 war Altisalja (Oldensele, O.) ein Zentrum von Handel, Viehzucht und Religion im Siedlungsgebiet der Tuihanti (Twenthen). Bischof Balderik von Utrecht, Nachfahre Kaiser Ludwigs des Frommen, schenkte den eigenen Ort O. seinem Bistum. Im Jahre 1049 erwarb Bernoldus, Bischof von Utrecht, vom Kaiser Heinrich III. das besonders frühe Privileg für Jahrmarktrechte in O.. Bischof Otto II. von der Lippe, ein Verwandter Kaiser Friedrichs II., weihte 1218 den eigenen Vater in der O.er Plechelmuskirche zum Bischof von Semgallen in Lettland. Das spektakuläre Ereignis im Jahre 1218 dürfte mit dem Erwerb der O.er Stadtrechte zusammenfallen. Die Handelsstädte Utrecht und Köln schlossen einen Handelsvertrag, dem sich die Stadt O. 1260 anschloss. 1261 schloss O. selbstständig einen Handelsvertrag mit Coesfeld. Einwohner aus der Twenthe sind ab 1259 (z.B. Wernherus de Berchusen) als neue Bürger von Lübeck zu identifizieren. Um die Zeit der Verpfändung von Twenthe (1336-1346) an Geldern verließen viele Ministerialen und (Hanse)Händler die Twenthe in Richtung Lübeck, Stralsund, etc. Auch ein Gherardus Veckinchusen (Vokkinghusen) wurde 1354 Bürger von Lübeck. Wahrscheinlich stammte er aus der Twenthe. Eine Serie von O.er Toversichtbriefen (1351-1368) betrifft auch Ludghardis Schuttorp und ihren Bruder Herman, Bürger aus O., der in Bergen in Norwegen verstarb. Ludghardis führte von O. aus eine Handelsgesellschaft mit Johan van Kleppers in Bergen und Johan Schuttorp in Lübeck. O.s mittelalterliches Stadtarchiv ist verloren gegangen. Für das Jahr 1447 ersetzen die Deventer Stadtrechnungen den Verlust einigermaßen. Damals herrschte ein See- und Handelskrieg zwischen der Hanse und den holländischen Städten. Der Landkrieg von Soest mit dem Landesherrn war in vollem Gang. O. spielte eine diplomatische Rolle bei den Verhandlungen zwischen Münster und den Hansestädten an der IJssel. 1474 schloss die Hanse den Utrechter Vertrag mit Holland und England. England forderte von allen Hansehändlern eine präzise Angabe ihrer Herkunftsstadt. O. teilte am 9. Mai 1474 mit, dass die englischen Privilegien für O.s Händler von großem Interesse seien, und ratifizierte den Vertrag.
Literatur: G. Seyger, Twenthe (1200-1500) en de Duitse Hanze. Netwerken binnen netwerken (3 delen), Enschede 2016. [Digitale Version: http://www.twentsetaalbank.nl/media/teksten/19892.html]; ders. Hanzestad Oldenzaal. Een middeleeuwse wordingsgeschiedenis, Kampen 2017.
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Der an einer Furt durch die Vecht entstandene Ort war im 13. Jh. verschiedentlich Sammelplatz für die Truppen der Utrechter Bischöfe in ihrer Auseinandersetzung mit den Herren von Coevorden um die ehem. Gft. Drenthe. 1248 erhielt O. städt. Rechte nach dem Vorbild →Deventers (erneuert 1342 und 1346), war im späten Mittelalter ummauert, behielt aber seinen ländlichen Charakter. 1554 gehörte O. zu den Kommunen, von denen auf einem Kölner Drittelstag gefordert wurde, sie als hansische Beistädte Deventers anzuerkennen; doch dazu ist es nicht gekommen.
Literatur: H. T. Timmerman, Ommen, stadje aan de Vecht, in: Overijssel 14 (1960), 58-97.
Das O. aus dem Jahr 1270 ist das erste geschriebene Stadtrecht Hamburgs. Schon der Einleitungssatz macht die Zielsetzung deutlich: Iuste iudicate filii hominum (Richtet gerecht, ihr Menschensöhne)! Das knüpft an Psalm 58,2 an und verweist zugleich auf das Gericht als zentrale Institution, wo es um nichts weniger als Gerechtigkeit geht. Die Verschriftlichung der Rechtsordnung sollte vor allem Rechtssicherheit gewährleisten. Autor des Stadtrechts war höchstwahrscheinlich der Hamburger Magister → Jordan von Boizenburg (um 1210-1274). Der Text weist zahlreiche Parallelen zum Sachsenspiegel auf, der um 1225 entstanden war und das sächsische Recht enthielt. Auch gibt es Anleihen an alttestamentliche Rechtsvorschriften. In systematischer Weise behandelt das O. die Ratsverfassung, Liegenschafts-, Erb-, Ehegüter-, Personen-, Schuldrecht, Fragen des Beweises sowie Strafrecht und das erst nachträglich eingefügte Schiffrecht. Die Normen sind abstrakt formuliert. Insbesondere das Schiffrecht wurde im Hanseraum von manchen Städten übernommen. In einer überarbeiteten Fassung von 1301 („Rotes Buch“) blieb das O. bis zum Ende des Mittelalters geltendes Recht.
Quellen: F. Eichler, Das Hamburger Ordeelbook von 1270 samt Schiffrecht nach der Handschrift von Fredericus Varendorp von 1493 (Kopenhagener Codex), 2005.
Seerechtstext aus der zweiten Hälfte des 14. Jh.s, genauer Ordinancie ende insettinghe, die de coopluden ende schippers holden malcander. Er enthält gewohnheitsrechtliche Bestimmungen, die die Schifffahrt von der Zuiderzee ins weitere Europa regeln. Zwei Artikel stimmen wörtlich mit Paragraphen der → Roles d’Oleron überein, zudem ist der Text oft zusammen mit der → Vonnesse van Damme überliefert. Trotz der gleichen Gegenstände in allen drei Texten sind die beiden anderen in der Ordinancie nicht erwähnt. Die These, diese sei als Komplement zu den Roles d’Oleron für die nordeuropäischen Häfen entstanden, kann als überholt gelten.
Literatur: E. Frankot, “Of Laws of Ships and Shipmen”. Medieval Maritime Law and its Practice in Urban Northern Europe, 2012, 14; G. Landwehr, Seerecht im Hanseraum im 15. Jh. Die Hanserezesse, die Vonnesse von Damme und die Ordonancie der Zuidersee im Flandrischen Copiar no. 9, in: Seerecht im Hanseraum des 15. Jahrhunderts, 2003, 95-117.
O. eine schwedische Form des Roheisens, ist die Bezeichnung für ein weiches, gut schmiedbares Stück Roheisen in Form eines Klumpens oder des Abschnittes einer Stange mit einem theoretischen Mittelgewicht von 280 g. Es ist seit früher Zeit, in Holztonnen mit ca. 170 kg Inhalt verpackt, ein wichtiges Handelsgut des schwedischen Exports. Importhäfen der südlichen Ostseeküste waren vor allem Lübeck und Danzig. O. wird seit dem 17. Jh. durch schwedisches Stangeneisen abgelöst.
Literatur: N. Björkenstam, Den svenska järnhanterings tekniska utveckling, 1996.
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Die Anfänge O.s liegen in einer Burganlage am Fluss Biese, die wohl schon seit dem 10.Jh. existierte, aber erst Mitte des 12.Jhs. erstmalig in den Quellen auftaucht. 1208 werden eine Stadt und eine Burg erwähnt, was als Ersterwähnung O.s gilt. Zwischen 1230 und 1250 brachten die Markgrafen von Brandenburg O. in ihren Besitz. Die wirtschaftlichen Grundlagen der sich entwickelnden Stadt basierten auf Ackerbau, Bierbrauerei und Tuchmacherei. In der Mitte des 14.Jh.s werden Rat, Bürgermeister und Schöffen erwähnt. O. besaß nicht nur Bedeutung als Handelsstadt, sondern auch als Zollplatz. Es war ein sehr aktives Mitglied des Bundes der „Sieben Städte der Altmark“, die von 1321 an bis 1478 etwa ein Dutzend Bündnisse schlossen. Im Bund von 1436 regelten diese Städte, darunter O., ihr Verhältnis zur Hanse, womit alle teilnehmenden Städte als Hansestädte zu gelten haben. O. war auch als Teil des Hamburger Drittels an den großen hansischen Bündnissen von 1443 und 1447 beteiligt. 1488 beendete die brandenburgische Landesherrschaft die Stadtfreiheit Os. und untersagte die Teilnahme an der Hanse und anderen Bünden.
Literatur: Matthias Puhle, Hanse – 16 Städtebilder aus Sachsen-Anhalt, 2008, S. 84-89.
Als O. werden seit dem 13. Jh. in flandrischen und englischen Quellen (hier: „esterlinges“), gelegentlich auch in französischen und italienischen Texten („ostelins“ resp. „sterlini“), die aus dem Osten, insbesondere die aus dem Ostseeraum kommenden niederdeutschen / hansischen Kaufleute bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine in der Alltagssprache geläufige Bezeichnung, während sich im diplomatischen Sprachgebrauch seit der 2. Hälfte des 14. Jhs. der Hanse-Begriff zur Benennung der hansischen Kaufleute durchsetzte (mercatores de hansa Alemanie, „gemeyne copman van der Duetschen henze“ u. ä.). Sinngemäß sind auch mit den „osterschen steden“ die Hansestädte gemeint.
Literatur: Th. Behrmann, ‚Hansekaufmann’, ‚Hansestadt’, ‚Deutsche Hanse’? Über hansische Terminologie und hansisches Selbstverständnis im späten Mittelalter, in: Bene vivere in communitate. Hagen Keller zum 60. Geb. überreicht von seinen Schülerinnen und Schülern, hrsg. Th. Scharff, Th. Behrmann, 1997, 155-76; ders., Herrscher und Hansestädte. Studien zum diplomatischen Verkehr im Spätmittelalter, 2004; C. Jahnke, „Homines imperii“ und „Osterlinge“. Selbst- und Fremdbezeichnungen hansischer Kaufleute im Ausland am Beispiel Englands, Flanderns und des Ostseeraumes im 12. und 13. Jh., in: HGbll. 129 (2011), 1-57.
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Ostsee, lat. mare orientale (UBStL II, Nr. 1038) u. mare Balticum, ist ein Nebenmeer des Atlantiks und aus europäischer Sicht eines der Sieben Weltmeere. Die O. erstreckt sich vom Kattegat (Katzenloch, altnordisch: Jótlandshaf, Jütlandsmeer) im Westen bis zum Finnischen Meerbusen (Newa Bucht) und der Bottenwiek im Osten und umfasst eine Fläche von ca. 412.000 km2. Der Name korrespondiert mit der Westsee (seit 1864 Nordsee), der Nordsee (Nordwestatlantik) und der Zuiderzee und stammt aus der mitteleuropäischen Sichtweise. Der Begriff O. erscheint erstmals Ende des 13. Jh. in der Livländischen Chronik. Durch die in die O. entwässernden Flusssysteme von Newa, Düna, Weichsel und Oder erstreckt sich das Hinterland der O. vom Ural über die Karpaten bis zum Erzgebirge. Aufgrund der geringen Tiefe und Größe der O. besitzt diese nur kurze Wellen, die leichter zu besegeln sind. Gleichzeitig ermöglicht die Geographie der O. ein Befahren mit ständigem Landkontakt, weshalb die O. schon im frühen Mittelalter aufgesegelt wurde. Die O. ist der Verbindungsweg zwischen den Märkten an der Westsee, vor allem Flanderns, Hollands und Englands, und des Ostens, Ungarns, Rußlands, der Ukraine, Byzanz’ sowie Chinas. Ein Warenaustausch auf diesem Weg ist schon für das 10. Jh. nachweisbar. Gleichzeitig dient sie zur Rohstofferzeugung vor allem für Bernstein (Export nach Rom schon bei Dionysius Halicarnassus und Tacitus erwähnt) sowie für Hering. Für die Hanse machte sie eines der seegehenden Kerngebiete des Handels aus, und die handelsmäßige Überbrückung der Entfernungen und Unsicherheiten des Seetransportes auf der O. ist eine der wesentlichen Leistungen der hansischen Kaufleute. Mit der Verlagerung der wichtigsten Handelsrouten auf den mittleren und südlichen Atlantik sowie nach Mitteldeutschland (Leipziger Messen) im 16. Jh. nahm die Bedeutung der O. als Verkehrsgebiet relativ ab, sie behielt aber ihre herausragende Stellung als Verkehrsachse im Holz- und Getreidehandel.
Literatur: M. North, Geschichte der Ostsee, 2011.
O. bedeutet die Niederlassung der Bevölkerung aus dem deutschsprachigen Raum in den Ostgebieten Europas. Im 19. Jh. fungierte der Terminus als Begriffsparadigma zur Betonung der zivilisatorischen und kulturstiftenden Rolle der germanischen und deutschen Siedlung im Osten. Man befand, dass die Migration der deutschen Bevölkerung dorthin wegen ihres gewaltigen Ausmaßes etwas für europäische Maßstäbe Einzigartiges war. Diese Auffassung fand ihre Nachfolge im 20. Jh. Im Lichte neuerer Forschung wird die O. eher als Element der demografischen und siedlungstechnischen Entwicklung Europas im Hochmittelalter betrachtet, als Teil eines Prozesses, in dessen Rahmen sich die Siedlung von den Zentren zu den Peripherien verbreitete. Die O. erfasste im 13. und 14. Jh. die Gebiete zwischen der Elbe und der Oder, Pommern, Preußen, Livland, polnische Gebiete, Böhmen, Ungarn und die Moldau. Die chronologischen Grenzen der Migrationsbewegung werden unterschiedlich angegeben, und diese wird nicht immer auf die Epoche des Mittelalters beschränkt. Als Anfang der O. wird die Zeit nach der siegreichen Schlacht gegen die ungarischen Stämme auf dem Lechfeld angesehen. Manchmal wird jedoch behauptet, dass sich Migrationsbewegungen der germanischen Völker in östlicher Richtung bereits im 8. Jh. abzeichneten. Das Fehlen von deutlichen geographischen Hindernissen in West-Ost-Richtung erleichterte das Vordringen der deutschen Siedlung gegen Osten. In der Christianisierungsperiode (9.-10. Jh.) waren die Vertreter der Ritterschaft mit ihren militärischen Kräften sowie Geistliche die ersten Siedler. Die Christianisierung gehörte ohne Zweifel zu den wichtigsten Faktoren, die in der Anfangszeit die O. begünstigten. Dennoch nahm die Siedlertätigkeit im 10.-12. Jh. kein größeres Ausmaß an. Sie betraf vor allem die südlichen und mittleren Gebiete jenseits der Saale und der Elbe. Im 13. Jh., als im Zusammenhang mit dem weiteren demografischen Zuwachs und dem gesellschaftlichen Wandel im Gebiet des Deutschen Reichs viele soziale Gruppen - von den Ministerialen bis zu Stadtbürgern und Bauern - gezwungen waren, sich neue Lebensorte auszusuchen, zogen weitere 20.000 nach Osten. Die Ostgebiete erschienen zu jener Zeit sehr attraktiv, sie zeichneten sich durch Bevölkerungsdefizite aus und boten die Möglichkeiten einer schnellen Karriere. Es wird dennoch betont, dass die O. aus der Perspektive der demografischen Verhältnisse in deutschen Gebieten keine erhebliche Abnahme der Bevölkerung nach sich zog. Die Siedlerwellen hatten unterschiedliche Hintergründe und Folgen. Die wirtschaftlichen Aspekte dominierten im Falle der Siedlertätigkeit in Böhmen, Schlesien und vielen anderen Regionen. Im Falle der Siedlertätigkeit in den nördlichen Regionen – in den polabischen (9.-13. Jh.) oder preußischen Gebieten (13. Jh.) – spielten zusätzlich religiöse Motive (Kreuzzüge) eine Rolle. Der Zufluss der Bevölkerung aus deutschen Gebieten nahm in der zweiten Hälfte des 14. Jh. an Intensität zu, insbesondere in den Städten. Die deutschen Siedler beeinflussten erheblich die Gestaltung der agrarischen Verhältnisse und die Organisation des städtischen Lebens. Der Zusammenstoß mit der fremden slawischen Bevölkerung hatte eine beträchtliche Bedeutung für das Verschwinden von Unterschieden zwischen unterschiedlichen Gruppen der deutschen Zuwanderer und für den Zuwachs von Gemeinschaftssinn. Die Schwächung der Migrationswellen Richtung Osten erfolgte ab Mitte des 14. Jh., als die Bevölkerung Europas, darunter auch der deutschen Gebiete, in der Folge des „schwarzen Todes” erheblich gesunken war. Es scheint, dass Osteuropa von den Folgen dieser Riesenepidemie in geringerem Ausmaß betroffen war. Der „schwarze Tod” setzte freilich dem Zustrom der deutschen Siedler kein definitives Ende, wovon die Situation im Deutschordensland zeugt. Hier scheint erst nach 1410 die Zuwanderung schwächer geworden zu sein. In Böhmen wirkten sich die hussitischen Kriege in der ersten Hälfte des 15. Jh. hemmend auf die Siedlung aus.
Literatur: P. Erlen, Europäischer Landesausbau und mittelalterliche deutsche Ostsiedlung, 1992; C. Higounet, Die deutsche Ostsiedlung im Mittelalter, 1990.