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Buchstabe S
Unter den s.n S.n im Mittelalter versteht man die Städte, die im Wesentlichen zwischen der Weser und der Elbe lagen, also in etwa den Raum, den man bis zum Sturz Herzog Heinrichs des Löwen 1180 und der Aufteilung des Herzogtums Sachsen in eine Reihe kleinerer Territorien mit eigener Landesherrschaft als Ostfalen bezeichnete. Hier hatte sich über die Jahrhunderte seit Karl dem Großen offenbar eine sächsische Identität herausgebildet und bis ins späte Mittelalter erhalten. Im 13. Jh. liegen die Anfänge bündnispolitischer Bestrebungen zwischen den Städten, die durch die Etablierung eines städtischen Rats eine gewisse Autonomie gegenüber ihren Stadtherren erreichen konnten und über eine tragfähige ökonomische Struktur verfügten. Im 14. und 15. Jh. waren es etwa 25 Städte in diesem Raum, die als Hansestädte zu gelten haben und sich in unregelmäßigen Abständen und wechselnder Zusammensetzung zu Bündnissen zusammenfanden, die im 13. Jh. als Hauptziel die Sicherheit auf den Handelsstraßen und den Rechtsfrieden in den Städten herstellen sollten. Im 14. und vor allem 15. Jh. erhielten sie immer mehr den Zweck erhielten, die aus Sicht der Städte durch innere Unruhen und die stärker werdenden Übergriffe der Stadt- und Landesherren bedrohte Stadtfreiheit zu erhalten. Die Hochzeit des Sächsischen Städtebundes lag zwischen 1382/84 und dem Ende des 15. Jhs. Die s.n S. setzten sich zur Hanse dadurch in Beziehung, dass sie seit der bekannten Drittelteilung des Brügger Kontors 1347 ein Drittel bzw. Viertel innerhalb des Systems der Hanse bildeten. Das gilt auch für die Teilnahme der s.n S. an den großen hansischen Tohopesaten von 1443, 1447 und 1450/51. Auf einem regionalen Städtetag 1416 regelten die s.n S. die Besendung der Hansetage. 1426 wurde Braunschweig und Magdeburg die Vorortfunktion im Sächsischen Städtebund zuerkannt. Durch die Unterwerfung zahlreicher Städte im letzten Quartal des 15. Jhs. wurde der Sächsische Städtebund geschwächt und verlor im Rahmen der Reformation in der ersten Hälfte des 16. Jhs. weitgehend seine Funktion
Literatur: E.-M. Distler, Städtebünde im deutschen Spätmittelalter. Eine rechtshistorische Untersuchung zu Begriff, Verfassung und Funktion, 2006; M. Puhle, Der sächsische Städtebund im späten Mittelalter – Regionale ‚confoederatio‘ oder Teil der Hanse?, HGbll. 112 (1994) 125-38; D. Lent, Das Niedersachsenbewußtsein im Wandel der Jahrhunderte, in: Niedersachsen. Territorien-Verwaltungseinheiten-geschichtliche Landschaften, hrsg. C. Haase, Göttingen 1971, 27-50.
S. gehört seit vormittelalterlicher Zeit zu den wichtigsten Handelsgütern, da S.-vorräte in Europa ungleichmäßig verteilt sind. Generell war der Osten salzarm und der Westen salzreich. S. diente v.a. zur Konservierung von Nahrungsmitteln.
Der nördliche Hanseraum wurde u.a. aus Kolberg, Polen, aber auch England mit Hull, Boston und Lynn mit S. versorgt; allerdings wurde der Markt bis ins 14. Jh. vom Lüneburger S. dominiert.
In Lüneburg wurde seit karolingischer Zeit S. gewonnen. Die Produktionskapazität erreichte dabei im 14. Jh. 16.000 t. p.a. S. wurde u.a. über Lübeck in den Ostseeraum exportiert (S.straße, Stecknitzkanal). Hier diente es u.a. zur Konservierung von Hering (Schonische Messen), aber auch zur allgemeinen Versorgung der Bevölkerung. Lüneburger S. wurde in großen Mengen in den Ostseeraum exportiert, auch wenn keine statistischen Übersichten vorliegen. Es wurde auch nach Hamburg, Mecklenburg, Brandenburg und elbaufwärts gebracht. Neben Schonen war Danzig einer der wichtigen Salzmärkte im Osten des Ostseeraumes. Hier endeten die großen westeuropäischen S.ströme und hier wurde auch das teurere Lüneburger S. zwischengelagert, bis es dann über die Städte der östlichen Ostsee, wie Thorn, Riga oder Reval seinen Weg nach Russland oder Skandinavien fand.
Neben Lüneburg wurde S. im Osten in den Krakauer Salinen, den Gruben bei Bochnia und Wielicka/Groß Salze produziert und u.a. über Thorn in den Hanseraum exportiert. Weiter im Westen waren die Salinen von Kolberg, Greifswald, Bad Sülze und Oldesloe von Bedeutung. In Lüneburg und vielen anderen Salinen wurde das S. durch Auskochen von Sole gewonnen. In Bochnia und Groß Salze begann man mit dem Abbau von Berg-(Stein-)S. Dort gewann man runde Salzblöcke, die Krakauer Bałwane. Salinens. wurde in Tonnen unterschiedlicher Größe verhandelt.
Der S.-handel im mittleren und südlichen Teil der Hanse erfolgte über binnenländische Salinen, u.a. in Tremsdorf, Bad Münder, Salzderhelden bei Einbeck, Salzgitter, Sülbeck, Sülze (bei Bergen, Nieders.), Rheine, Salzkotten, Halle a.d.S. u.a.
Im Westen wurde Salz schon seit dem 13. Jh. von den Meers.-gärten an der Atlantikküste importiert. Seit der Mitte des 14. Jh. wurde Dominanz des Lüneburger S. durch den Import von See-S. aus der Baie de Bourgeneuf und Portugal (Sétúbal) herausgefordert. S. wurde erst indirekt aus Brügge importiert, danach direkt. Am Ende des 15. Jh. dominierte S. aus der Bretagne, dem Poitou, der Baie de Bourgneuf, der Brouage und Sétúbal den hansischen Markt. Der S.-handel wurde über das Kontor von Brügge abgewickelt; hansische Faktoren fanden sich aber auch in der Baie (Bourgneuf, Bouin und Collet), Beauvoir, der Insel Noirmoutier, Nantes, Aunis, La Rochelle sowie in Lissabon. In der Hansa von Mantes waren dabei hansische und französische Kaufleute zusammen vertreten. Das billigere Meers. verdrängte im 16. Jh. Lüneburger S. von vielen Märkten.
Literatur: A. Agats, Der hansische Baienhandel, 1904; R. Favreau, Le commerce du sel en Poitou à la fin du Moyen Âge, in: Bulletin philologique et historique (jusqu’en 1610) du Comité des travaux historiques et scientifiques (1966), 1, 185-223; C. Jahnke, The Hanse southern trade and its goods, [im Erscheinen]; S. Jenks, Der hansische Salzhandel im 15. Jahrhundert im Spiegel des Danziger Pfundzollbuchs von 1409, in: „Vom rechten Maß der Dinge“. Festschrift für Harald Witthöft, hrsg. R. S. Elkar, C. Neutsch, K. J. Roth, J. H. Schawacht, 1996, I, 257-84; H. Touchard,Les sels de la France de l’Ouest, in: Le Rôle du Sel dans l’Histoire, hrs. M. Mollat, 1968, 39-45; H. Witthöft, Struktur und Kapazität der Lüneburger Saline seit dem 12. Jahrhundert, in: Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 63 (1976), 1-117.
Es gibt mehrere heute als S. bezeichnete Straßen. Der bekannteste ist der Frachtweg, welcher Lüneburg mit Lübeck verband und über Lüdershausen und Artlenburg sowie nördlich der Elbe teilweise durch das Herzogtum Lauenburg über Mölln und Krummesse verlief. Insbesondere Salz aus der Lüneburger Saline wurde auf dieser Route über Land nach Lübeck verfrachtet, was zur heutigen Namengebung führt. Dabei wurde zwischen Lüneburg und der Elbe bereits früh der Transport mit Kähnen über die Ilmenau genutzt. Seit der Eröffnung des → Stecknitzkanals 1398 ist das Salz durchgängig verschifft worden. Die S. blieb weiterhin stark frequentiert, worauf zahlreiche Berichte über Straßenraub, Geleit oder Pilgerspeisung hindeuten. Lübeck, das einige Orte entlang der Straße als Pfänder besaß (darunter Mölln, 1359-1683), organisierte und finanzierte Straßenbaumaßnahmen, streckenweise sogar Steinpflasterung.
Quellenverlinkung: https://www.viabundus.eu
Literatur: H. Harms, H.-J. Wohlfahrt, Die Alte Salzstraße im Wandel der Zeit, 1983; F. Bruns, H. Weczerka, Hansische Handelsstraßen (Textband), 1967; B. Holterman et al. (Hg.), Viabundus Pre-modern Street Map 1.1 (released 6-12-2021), https://www.viabundus.eu; Hermann Heineken, Der Salzhandel Lüneburgs mit Lübeck bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts, 1903.
S. wird 1112 erstmals urkundlich erwähnt. 1134 ging der Ort in askanischen Besitz über. Vom Ende des 12.Jh.s an sind Kaufleute in Salzwedel nachweisbar, die mit Flandern Handel trieben. S., das ab 1233 als Stadt im Rechtssinne zu gelten hat, war bereits Mitte des 13. Jh.s eine Handelsstadt von Bedeutung. In einer Urkunde von 1248, die den Warenverkehr zwischen S. und Hamburg sowie Lübeck mit Zoll belegt, werden folgende Waren genannt: Tuche, Rinderfelle, Wolle, Leinen, Zinn, Blei, Honig, Eisen und Töpfe. Über die Fernhandelstätigkeit der Gewandschneider kam S. in diesen Jahren bereits in Kontakt mit der entstehenden Hanse. 1263 nahm Lübeck S. in die gotländische Genossenschaft auf, die als eine Keimzelle der Hanse gilt. Zwischen 1321 und 1478 war S. Mitglied des Bundes der „Sieben Städte der Altmark“ und war auch an den großen hansischen Bündnissen von 1443 und 1447 beteiligt. S. nahm eine Scharnierfunktion zwischen den hansischen Binnenstädten im Raum von Elbe und Weser und den Hansestädten an der Küste, vor allem Hamburg und Lübeck, ein. 1488 wurde die Stadt von Kurfürst Johann Cicero unterworfen, was faktisch den Austritt S.s aus der Hanse zur Folge hatte, auch wenn dieser erst 1518 von der Hanse formal festgestellt wurde.
Literatur: A. Huang, Die Textilien des Hanseraums. Produktion und Distribution einer spätmittelalterlichen Fernhandelsware, 2015; M. Puhle, Hanse – 16 Städtebilder aus Sachsen-Anhalt, 2008, S. 98-107.
S. (geb. 25.8.1765 in Kassel, gest. 24.8.1828 in Göttingen) begann 1783 in Göttingen mit einem Studium der Theologie und Orientalistik. Bald wandte er sich jedoch der Geschichte zu. Seit 1792 hielt er als Privatdozent an der Universität Vorlesungen zum 18. Jh. und zur Politik und trug zur Rezeption der Theorien von Adam Smith bei. Dafür und für seine Geschichte des Bauernkrieges erhielt er 1797 eine außerplanmäßige Professur. Wegen seiner Sympathien für die Französische Revolution zeitweilig in Schwierigkeiten, entschloss sich S. um 1796, ein „harmloses“ politisches Thema zu behandeln, die „halbvergessene Antiquität“ der Hanse. Zwischen 1802 und 1808 erschienen drei Bände seiner Hanse-Geschichte, die, bis ins 17. Jh. geführt, auf gedruckten Quellen aufbaute, da ihm der Zugang zu den Archiven versagt blieb. Schon 1802 war er zum ordentlichen Professor berufen worden, 1811 folgte die Promotion. In den 1820er Jahren griff S. frühere Pläne zur Arbeit in den – nunmehr allmählich für die Forschung geöffneten – hansischen Archiven auf und reiste unter anderem nach Lübeck, Hamburg, Rostock, Bremen und Köln. Für die Neuauflage wollte sich S. auf die Zeit bis 1370 beschränken und dazu einen Band mit Urkunden veröffentlichen. Teile der beiden Bände waren schon gesetzt, als S. starb. Auf Betreiben der Witwe von S. wurde der junge Hamburger Archivar →Johann Martin Lappenberg mit dem Abschluss des Werkes betraut, das 1830 erschien. S. begründete die wissenschaftliche Hanseforschung.
Quellen: S., Geschichte des hanseatischen Bundes, 3 Bde., 1802-1808; S., Urkundliche Geschichte des Ursprungs der deutschen Hanse, hrsg. Johann Martin Lappenberg, 2 Bde., 1830.
Literatur: F. Frensdorff, Art. "Sartorius von Waltershausen, Georg Freiherr", in: ADB 30, 390-94; R. Postel, Grundlegungen und Anstöße für die Hanseforschung – Johann Martin Lappenberg und Kurd von Schlözer, in: HGBll 114 (1996), 105-23; C. Jahnke, Die Reliquien jener grossartigen Bewegung. „Die Recesse und andere Akten der Hansetage“ sowie das „Hansische Urkundenbuch“, in: HGBll 137 (2019), 1-42.
S. (geb. 16.5.1845 Bremen, gest. 12.1.1929 Berlin) war der Sohn eines Hafenarbeiters. 1865 bestand er das Examen für Volksschullehrer mit Auszeichnung. Mit einem Stipendium des Bremer Reeders und Reichstagsabgeordneten Hermann Henrich Meier konnte er 1868 in Jena das Studium der klassischen Philologie und Geschichte aufnehmen. 1869 wechselte er nach Heidelberg, wo ihn die Vorlesungen Heinrich von Treitschkes beeindruckten. Er unterbrach das Studium 1870/71 im Krieg gegen Frankreich als Freiwilliger. Anschließend studierte er in Göttingen Geschichte und Geographie und promovierte 1872 mit einer kritischen Untersuchung der dänischen Annalen und Chroniken des Spätmittelalters bei Georg Waitz. Seine Darstellung „Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark. Hansische Geschichte bis 1376“ (erschienen 1879) wurde vom HGV als Preisschrift gekrönt. Als der HGV ihm 1876 die Bearbeitung der 3. Abteilung der Hanserezesse von 1477 bis 1530 übertrug, schied er aus dem Bremer Schuldienst aus. Bereits 1877 erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor für mittelalterliche Geschichte an die Universität Jena, 1883 wurde er dort Ordinarius. 1885 wechselte er nach Breslau, 1888 nach Tübingen und 1896 nach Heidelberg. In seiner Antrittsvorlesung in Tübingen bekannte er sich zum Vorrang der politischen Geschichte als „das eigentliche Arbeitsgebiet der Geschichte“ in Abwehr zur Kulturgeschichte. Die Entwicklung des Staates, das „Werden, Wachsen, Bestehen seiner Macht“, sollte im Zentrum historischer Forschung stehen. Nach zwei Bänden der Geschichte von Dänemark für die Zeit 1523 bis 1648 (1893 und 1902) erschien 1903 „Die deutsche Hanse“ (4. Aufl. 1943). Sch. führt darin den „Niedergang der Hanse“ auf das Fehlen eines starken Staates als Schutzmacht zurück. 1903 folgte er einem Ruf nach Berlin. Hier entstanden seine „Weltgeschichte der Neuzeit“ (2 Bde., 1907, 11. Aufl. 1922), seine „Deutsche Geschichte“ (2 Bde., 1910, 10. Aufl. 1932) und eine Bismarck-Biographie (2 Bde., 1917). Mindestens 90 Dissertationen nahm er hier bis 1925 ab, davon nahezu 20, die der Hansegeschichte zugerechnet werden können. Sch. wurde 1903 in den Vorstand des HGV gewählt. 1908 regte er die Erweiterung der Aktivitäten des HGV zur „Deutschen Seegeschichte“ an, in der auch die neueren Jahrhunderte der „Beziehungen des deutschen Volkes zur See“ Gegenstand der Forschung sein sollten. 1925 ernannte ihn der HGV zum Ehrenvorsitzenden.
Sch. war Mitglied der Nationalliberalen Partei, die jedoch seinem Drang nach politischer Betätigung bald nicht mehr genügte. Seit den 1890er Jahren schloss er sich verschiedenen nationalistischen Verbänden an. Im Flottenverein unterstützte er seit 1898 Alfred von Tirpitz und die Flottenaufrüstung. Im 1. Weltkrieg initiierte er 1915 den „Unabhängigen Ausschuß für einen deutschen Frieden“, mit dem er u.a. den uneingeschränkten U-Boot-Einsatz gegen Großbritannien propagierte. 1917 folgte die Gründung der „Deutschen Vaterlandspartei“. Nach Kriegsende sah er in der Deutschnationalen Volkspartei seine politische Heimat. Seine nationalistische Propaganda wirkte in der Weimarer Republik nach und diskreditierte ihn nach 1945.
Quellen: Editionen: HR, 3. Abt. (1477-1530), 9 Bde., bearb. von D. Schäfer, 1881 – 1913 (Bd. 8 und 9 mit F. Techen); D. Schäfer, Das Buch des Lübeckischen Vogtes auf Schonen, 1887, 2. Aufl.1927.
Literatur: D. Schäfer, Mein Leben, 1926; E. Pitz, D. Schäfer als Hanseforscher, HGbll 114, 1996, 141-66; J. P. Ackermann, Die Geburt des modernen Propagandakrieges im Ersten Weltkrieg: D. Schäfer – Gelehrter und Politiker, 2004; K.-L. Ay, D. Schäfer, in: NDB 22, 2005, 504-05; H. Kloft, Der Historiker D. Schäfer, Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 2010/2011, 2012, 35-44.
S. stellt eine vertraglich vereinbarte Form der institutionalisierten Konfliktlösung dar, bei der die Parteien anstelle der öffentlichen Gerichte eine eigene Instanz zur Streitschlichtung einsetzten. Seit dem 13. Jh. drang diese Form der Streitbeilegung aus dem Kirchenrecht in das weltliche vor. Die Hansestädte versuchten gerade bei innerhansischen Angelegenheiten aufkommende Streitigkeiten auf dem Wege der S. beizulegen. Ein Beschluss des Hansetages von 1381 legte hierzu fest, dass Streitigkeiten zwischen Hansestädten durch Nachbarstädte, keinesfalls aber durch Fürsten geschlichtet werden sollten. Im 15. Jh. wurde dieser Grundsatz mehrfach bestätigt und in Anlehnung an das privilegium fori begründet. Die Forschung hob hierbei neben den Schlichtungsversuchen umliegender Städte auch die Rolle des Hansetages und der gemeinsamen Tagfahrt hervor. Dabei ging es, so R. Schöttler in seiner empirischen Untersuchung, inhaltlich meist um politische oder vermögensrechtliche Auseinandersetzungen. Vor allem bei unlösbaren Konflikten, etwa den mittelalterlichen Verfassungskämpfen in den norddeutschen Hansestädten, wurde von der unterlegenen Partei auch der König um Hilfe gerufen. Das vereinbarte Schiedsverfahren wurde mit dem Abschluss eines Schiedsvertrages eingeleitet, woraufhin die Schiedsrichter von den Parteien und ausnahmsweise auch durch Dritte ernannt wurden. Meist wurden hierzu angesehene Persönlichkeiten oder auch Städte ausgewählt. Im Verfahren selbst oder in einer späteren Erklärung findet sich sodann meist eine Unterwerfungserklärung der Parteien unter den Schiedsspruch. Zur Absicherung wurden mitunter bspw. auch Bürgenstellungen vereinbart.
Literatur: P. Oestmann, Prozesse aus Hansestädten vor dem Königs- und Hofgericht in der Zeit vor 1400, ZRG, GA 128 (2011), 114-68; R. Schöttler, Die S. in der Deutschen Hansa in der Zeit von 1232 bis 1495, 1941; H. Wernicke, „Na der hense rechte“. Studien zu Recht und zur Gerichtsbarkeit in der Städtehanse, Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus 10 (1986), 121-55.
Die S. ist eine allgemein auf die Erforschung materieller Hinterlassenschaften von Wasserfahrzeugen im Binnengewässer- und Meeresgebiet gerichtete Teildisziplin der Archäologie. Sie bildete sich in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s heraus, ist in Deutschland bisher aber kaum etabliert. Einer der ersten Funde war das 1862 ergrabene Nydamboot, gefolgt von Tune 1867, Gokstad 1880 und Oseberg 1907. Durch die skandinavische Landhebung konnten auch viele ehem. gesunkene Schiffe an Land geborgen werden. Seit den 1960er Jahren wird taucharchäologisch gearbeitet, wobei die Hebung der Wasa 1968 den Anfang machte. Hierauf folgte das autonome Tauchen durch Hans Hass, Emile Gagnan und Jaques Yves Cousteau. Insbesondere durch das filmische Engagement Cousteaus und seine Grabungen am Wrack vor Cap Gelidonya und Kyrenia erfuhr das Fach auch eine besondere Medien- und Öffentlichkeitspräsenz. Durch Adaption von Unterwassertechniken aus dem Bergungsbereich wurden neue unterwasserarchäologische Methoden für den Einsatz in der Schiffsarchäologie abgewandelt und weiterentwickelt. Seit den 1980er Jahren werden Funde durch automatisierte Tauchrobotertechnik auch in großen Tiefen erforscht, z.B. die Titanic durch Robert D. Ballard. Mit der Bergung des auf 1380 datierten und ursprünglich als Kogge angesprochenen sogenannten Bremer Wracks wurde der Schiffsarchäologie in Westdeutschland eine besondere Bahn gebrochen, die mit dem Nestor der deutschen Schiffsarchäologie, Detlev Ellmers, in den Folgejahren auf ein hohes internationales Niveau der theoretischen Forschung gehoben wurde. In Ostdeutschland verhalf Günter Lanitzki der Schiffsarchäologie zu verstärkter Aufmerksamkeit. Schon in den 1970er Jahren wurde durch die Begründung einer Arbeitsgemeinschaft Meeresarchäologie am Schifffahrtsmuseum Rostock das Interesse auf die praktische Ausübung dieser Teildisziplin gelenkt. Nach 1997 kam es zur Gründung des Schiffsarchäologischen Seminars an der Universität Rostock, als erste akademische Ausbildung in Deutschland. Auch der Amerikaner George Bass hat durch sein Engagement an der A&M Universität Texas, USA, der Schiffsarchäologie akademisch und methodisch den Weg geebnet.
Literatur: G. Bass, Die Tiefe: versunkene Schätze auf dem Meeresgrund, 2006; Stand, Desiderate und Verbesserungsmöglichkeiten in der deutschen Unterwasserarchäologie im Vergleich zu den Nachbarstaaten, 2000; M.-J. Springmann, Arbeitsstelle Schiffsarchäologie am Schifffahrtsmuseum Rostock – Ergebnisse und Perspektiven, Schriften des Schiffahrtsmuseums der Hansestadt Rostock, 2, 1997, 13-21; C.-O. Cederlund, M.-J. Springmann, Maritime archäologische Ausbildung im Ostseeraum – Das Schiffsarchäologische Seminar an der Universität Rostock, ebd., 39-52; T. Weski, Vom Schiff zur archäologischen Quelle, in: In Poseidons Reich. Archäologie unter Wasser, 1995, 39-42; D. Ellmers, Schiffsarchäologie, in: Geschichtswissenschaft und Archäologie, hrsg. von H. Jankuhn, R. Wenskus, 1979, S. 485-516.
- in Planung / Vorbereitung -
Die Einteilung von Schiffen nach S. ist ein neuzeitliches Phänomen. Zur Hansezeit war selbst die Nutzung des Wortes “Schiff” nicht einheitlich definiert. Erst mit der Einführung naturwissenschaftlicher Prinzipien in den Geisteswissenschaften begann eine Klassifizierung und Typologisierung. Sie geschah nach Kriterien der Leistungsfähigkeit (→ Kogge und → Hulk), des Materials (Fyreblase oder Bark), der Besegelung (Marskreier, Karavelle, Galeasse), Herkunft (Breton, Spaniard), Verwendung technischer Bauverfahren (→ Kraweel) oder militärischer Nutzung (Admiralitätsschiff, Brander, Dreidecker, Fregatte) etc. Die mittelalterliche Nutzung von S.-begriffen ist unklar und nicht nach modernen Typologisierungsmaßstäben zu fassen. Teleologische Entwicklungslinien, wie sie von deutschen Historikern wie Vogel, Szymanski und Heinsius entwickelt wurden, werden heute nicht mehr akzeptiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Teile des auf die subjektive Interpretation von Schriftquellen entwickelten S.systems aufgegriffen und mit der Übernahme abstrakter Ordnungsmuster der Archäologie verbunden und weiterentwickelt (Höckmann und Ellmers). Damit trat die Schiffstypologie aus der Wortgeschichte in die Begriffsgeschichte ein. Dies wird jedoch neuerdings kritisiert (Maarleveld, Weski, Jahnke und Paulsen). Es ist keineswegs zweifelsfrei, dass das Wort Kogge mit all seinem indifferenten etymologischen Hintergrund wirklich einen allgemeingültigen und die technischen Wesensmerkmale einer Kogge umfassenden Begriff und damit ausschließlich einen Schiffstyp im heutigen Sinne, also mit distinktiven technisch-konstruktiven Merkmalen, meint. Es bleibt vielmehr offen, ob eine derartige Klassifizierungs- bzw. Erklärungsnotwendigkeit überhaupt in hansischer Früh- und Hochzeit zu implizieren ist. Die Zuordnung von S. ist in der heutigen historischen und archäologischen Forschung umstritten und wird teilweise abgelehnt.
Literatur: T. Maarlefeld, Type or technique. Some thoughts on boat and ship finds as indicative of cultural traditions, International Journal of Nautical Archaeology 24 (1995), 3-7; M.-J. Springmann, Neue spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Schiffsdarstellungen. Ein Beitrag zur ergologischen Merkmalsanalyse in der Schiffstypologie. In: Deutsches Schiffahrtsarchiv 26 (2003), 157-85; T. Weski, Fiktion oder Realität? Nachweis spätmittelalterlicher Schiffsbezeichnungen, Skyllis 1999/2, 96-105.
Geb. 28.11.1915 in Dessau, gest. 01.04.1995 in Greifswald. Nach Kriegsdienst und Studium der Geschichte und Germanistik in Leipzig, Jena und Greifswald 1949 Promotion bei Adolf Hofmeister und Dozent an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät Greifswald. Seit Herbst 1952 begründete er als Dozent für Neuere Geschichte, seit 1958 als Professor für Mittlere und Neuere Geschichte mit seiner Habilitation zur Reformation in Rostock, Stralsund und Wismar die Hanseforschung in Greifswald und leitete jahrzehntelang die dortige, sehr produktive Arbeitsgruppe.
Quellen: Werke: (mit K. Fritze, W. Stark) Die Hanse, 1974; Die Hanse. Geschichte und Kultur, 1986.
Literatur: M. Menger, Johannes Schildhauer, in: Biographisches Lexikon für Pommern II, 2015, 238-42.
- in Planung / Vorbereitung -
Der →Peterhof (der Deutsche Hof; russ.: Nemezkoe podvorje), das →Novgoroder Hansekontor, wurde am 6. November 1494 auf den Befehl Ivans III., des Großfürsten von →Moskau, geschlossen. 47 Hansen, unter denen der Hofknecht, ein Priester und 11 “Lehrkinder” waren, wurden mit ihren Gütern im Wert von 96.000 Mark arrestiert. Die Ursache konnte bisher nicht sicher geklärt werden. Es könnte sich um einen Versuch gehandelt haben, den russischen Eigenhandel in der Ostsee zu fördern, oder um einen Racheakt des Großfürsten an den Hansestädten, v.a. an Reval, für die Unterdrückung seiner Untertanen. Der Vertrag zwischen Dänemark und Moskau von 1493, der angeblich gegen die Hanse gerichtet war, wurde auch als Grund für die S. genannt. Heute kann dies durch die Hypothese ergänzt werden, dass die S. mit dem Bruch der russischen Verhandlungen mit Maximilian von Habsburg in Jahren 1489-1493 zusammenhängen könnte. Der aktive Gesandtschaftsverkehr, den der livländische Ordensmeister Wolter von Plettenberg initiierte, hatte nur begrenzt Erfolg. Das alles legte zeitweilig den Hansehandel in Novgorod lahm und beeinflusste das Feindbild gegenüber Russland im Westen.
Literatur: M. Bessudnova, Die Schließung des hansischen Kontors in Novgorod im Jahre 1494 im Kontext der Beziehungen des Großfürsten von Moskau mit Maximilian von Habsburg, in: HGBll, 127 (2009), S. 69-99.
S. ist die Bezeichnung für → Fahrtrichtungskompagnien. In den S.n fanden sich die Kaufleute zusammen, die in den → Heringshandel in Dänemark bzw. in den Skandinavienhandel involviert waren. S. lassen sich u.a. für Stettin, Greifswald, Stralsund, Rostock, Lübeck, Hamburg, Deventer, Haarlem, Arnhem, Maastricht und Dortmund nachweisen. Zudem gab es in Köln und Soest fraternitates Danica bzw. Schleswigfahrer. Als Wappenzeichen führten sie zumeist drei Heringe. Als Kaufleutekorporationen besaßen die S. großen politischen Einfluss, den sie auch nach dem Ende der Schonenfahrt im 16. Jh. beibehalten konnten.
Literatur: E. Baasch, Die Lübecker S., 1922; W. Stieda, Das S.gelag in Rostock, HGBll 19 (1890/91), 115–50; I. Casteels, Haringhandel en heiligenverering, Tijdschrift voor Geschiedenis 132 (2019), 559-79.
Die S. waren neben den Kontoren ein weiterer privilegierter Handelsplatz mittelalterlicher Kaufleute. Am Ende des 12. Jh. nutzten lübische Kaufleute die traditionelle Heringsfischerei am Öresund dazu, dort ihre eigenen Produkte abzusetzen und eingesalzenen Hering zu exportieren. Der Handel entwickelte sich im 13. Jh. zu einer internationalen Warenmesse an der Nahtstelle zwischen dem Ost- und Nordseeraum. Die wichtigsten Messeplätze waren Skanör, Falsterbo, Malmö, Dragör, aber auch Simrishamn, Trelleborg und Ystad. Die Messe fand zur Zeit des Heringsdurchzuges von Assumptio Marie (15. August) bis Dionysius (9. Oktober) statt. Durch den Verfall des dänischen Reiches am Beginn des 14. Jh. konnten die Städte Autonomierechte auf den Messen erwerben. So entstanden temporäre, autonome Handelsgebiete, die → Vitten, ca. 27 in Skanör, 18 in Falsterbo und 17 in Dragör. Hier wurden Waren umgeschlagen und Heringe verarbeitet. Die Zolleinnahmen aus den S. stellten einen der wichtigsten Posten des königlich dänischen Budgets dar. Nach dem Stralsunder Frieden übernahmen die Städte der Kölner Konföderation die Verwaltung der Messen und vertrieben die Kaufleute anderer Städte. Die S. verloren daraufhin ihren Status als Warenmesse und sanken zu reinen Fischverarbeitungsplätzen herab. Die Vertreibung holländischer Kaufleute führte im 15. Jh. zum Wiederaufblühen der Nordseefischerei. Die nachlassende Bedeutung der Messen und der Zolleinnahmen hatte dann 1422/29 die Einführung des → Sundzolls zur Folge. Die Heringsverarbeitung auf den S. wurde bis ins 16. Jh. fortgeführt, doch sank die Bedeutung der S. stetig. Bis ins 17. Jh. erhielt Lübeck einen formellen Anspruch auf seine Privilegien aufrecht. Mit der Eroberung Schonens durch die Schweden 1658 verloren die S. endgültig ihre Rechte.
Literatur: C. Jahnke, Das Silber des Meeres, 2000; Das Buch des Lübeckischen Vogts auf Schonen, hrsg. D. Schäfer, 2. Aufl. 1927.
Unter S. versteht man eine auf Selbsteinschätzung beruhende, direkte Steuer auf Vermögens- oder Warenwerte zur Finanzierung gemeinschaftlicher Ausgaben. Die zur Berechnung der S.-Höhe herangezogenen Vermögenswerte beruhen auf Selbsteinschätzung. Im Hanseraum bezeichnet der S. sowohl eine von den Städten erhobene und von ihren Bürgern verpflichtend zu leistenden Abgabe als auch einen Beitrag zur Finanzierung der hansischen Kontore. In einigen Hansestädten (z. B. Lübeck, Stralsund, Stendal) gliederte sich der S. in einen sich am Vermögen der schossenden Person orientierenden Haupts., einen zusätzlichen Vors. als fixe proportionale Abgabe zum Haupts. und einen vierwöchig zu entrichtenden Feuerstellens.
In den hansischen Kontore stellte der S. die Haupteinnahmequelle dar. Da der S. auf sämtliche ein- oder ausgeführte Waren, Bargeld, Wechsel und auf den Wert anlaufender Schiffe entrichtet werden musste, waren diese Einnahmen maßgeblich von der Handelskonjunktur abhängig. Bei Nichtzahlung verhängten die Kontore Strafgelder. Die Steuerhöhe lässt sich nicht für alle Kontore durchgängig bestimmen. Auch existierten keine einheitlichen S.-Regelungen in den vier hansischen Kontoren. Für das Brügger und das Londoner Kontor wurde in der ersten Hälfte des 15. Jh.s eine S.-Höhe von etwa 1/240 des Warenwertes berechnet. Innerhalb der Kontorsorganisation überwachte der jährlich zu wählende S.-Meister eigenständig die Eintreibung des S.-Geldes und rechnete die Einnahmen mit dem Ältermann ab. Zur Deckung unvorhergesehener Ausgaben und in Krisenzeiten konnte die S.-Abgabe erhöht oder ein Sonder-S. erhoben werden. Die S.-Einnahmen einzelner Kontore wurden auch zur Finanzierung gesamthansischer oder städtischer Interessen herangezogen. Während die hansischen Kontore im 16. Jh. reorganisiert wurden, nahm gleichzeitig die Bereitschaft der Kaufleute, eine S.-Abgabe auf ihren Warenverkehr zu zahlen, rapide ab.
Quellen: Quellen zur Hanse-Geschichte, hg. R. Sprandel, 1982, 68-72; Übersicht zu Schossbüchern: Index Librorum Civitatum (https://www.stadtbuecher.de/de/search?q=Schoss).
Literatur: J. Hartwig, Der Lübecker Schoss bis zur Reformationszeit, 1903; E. Isenmann, Schoss, in: Lexikon des Mittelalters, 7, 1995, 1542-43; N. Jörn, „With money and bloode”. Der Londoner Stalhof, 2000; V. Henn, Die Hansekontore und ihre Ordnungen, in: Hansisches und hansestädtisches Recht, hg. A. Cordes, 2008, 15-39.
Mit S. bestanden spätestens seit dem 14. Jh. intensive Handelsbeziehungen. Bremer, preußische und andere Hansekaufleute kamen nach Edinburgh, Dunbar, Glasgow und Aberdeen, Schotten in den Ostseeraum, etwa nach Danzig. 1370 verbot Stralsund u.a. den Schotten den Handel mit fremden Kaufleuten, 1442 untersagte der Hansetag allen Nichthansen, besonders den Schotten, in den Städten in offenen Kellern Waren anzubieten. Aus dem Ostseeraum wurden Flachs, Hanf, Leinwand, Getreide, Mehl und Holz nach S. ausgeführt, aus S. Salz, Tuche, Fuchs- und Lammfelle importiert. Die Kriege S.s mit England führten zu Übergriffen auf hansische Schiffe, so dass der Hansetag zu Lüneburg 1412 den Handel mit S. und seinen Waren verbot. Dies wurde jedoch durch Hamburg, Köln, Stralsund, die preußischen und andere Städte missachtet, und 1415 musste auch das Brügger Kontor das Verbot auf Drängen der flandrischen Tuchhersteller aufheben, ohne dass die Angriffe endeten. Die engen Beziehungen zwischen S. und Frankreich führten dann während des Konflikts mit England um 1470 zu einem Bündnisangebot König Jakobs.
Literatur: P. Dollinger, Die Hanse, 6. Aufl., bearb. V. Henn, N. Jörn, 2012; A. Reitemeier, Das Handelsverbot der Hanse gegen Schottland (1412 -1415/18), in: HGbll 112 (1994), 161-236.
Die S. (auch: der Schragen) ist die niederdeutsche Bezeichnung altnordischer Ursprung (skrá – getrocknete Haut, Pergament) für Rechtssatzungen, besonders für die Statuten der Gilden und Zünfte (vor allem in Livland, wo der Ausdruck noch im 19. Jh. verwendet wurde), des Soester Stadtrechts sowie des Hansekontors zu → Novgorod. Die hansezeitliche Novgoroder S. ist in sechs Fassungen aus der Zeit um 1270 bis 1514 überliefert, wobei die erste Fassung ältere gewohnheitsrechtliche Traditionen fixiert. Die Novgoroder S. beinhaltet die Regulationen des hansischen Handels in Novgorod und der Verwaltung und inneren Rechtsprechung des Kontors. Die Entwicklung des Rechtstextes beweist den Einflussverlust der Gotländischen Genossenschaft und den Aufstieg der Rolle zuerst Lübecks und später der Livländischen Städte im hansischen Petershof. Die siebente S. von 1603 wurde für das in Novgorod gegründete Lübeckische Handelskontor verfasst.
Quellen: W. Schlüter, Die Nowgoroder S. in sieben Fassungen vom XIII. bis XVII. Jh., 1911-16.
Literatur: V. Henn, Die Hansekontore und ihre Ordnungen, in: Hansisches und hansestädtisches Recht, hrsg. A. Cordes, 2008, 15-39.
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Sie gehören zur großen Gruppe der Stadtbücher, die nicht nur in Hansestädten geführt wurden. In der Regel verzeichnen sie die als ein persönliches Bekenntnis formulierte Verpflichtung des Schuldners, einen bestimmten Geldbetrag einem Gläubiger zahlen zu müssen, was meistens durch nähere Angaben zur Zahlungsweise, insbesondere Fristen und Termine, sowie hinterlegten Sicherheiten weiter präzisiert wurde. Im 13. Jh. wurden derartige Verpflichtungen meistens in die Stadtbücher eingetragen, erst im Laufe des 14. Jh. wurden in den größeren Städten eigene S. angelegt. Für die bürgerliche Forschung des 19. Jh. waren S. von großem Interesse, da sie in den Schuldnern und Gläubigern Kaufleute sehen wollte, deren Handelstätigkeit aus den in Anspruch genommenen bzw. gewährten Krediten zu erkennen sein sollte. Die jüngere Forschung ist in dieser Hinsicht vorsichtiger, da der Kontext des Eintrags nicht zu erkennen ist. Untersuchungen zur Rolle der Schriftlichkeit in der Gesellschaft sowie der Vergleich mit der kaufmännischen Buchführung legen nahe, dass es eher um die Festschreibung von Schulden vor dem Rat oder dem Gericht, also um eine Form der rats- oder gerichtsöffentlichen Zahlungssicherung ging. Die in S.n niedergelegte Forderung war in der Folge einklagbar und musste nicht erst langwierig bewiesen werden. S. sind daher weniger wirtschaftsgeschichtlich als vielmehr rechtsgeschichtlich zu betrachten. Schuldbucheinträge stellen zudem ein interpretatorisches Problem dar, da man in der Regel nicht erkennen kann, ob der Schuldner oder der Gläubiger die Eintragung veranlasste. Festgehalten wurde lediglich, dass auf dem Schuldner eine Zahlungspflicht ruhte, die eventuell so hoch war, dass er den (Steuer-)Pflichten eines Stadtbürgers nicht mehr nachkommen konnte. S. stellen eine sozialgeschichtlich sehr interessante Quelle dar, da sie beispielsweise Hinweise zur Geschäftstätigkeit von Frauen enthalten.
Literatur: E. von Lehe, Die Schuldbücher von Lübeck, Riga und Hamburg, in: Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte, hrsg. A. v. Brandt, W. Koppe, 1953, 165-77; C. Ahlborn, Die Geschäftsfähigkeit Lübecker Frauen zu Beginn des 16. Jahrhunderts, Der Wagen (2000), 64-75.
S. hießen die Compagnien der ledigen und unselbständigen sowie fremden Kaufleute in den livländischen Städten Riga, Reval und Dorpat. Die S., die Anfang des 15. Jhs. in den Quellen auftauchen, trennten sich wahrscheinlich von der kaufmännischen Großen Gilde, als der Unterschied zwischen Bürgern und Nicht-Bürgern bedeutend wurde. Wenn ein Mitglied in der Stadt heiratete und ein eigenes Geschäft gründete, wechselte es üblicherweise zur Großen Gilde. Den Namen verdankten die S. ihrem Wappenheiligen Mauritius. Auch die Stallbrüder der livländischen Burgen wurden gelegentlich als S. bezeichnet.
Literatur: A. Mänd, Membership and Social Career in Tallinn Merchants᾿ Guilds, in: Guilds, Towns and Cultural Transmission in the North, 1300-1500, hg. L. Bisgaard, L. B. Mortensen, T. Pettitt, 2013, 229−50.
Das Kgr. S. entstand im 10. Jh. durch den Zusammenschluss des Svealandes mit dem Oster- und Westergötaland zu einem Reich, dem Sveareich (Svearige, daraus neuschw. Sverige) unter König Erik VIII. dem Siegesfrohen (Segersäll) oder dessen Sohn Olaf Schatzkönig (Skötkonung). Die Machtbasis des Sveareiches lag im Mälartal, zudem gehörten Öland und bis 1361 Gotland in loser Verbindung zum Sveareich (1361-1645 dänisch). Bis zum 13. Jh. kamen die ‘Kleinen Lande” (Småland) Njudung, Värend, Möre, Ydre, Tjust, Finnveden und Kinda hinzu. Im Norden ging S. in das Gebiet der Sami (Lappen) über, die teilweise tributpflichtig gemacht wurden. Im Westen stellten die norwegischen Provinzen Jämtland, Härjedalen und im Süden Viken und Bohuslen Übergangsregionen zwischen beiden Reichen dar. Im Süden grenzte ein dichter und undurchdringlicher Wald Småland gegen Schonen, Lister und Blekinge ab. Im Osten kolonisierte und christianisierte S. Finnland am Ende des 12. Jh., Tawastland (finn. Häme, schw. Tavastland) und Karelien (Karjala, russisch Карелия Karelija, schw. Karelen) 1249-1300. Am 15. Febr. 1362 wurde Finnland als gleichberechtigte Provinz innerhalb des schw. Reiches anerkannt und blieb dieses bis 1809 (Frieden von Frederikshamn). S. war wie Dänemark ein Wahlkönigtum und die Könige wurden seit Magnus dem Scheunenschließer (Ladulås) von den Lagmannen (Gesetzessprechern) der einzelnen Reichsteile am Stein von Mora (10 km südöstlich von Uppsala) gewählt und ausgerufen. Der Stein von Mora wurde zu Beginn des 16. Jh. durch Gustav Wasa oder seine Anhänger zerstört, um Erinnerungen an das Wahlrecht auszulöschen. Die Möglichkeiten der freien Königswahl haben im Laufe des Mittelalters zu zahlreichen Bürger- und Bruderkriegen geführt. Generell konnten sich aber drei Dynastien behaupten: die Stenkil-Dynastie von ca. 1060-1130, die Sverker von 1130-1250 und die Folkunger von 1250-1364(-1448). 1319 wurde nach einem langwierigen Bruderkrieg der dreijährige Magnus II. Eriksson zum König gewählt, der zugleich auch Erbe von Norwegen war. Damit waren beide Reiche in Personalunion vereint. Allerdings hatte der vorangehende Bruderkrieg zu einer dauerhaften Schwächung des Königtums und seiner Finanzen sowie zu einer herausragenden Stellung einiger Hochadelsgeschlechter geführt, die nicht gewillt waren, auf ihre Macht zu verzichten. 1332 konnte Magnus zwar Schonen, Lister und Blekinge käuflich erwerben und Schonen als drittes Königreich seiner Krone unterordnen (daher das schw. Reichswappen der Drei Kronen/Tre Kronor), doch konnte er auf Dauer weder Schonen gegen König Waldemar Atterdag von Dänemark behaupten noch sich gegen den Hochadel durchsetzen. In der Folge der Auseinandersetzung um Schonen verheiratete Magnus seinen Sohn Håkan VI. Magnusson mit Margarethe (I.), Tochter des dän. Königs Waldemar Atterdag. 1364 wurde Magnus als König von S. gestürzt und durch den mecklenburgischen Herzog Albrecht ersetzt. Auch Albrecht von Mecklenburg versuchte vergeblich, sich gegen den den Reichsrat beherrschenden Hochadel durchzusetzen. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung wandte sich der schw. Reichsrat 1388 an die Regentin Dänemarks und Norwegens, die norw. Königin Margarethe I. und bot ihr die Regentschaft an. Diese schlug in der Schlacht bei Åsle bei Falköping in Wester-Götaland Albrecht und nahm ihn gefangen. Einzig die Stadt Stockholm hielt zu Albrecht und die zu ihrer Unterstützung ausgesandten Vitalienbrüder stellten bald eine Bedrohung für den hansischen Handel dar.
Nachdem Margarethe auch Stockholm eingenommen hatte, vereinigte sie alle nordischen Königreiche in der sogenannten Kalmarer Union, die 1397 mit der Krönung ihres Erben, Erich von Pommern, in Kalmar besiegelt wurde. Nach dem Tode seiner Stiefmutter Margarethe im Jahre 1412 konnte Erich S. allerdings nicht dauerhaft halten, da seine erfolglosen Kriege um die dänischen Provinzen Estland und Schleswig S. Steuerlast erheblich erhöht hatte und der schwedische Reichsrat sich nicht ausreichend an der Macht beteiligt fühlte. Erich wurde durch den Aufstand des Engelbrekt Engelbrektsson 1435 gestürzt. Nachdem Engelbrekt 1436 ermordet wurde, kam Karl Knudsson aus dem Reichsratsgeschlecht der Bonde die zentrale Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen den Nachfolgern Erichs und dem s. Hochadel zu. Karl Knudsson regierte als Reichsverweser erstmalig 1438-1440. 1441 wurde er durch den letzten Unionskönig aus dem weiteren Geschlecht der Folkunger, Christopher von Pfalz-Neumarkt (gen. von Bayern), abgelöst und mit Finnland abgefunden. Nach Christophers unerwartetem Tod 1448 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Familie Oxenstierna und Karl Knudsson Bonde, der zwischen 1448 und 1457 als König regieren konnte, dann aber abgesetzt wurde und nach Danzig fliehen musste. Christopher von Pfalz-Neumarkt hatte allerdings bei seinem Tode seiner Witwe Dorothea von Brandenburg überaus große Besitzungen in S. hinterlassen und es gelang ihr 1457, ihren Mann, Christian I. von Oldenburg, als Unionskönig in S. ausrufen zu lassen. Aber auch dieser wurde 1464 gestürzt und durch Karl Knudsson Bonde ersetzt, der aber schon nach einem halben Jahr wieder nach Finnland verbannt wurde. In den folgenden Jahren kam es zu einem Machtkampf zwischen den Familien Oxenstierna und Thott/Wasa, an deren Ende 1467 Karl Knudsson Bonde abermals zum König gewählt wurde. Nach dessen Tod 1470 versuchte Christian I. ein letztes Mal, S. wieder zu erobern, wurde aber 1471 in der Schlacht am Brunkebjerg bei Stockholm vernichtend geschlagen. S. wurde nun durch den Reichsverweser Sten Sture d.Ä. regiert, der 1497 durch den Sohn Christians I., Johann II. von Oldenburg, vertrieben wurde. Johann konnte 1497 seinen Sohn Christian (II.) zum Erben ausrufen lassen, bevor er 1501 wieder abgesetzt wurde. Sten Sture d.Ä. übernahm wieder die Macht. Auf ihn folgte nach seinem Tod 1503 Svante Nilsson Sture, ein Grossneffe Karl Knudsson Bondes, der sich bis 1512 an der Macht halten konnte. Ihn beerbte 1512 sein Sohn Sten Sture d.J., der 1520 bei der Eroberung S. durch Christian II. von Oldenburg getötet wurde. Christians Eroberung wurde vor allem durch den Erzbischof von Uppsala, Gustav Eriksson Trolle, gestützt, der aus persönlichen Machtgründen bei den Krönungsfeierlichkeiten in Stockholm 1521 einen Ketzerprozess gegen den gesamten schwedischen Reichsrat durchführte, in dessen Konsequenz Christian genötigt wurde, den gesamten Rat und dessen Sympathisanten im Land hinzurichten. (Stockholmer Blutbad). Als Folge der zahlreichen Hinrichtungen kam es zu einem Aufstand unter Gustav I. Wasa, der propagandistisch und nationalistisch untermauert wurde und 1523 letztendlich dazu diente, die Wahlmonarchie abzuschaffen und eine Erbmonarchie unter den Wasas einzuführen. Die zahlreichen Thronwirren und -kriege haben den Handel im Ostseeraum stark belastet und die Hansestädte über Jahrhunderte involviert.
Wirtschaftlich zeichnete sich S. besonders durch seine Bodenschätze aus. Seit spätestens 1284, wahrscheinlich aber seit dem 11. Jh., wurde am Großen Kupferberg, dem Stora Kopperberget bei Falun, Kupfer gebrochen (bis 1992). Gleichzeitig gab es im Norra Skog (dem nördlichen Wald) bei Örebro sowie auf Utö bei Stockholm, in Dalarna, am Norberg und Skinnskatteberg in Västermanland, in Uppland sowie im Södermanland große Eisenvorkommen, die exportiert wurden. 1340 wurden allein aus dem Norra Skog 2.400 Schiffspfund Eisen ausgeführt. Die Gewinnung, Verarbeitung und der Handel mit Eisen und Kupfer geschah vielfach unter Beteiligung deutscher Experten und Kaufleute. Sowohl das Kupfer als auch das Eisen wurden vor allem über Stockholm ausgeführt, das zum wirtschaftlichen Zentrum S. aufstieg. Neben den Metallen war es vor allem der Butterexport aus Småland, der von wirtschaftlichem Interesse war. S. besaß im Mittelalter mit Stockholm, Kalmar, Visby und Viborg vier international bedeutende Handelsstädte sowie zahlreiche kleinere Zentren. Eine besondere Regel des von Kg. Magnus Eriksson zwischen 1349 und 1357 erlassenen Stadtrechtes verfestigte dabei die alte Gewohnheit, den städtischen Rat und das Bürgermeisteramt paritätisch mit deutsch und schwedisch sprechenden Mitgliedern zu besetzen, wobei die Grenzen fließend waren. Hierdurch wurde die Integration der schwedischen Städte in den norddeutschen Handel wesentlich erleichtert. Stockholm, Kalmar und Visby erscheinen zudem als Hansestädte. Es ist auch ein reges Konnubium zwischen schwedischen und deutschen Ratsfamilien zu konstatieren. Nach 1471 wurde die Regel aus propagandistischen Gründen im dänisch-schwedischen Krieg abgeschafft. Ein Teil der “deutschen” Ratsherren wurde zu “schwedischen”, andere wanderten in die deutschen Ostseestädte, vor allem nach Lübeck, aus.
Im Gegensatz zu Dänemark nimmt S. in der traditionellen Hanseforschung eine eher neutrale Stellung ein. Allerdings wirkt die nationale Propaganda der Wasazeit in der Geschichtsschreibung vor allem in S. bis heute nach. Die Rolle der Deutschen und der Hanse bleibt dabei umstritten. Zudem haben die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Fritz Rörig und Hugo Yrwing sowie von deren Schülern über die angeblich besondere Stellung der Deutschen auf Gotland den Blick auf das gesamte Reich für lange Zeit verdunkelt.
Literatur: Norsteds Sveriges Historia, Vol. II-III, 600-1600, hrsg. D. Harrison, B. Eriksson, 2010; The Cambridge History of Scandinavia, hrsg. K. Helle, 2003.
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Um 1150 entwickelte sich im Schutz einer Grenzburg die Altstadt, die jedoch Mitte des 13. Jh.s zugunsten der Neustadt, auf dem gegenüberliegenden Ufer des Flusses Aland gelegen, aufgegeben wurde. Die Lage der Neustadt an der Fernstraße zwischen Stendal und dem Elbübergang bei Wittenberge erwies sich als günstig. Gestützt auf den Handel mit Korn, Vieh und Wolle, entstand eine Stadt, die ab 1321 spätestens einen Rat besaß. S. erhielt Magdeburger Stadtrecht und ist mit seiner Teilnahme am Bündnis von 1321 Gründungsmitglied des Bundes der „Sieben Städte der Altmark“. Spätestens mit der Einladung zum Hansetag 1359 in Lübeck hat S. als Hansestadt zu gelten. Die Unterwerfung der Stadt 1488 durch den brandenburgischen Kurfürsten Johann Cicero setzte der Mitgliedschaft von S. in der Hanse ein Ende.
Literatur: M. Puhle, Hanse – 16 Städtebilder aus Sachsen-Anhalt, 2008, S. 108-17.
Die → Navigation in Nord- und Ostsee erfolgte lange aufgrund von Messungen mit dem Lot und der Beschreibung von Küstenlinien, wie sie in den Seebüchern festgehalten sind, die bis in 16. Jh. weiter ergänzt wurden. Wenn zu 1441 im Besitz des Schiffers Slackart eine Karte im Wert von 2 Nobeln erwähnt wird, dürfte es sich wahrscheinlich um eine Karte, wohl eine Portulankarte, für das Mittelmeer gehandelt haben, wie sie seit dem 13. Jh. in wachsendem Maße in Gebrauch kamen. Die Karten des früheren 16. Jhs. zu Nord- und Ostsee wie etwa die Carta Marina des Olaus Magnus (1539) waren noch nicht für die Navigation geeignet, mit Ausnahme der ersten gedruckten S., der des Jan van Hoirne (1526), die aber nur fragmentarisch erhalten ist, sowie der Caerte van Oostland des Cornelis Antonisz., die er aufgrund seines 1532 im Druck erschienenen Seebuchs anfertigte. Der Durchbruch kam dann mit den Arbeiten von Lucas Janszoon Waghenaer, dem Spiegel der Zeevaert (1584/85), dem Thresoor der Zeevaert (1592) und dem Enchuser Zeevaertboek (1598), die jeweils von Karten begleitet waren, die bis ins 18. Jh. maßgeblich blieben, ähnlich wie das die Strecke von Flandern bis Kap Skagen erfassende Werk von Aelbert Heijen (1585). An sie schloss sich eine umfangreiche niederländische Kartenproduktion an, die ungeachtet der Anpassung an aktuelle Erkenntnisse den älteren Vorbildern verpflichtet blieb.
Quellen: Lucas Janszoon Waghenaer, T'eerste deel vande Spieghel der zeevaerdt, van de navigatie der Westersche zee, innehoudende alle de custen van Vranckrijck, Spaingen ende 't principaelste deel van Engelandt, in diversche zee caerten begrepen, Leiden: Christoffel Plantijn, 1584; ders., Thresoor der zeevae
Literatur: R. Päsler, Wissen – Planung – Orientierung. Zur Überlieferung des mnd. Seebuchs und anderer Seebücher und Seekarten, in: Deutsch-russische Arbeitsgespräche zu mittelalterlichen Handschriften und Drucken, 2, hrsg. N. Ganina, 2014, 237-54; I. Rösler, Orientierung auf See (diachron): Seebücher, Seekarten, Seehandbücher, in: Aspekte der Textgestaltung, hrsg. L. Vanková, 2001, 107-20; H. Ewe, Die Seekarten des Mittelalters. Aufkommen, Verbreitung, Bedeutung, in: Beiträge zur hansischen Kultur-, Verfassungs- und Schiffahrtsgeschichte, hrsg. H. Wernicke, 1998, 201-06.
Als S. bezeichnet man jene Personen, die auf Schiffen gegen Heuer und / oder einen Anteil am Laderaum Dienst taten. Der Schiffer hatte innerhalb dieser Berufsgruppe bis ins 17. Jh. eine Sonderstellung als (Mit-) Eigner und Schiffsführer. Ausnahmen bildeten die Setzschiffer. Sie arbeiteten gegen Lohn für die Reeder. Für das Ende des 13. Jh. wird eine bezahlte Mannschaft in den Seerechten fassbar. Vor allem nordische Rechtsquellen unterschieden zuvor nur zwischen Schiffer und Schiffsdienst verrichtenden Befrachtern. Letztere besaßen ein Mitspracherecht, wenn es um die Gerichtsbarkeit an Bord sowie um den Schiffsbetrieb ging. Derartige genossenschaftliche Verhältnisse bestanden auch auf hansischen Schiffen, und zwar bis zum Ende des 14. Jh. Danach wurden sie allmählich aufgelöst und durch die alleinige Entscheidungsgewalt des Schiffers ersetzt. Zugleich unterlag dessen Arbeit – wie die aller anderen Besatzungsmitglieder – einer zunehmenden Reglementierung sowie Kontrolle durch die weltlichen Amtsträger. Der Steuermann unterstützte den Schiffer bei der nautischen Führung des Schiffes und bei der Wache an Bord. Er war aber dem Schiffer unterstellt. Unter den anderen Mitgliedern der Besatzung vollzog sich seit der Mitte des 14. Jh. eine Einteilung in Schiffs- und Bootsleute. Die Quellen des 15. Jh. nennen erstmalig den Hauptbootsmann. Er führte auf den größeren Fahrzeugen die Aufsicht über die Takelage und alle Decksarbeiten. Die Jungen oder Jungknechte bildeten das untere Ende der Hierarchie, auch wenn sie nicht zur Mannschaft gehörten. Spezialberufe an Bord waren Koch, Schiffszimmermann und Schreiber. Die Ursachen für die berufliche und auch soziale Differenzierung waren die Trennung von Handel und Schifffahrt sowie die steigende Zahl größerer Fahrzeuge. Als Folge dieser Entwicklung gewann die Qualität der seemännischen Ausbildung stärker an Bedeutung. Die Hanse und einzelne Städte regelten mittels detaillierter Bestimmungen das Leben an Bord. Zugleich wuchs die Kontrolle berufsspezifischer Fähigkeiten mithilfe von Zeugnissen, den Paßporten. Die Besatzungsmitglieder übernahmen neben den typisch seemännischen Tätigkeiten unter anderem das Laden und Löschen der Ladung sowie die Wache an Bord. Bei einem Angriff auf das Schiff waren sie zur Verteidigung verpflichtet. Schiffer und andere S. wurden außerdem für die Bewachung der Häfen, insbesondere zur Zeit der Winterlage (Schiffswache), eingesetzt. Zudem leisteten Besatzungsmitglieder zur See und an Land Kriegsdienst für die Städte, aber auch als Söldner für den Deutschen Orden. Des Weiteren waren sie am Seeraub beteiligt, d.h. sowohl an legalisierter Kaperschifffahrt als auch an kriminalisierter Piraterie.
Literatur: Seefahrt, Schiff und Schifferbrüder, hrsg. R. Hammel-Kiesow, 2001; D. Ellmers, Alltag auf Koggen – nach Bildern, Funden und Texten, in: Die Kogge, hrsg. G. Hoffmann, U. Schnall, 2003, 162-93; A. Kammler, Up Eventur. Untersuchungen zur Kaperschifffahrt 1471-1512, vornehmlich nach Hamburger und Lübecker Quellen, 2005.
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Das S., dem vollständigen Titel nach „Schiffsordnung und S.“, ist die auf dem Hansetag in Lübeck im Jahre 1614 beschlossene Kodifikation des hansischen Seerechts, das aber wie alle Beschlüsse der Hansetage erst von den Städten in geltendes Recht umgesetzt werden musste. Es wurde vom hansischen Syndikus Johannes Domann entworfen und dann unter Einfluss von Hamburg, Lübeck und Danzig modifiziert. Über das dänische Seerecht von 1561 fand auch das niederländische Seerecht Karls V. Aufnahme. Das S. enthält 103 Artikel in fünfzehn Titeln und regelt die Materie recht vollständig. Es bestimmte das Seerecht in den folgenden Jahrhunderten; mit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs von 1861 verlor das S. seine Geltung.
Literatur: G. Landwehr, Das Seerecht der Hanse (1365–1614). Vom Schiffordnungsrecht zum Seehandelsrecht, 2003.
Das S., auch Gotländisches Waterrecht genannt, ist eine 72 Artikel (Vonnisse van Damme, Ordinancie van der Zuiderzee sowie vierzehn Artikel des lübischen Seerechts) umfassende Kompilation von Seerechtsquellen, die anlässlich des Hansetags von 1407 so kombiniert und 1505 erstmals gedruckt wurde. Anlass für die Namensgebung bot das Seegericht von Wisby. Das S. fand weite Verbreitung, wurde im 16./17. Jh. in verschiedene Sprachen übersetzt und bis zum Anfang des 19. Jh.s als gemeines Seerecht in der Gerichtspraxis angewandt.
Literatur: H. Pohlmann, Die Quellen des Handelsrechts, in: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte I, hrsg. H. Coing, 1973, 801–34; G. Landwehr, Das Seerecht der Hanse (1365–1614). Vom Schiffordnungsrecht zum Seehandelsrecht, 2003; Ph. Dollinger, Die Hanse, 6. Aufl. 2012.
Die S. im Hanseraum entwickelte sich entsprechend dem europäischen Vorbild. Die hansischen Kaufleute nutzten zuerst die vorhandenen Kapazitäten des nordischen Seeverkehrs und die dortigen Bedingungen der → Fahrtgemeinschaften. Seit dem 13. Jh. kam es zu Änderungen im Schiffbau und seit dem 15. Jh. zu Änderungen der Arbeitsbedingungen an Bord. Die Konzentration der Kaufleute auf das heimische Kontor führte zu einer mentalen Trennung der hansischen Kaufleute von der eigentlichen S. Das führte zum Unverständnis der Bedingungen der S. und zu einer Kriminalisierung der Mannschaftsbedingungen (Landwehr). Entgegen älterer Auffassung lassen sich keine „hansischen“ Schiffstypen nachweisen, sondern die hansische S. war Teil der Rationalisierungen bzw. Entwicklungen der europäischen Schifffahrt.
Literatur: R. Paulsen, Schifffahrt, Hanse und Europa im Mittelalter, 2016; G. Landwehr, Das Seerecht der Hanse (1365-1614): vom Schiffordnungsrecht zum Seehandelsrecht, 2003.
Die S. wurde zur Absicherung von Menschen und Sachen gegen die Seegefahr im 14. Jh. in Norditalien entwickelt und sofort sehr populär. Mitte des 15. Jh.s war sie auch in Flandern bekannt, doch im Hanseraum fasste das Geschäft – sieht man von einem schlecht belegten Einzelfall von 1513 ab – erst im späten 16. Jh. Fuß. Die Hansekaufleute müssen die S. aus Brügge gekannt, sich aber gegen eine Übernahme entschieden haben, weil sie andere Wege zur Risikoreduzierung durch Streuung der Investitionen gefunden hatten.
Literatur: W. Ebel, Gottschalk Remlinckrade. Seine Taten und Untaten und die älteste Versicherungspolice vom Jahre (1531), Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 60 (1971), 137-53; P. Koch, Art. Versicherungswesen, Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte V, 1. Aufl. 1998, 815-26.
Seit Ende des 13. Jh.s wurden in Oberitalien kostbarste Seidengewebe aller Art hergestellt. Über namhafte italienischen Handelsfirmen gelangten diese vornehmlich nach Brügge und wurden von dort aus von den Hansekaufleuten weiterverhandelt. Leider tauchen die Luxusstoffe so gut wie nie im hansischen Schriftverkehr auf. Beredtes Zeugnis von der Schönheit dieser Erzeugnisse und ihrer weiträumigen Verbreitung nördlich der Alpen liefern jedoch zum einen die Paramentenbestände in Danzig, Stralsund und Lübeck, zum anderen die Werke der Tafelmaler des späten 14. und 15. Jh.s.
Literatur: A. Stauffer, Italienische Seiden in Dortmund im 14. und 15. Jh., in: Dortmund und die Hanse: Fernhandel und Kulturtransfer, hrsg. T. Schilp, B. Welzel, 2012, 95-114.
Die S. war für verschiedene Zwecke speziell im Haushalt, in Tierfang und Fischerei, in Landwirtschaft und Bergbau, im Handwerk und Transportwesen unentbehrlich. Sie wurde auch auf dem Lande betrieben, ist aber schon früh in Städten als Beruf belegt (1150 in Köln, 1414 dort als Zunft). Für stärkere Seile, Taue oder Fäden wurde Hanf, für dünne auch Flachs verwendet. Rohstoff oder Halbfertigwaren wurden z.T. über weite Entfernung herangeführt; ein wichtiges Importgut wurde russischer Hanf. Neben den Seilern, die eher für den lokalen Bedarf rechtsgedrehte dünnere und kürzere Seile, Netze, Gurte, Taschen u.a. herstellten, bildete sich in den hansischen Seestädten mit ihrem regen Schiffsverkehr seit dem 13. Jh. die eigene Berufsgruppe der Reepschläger oder Reifer heraus, die für Schiffer und Kaufleute vor allem linksgedrehtes, schweres Tauwerk und verschiedene Produkte wie Ankertaue, Seile, Schnüre und Kordeln zur Seefahrt fertigten. In Bremen ist ein Seilschläger 1261, in Hamburg ein Reepschläger 1265 belegt; Amtsrollen mit Vorschriften finden sich in Hamburg 1345, in Wismar 1387 und Lübeck 1390, in dessen Ordnung neben Hamburg und Wismar auch Rostock, Stralsund und Stettin als Standorte erwähnt werden. Im Binnenland war die Zahl der Reepschläger oft nicht allzu groß (in Lüneburg 1517 wie vorher Festlegung auf 8 Werkbrüder). Die Produktion erfolgte auf den langen Seiler- bzw. Reeperbahnen, die sich häufig im Freien, z.T. an Stadt- oder Friedhofsmauern oder außerhalb befanden; den Danziger funifices wurde z.B. 1390 ein Gelände jenseits der Grünen Brücke (Koggenbrücke) zugewiesen. Die u.a. in Riga, Reval und Lübeck vorhandene eigene Berufsgruppe der Hanfspinner für die Herstellung von auch für andere Standorte bestimmten Garnen und die Belege für Kabeldrahtherstellung und -export aus Kalmar und Preußen deuten auf eine Spezialisierung und überlokale Arbeitsteilung bereits im späten Mittelalter hin. 1462 berichtete der Revaler Rat den Lübeckern von der Einsetzung eines Oldermanns bei den Hanfspinnern zur Sicherung der Garnqualität (UB Lübeck 10, Nr. 184). Eine Rigische Bursprake von 1412 deutet auf die Praxis von Krediten auf Kabeldraht hin.
Literatur: W. Stieda, Hansische Vereinbarungen über städtisches Gewerbe im 14. und 15. Jh., in: HGbll. 15 (1886), 101-55; F. Troitzsch, Das Seilergewerbe in Deutschland, seine Geschichte zur Zunftzeit und die neueste Entwicklung, 1910; H.-P. Mielke, Seiler und Reepschläger, in: R. Reith (Hrsg.), Lexikon des alten Handwerks, 1990, 193-99.
Das s. oder Sendegut ist Kaufmannsgut (ve =Vieh, verallgemeinert zu Handelsgut; vgl. altnord. felag), mit dem der Kapitalführer in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Kapitalgebers handelt. Dessen Eigentum wird in bestimmten Zusammenhängen, z. B. beim Zoll, relevant. Der Kapitalführer wird für seine Tätigkeit nicht entlohnt. Vielmehr wird ihm das S. als Ergänzung zu einer → wedderlegginge, an deren Gewinn er als Mitgesellschafter profitiert, mitgegeben, oder er enthält entsprechende Gegendienste seines Partners. Dies ist eine mögliche Konstruktion, wie sie der von Mickwitz so genannten „Fernhandelsgesellschaft auf Gegenseitigkeit“ (Mickwitz, passim) zugrunde liegen konnte.
Literatur: G. Mickwitz, Aus Revaler Handlungsbüchern. Zur Technik des Ostseehandels in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, 1938; A. Cordes, Spätmittelalterlicher Gesellschaftshandel im Hanseraum, 1998.
Die S. waren wie →Island und die →Färöer als Schatzland des dänisch-norwegischen Königs wirtschaftlich in den →Bergener Stapel eingebunden. Nach Übergabe der Inseln an →Schottland 1469 wurden jedoch direkte Handelsverbindungen zu Hansestädten angeknüpft. Hauptsächlich waren es Bremer Kaufleute, die jährlich verschiedene Häfen der Inseln anliefen, ab der Mitte des 16. Jh. zunehmend auch die Hamburger. Das Haupthandelsgut war Fisch, der, im Gegensatz zum in Island und →Norwegen hergestellten →Stockfisch, meistens aus Leng (molva molva) hergestellt und mit Salz konserviert und getrocknet wurde. Im 17. Jh. gerieten die Bremer und Hamburger auf den S. durch Zollerhöhungen, Kriege auf der Nordsee und Wirtschaftskrisen zunehmend in Bedrängnis. Die bei der Vereinigung der Königreiche England und Schottland 1707 ausgestellten Navigation Acts bedeuteten das endgültige Ende des hansischen Handels mit den S.
Literatur: K. Friedland, Der hansische Shetlandhandel, in: Stadt und Land in der Geschichte des Ostseeraums, hg. ders., 1973, 66-79; B. Holterman, The Fish Lands, 2020.
Die Stadt wurde ca. 980 am Mälarsee gegründet. Die 700 m lange und 100 m breite Bebauung folgte dem Seestrand mit der noch vorhandenen Stora gatan als Hauptweg und Quergassen hinunter zum Wasser. Gründer war die königliche Macht des frühen schwedischen Reiches. Ab ca. 995 prägte der erste christliche König Olof Skötkonung Münzen in S. Im 11. Jh. wurden mehrere Kirchen außerhalb des Stadtgebiets angelegt, wovon eine russisch war. Mitglieder einer friesischen Gilde sind auf zwei Runensteinen erwähnt – den Namen nach sowohl Friesen als auch Schweden. Nach der Mitte des 13. Jhs. nahm die Bedeutung von S. ab.
Literatur: J. Ros, Sigtuna. Staden, kyrkorna och den kyrkliga organisationen, 2001.
Der S. auf mittelalterlichen Versammlungen wurde von den Teilnehmern große Bedeutung zugemessen, denn in der Reihenfolge der Plätze wurden üblicherweise die Voten zu den einzelnen Tagesordnungspunkten abgegeben. Wer weiter vorne saß, durfte sich früher äußern und konnte mit seinen Antworten den Gang der Verhandlungen besser prägen als jemand, der weiter hinten sitzen und entsprechend später sprechen durfte. Auf einer hansischen Tagfahrt saßen die Vertreter der Städte grundsätzlich in der gleichen Reihenfolge wie auf der letzten Versammlung. Da aber nicht immer alle Städte Vertreter schickten, konnten Konflikte über die Sitzordnung aufkommen. Dabei argumentierten die streitenden Parteien zumeist mit der Tradition: Sie wollten dort sitzen, wo sie bisher platziert gewesen seien. Beispielsweise wollte Bremen 1418 vor Hamburg, Hildesheim 1518 vor Göttingen eingereiht werden. Im Jahr 1418 wurde erstmals in den Rezessen protokolliert, dass die Vertreter auf einer rechten und einer linken Bank saßen; vom Hansetag von 1619 existiert eine Zeichnung des Münsteraner Gesandten Johannes Herde. Es ist nicht klar, ob Lübeck, das bis ins 17. Jh. meistens die Verhandlungen führte, auf einer eigenen Bank saß; als der Syndikus die Verhandlungsführung übernahm, wurde er wohl auf einer separaten Bank am Kopf des Versammlungssaals platziert. Vor ihm saßen die Städtevertreter in U-Form. Zuerst durfte die von ihm aus gesehen rechte Seite der Städte ihre Stimmen abgeben, wobei mit der ihm gegenüberliegenden Seite begonnen wurde, und anschließend die Städte auf der linken Seite des Saals.
Literatur: J. L. Schipmann, Politische Kommunikation in der Hanse (1550-1621), 2004; M. Seier, Ehre auf Reisen. Die Hansetage an der Wende zum 16. Jh. als Schauplatz für Rang und Ansehen der Hanse(städte), 2017; F. Bruns, Eine Platzordnung des Hansetages von 1619, in: Zeitschrift für Lübeckische Geschichte 24 (1928), 179-96; B. Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, hrsg. J. Kunisch, 1997, 91-132.
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S. ist eine altrussische Stadt am Oberlauf des Dnjepr. Hier entstand im 9.-10. Jh. eine von Skandinaviern geprägte Siedlung in Gnezdovo, deren Rolle im Fernhandel im 11. Jh. vom benachbarten S. übernommen wurde. Im 12. Jh. etablierte sich hier das Fürstentum, dessen Reichtum auch die überregionale Bedeutung der S.er Schule der Baukunst bezeugt. Im 13.-14. Jh. konnte S. zwischen Litauen, nordostrussischen Fürsten und Mongolen seine Eigenständigkeit im Wesentlichen bewahren, bis Großfürst Vytautas von Litauen 1395 und 1404 die Stadt eroberte. Gleichzeitig ging die wirtschaftliche Bedeutung von S. zurück. 1514 fiel die Stadt an den Großfürsten von Moskau. S. war im Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt, die im hansischen Bereich besonders mit Riga Handel trieb. Im → Vertrag von S. (1229) wird die Marienkirche des deutschen Kaufmanns erwähnt, die zum Ende des 14. Jh. jedoch nicht mehr im Besitz der Hansen war.
Literatur: G. Lenhoff, J. Martin, S. after the Mongol Invasions: a Reconstruction, Die Welt der Slaven 59 (2014), 111-36; E. Mühle, Die städtischen Handelszentren der nordwestlichen Ruś, 1991.
S. ist eine schwedische Handelsstadt im östlichen Östergötland am Zusammenfluss der Kleinen und Großen Au (Lill- u. Storån, heute fälschlich Söderköpingså genannt und im Götakanal aufgegangen) vor dem Ausgang in den Slätbaken, einem besonders tiefen Ostseefjord. Der Ort liegt an der südlichen Grenze des Vikbolandets, das im Norden von der Bråvik mit Norrköping abgegrenzt wird. Der Name S., “südliche Kaufmannstadt”, referiert so entweder zur Lage im Vikboland oder auf Norrköping, die “nördliche Kaufmannstadt”. Seit dem 11. Jh. wurden die sumpfigen Niederungen am Zusammenlauf der Auen besiedelt und spätestens zu Beginn des 13. Jh.s zu einer Stadt ausgebaut. Die ältesten hölzernen Straßenbeläge datieren z.Zt. auf das Jahr 1204. 1235 wird eventuell ein Franziskanerkloster angelegt und 1253 wird erstmals ein Götulf Ryss (Russe) als dominus und cives in S. erwähnt. Die Stadt erhielt das nordische Bjarkey-Recht (Birkinselrecht, Kaufmannsrecht), dessen älteste Redaktion im Stadtrecht von S. von ca. 1290 überliefert ist. Im 13. und 14. Jh. verzeichnete S. eine starke Einwanderung aus dem niederdeutschen Raum und war in das hansische Handelsnetzwerk integriert sowie durch Connubium mit den Bürgern niederdeutscher Städte verbunden. Der seit 1293 nachgewiesene Rat von S. war so, wie in vielen schwedischen Städten, zweisprachig, seit Einführung des neuen Stadtrechtes zur Mitte des 14. Jh.s bis 1471 bestand der Rat zur Hälfte aus Deutschen. S. gehörte teilweise zur Mitgift schwedischer Königinnen und entwickelte sich vor allem im 13. und 14. Jh. zu einem der wichtigsten politischen Zentren Schwedens. Hier wurden u.a. 1281 Heilwig von Holstein zur Königin und 1302 Birger Magnusson zum König gekrönt. S. diente vor allem als Ausfuhrhafen für die Eisenproduktion des Mälartales und stand als solcher in direkter Konkurrenz zu Stockholm, welches die Stadt im 13. und 14. Jh. noch überflügeln konnte. Im 17. Jh. wurde auch im Umland von S. Kupfer gewonnen. Bis in das 15. Jh. galt S. als Referenzmarkt für schwedisches Eisen, dessen Marktpreis als richtungsweisend galt. 1567 wurde die Stadt durch schwedische Truppen im Nordischen Siebenjährigen Krieg zerstört und hat sich davon nicht wieder erholt, da der Hafen der Stadt durch die Landhebung gleichzeitig zum Ende des 16. Jh.s unbefahrbar wurde. Die Quellenlage zur Handelsgeschichte der Stadt ist durch die Zerstörungen des 16. Jh.s schlecht. Lediglich einige rechtsgeschichtliche Aufzeichnungen sind vorhanden.
Literatur: D. Harrison, En medeltida Storstad. Historien om Söderköping, 2012; S. Ljung, Söderköpings Historia, 1949.
S. liegt in der fruchtbaren Börde nördlich des Sauerlands in Westfalen. Vorstädtische Siedlungsstrukturen werden erstmals 836 genannt. Eine Stadtmauer (2. Hälfte des 12. Jh.s) und das Stadtrecht (→ Soester Stadtrecht) deuten auf einen Stadtwerdungsprozess hin, der spätestens um 1200 abgeschlossen war. Politisch gehörte S. zunächst zum Erzstift Köln, jedoch konnte es sich schon im Laufe des 13. Jh.s eine weitgehende Autonomie erkämpfen (Siegel 1168; Bürgermeister 1223; Erwerb der Vogtei 1279/1281). In der Soester Fehde (1444-1449) sagte sich S. endgültig vom Kölner Erzbischof los und stellte sich unter den Schutz des Herzogs von Kleve-Mark (seit 1531 reformiert), bevor es 1614 endgültig an Brandenburg (Preußen) fiel.
In wirtschaftlicher Hinsicht dominierten im Früh- und Hochmittelalter vor allem Salzgewinnung und Metallverarbeitung, später dann der Handel. Die verkehrsgünstige Lage an der Kreuzung des Hellwegs (Ost-West-Verbindung) mit der Nord-Süd-Achse (Münster–Frankfurt) ermöglichte es S., eine Verbindungsfunktion zwischen Flandern, dem Rheinland und dem Ostseeraum einzunehmen. Auf die Bedeutung S.s im Fernhandel lässt die Bruderschaft der Schleswigfahrer schließen, die wohl vor die Gründung Lübecks im 12. Jh. zu datieren ist. Darüber hinaus unterstreichen die Zollfreiheiten in Köln (1154) und Kaiserswerth (1198) die Bedeutung S.s. Die Nennung Soester Bürger im → Smolensker Vertrag 1229 deutet ebenso wie die Befreiungen vom Strandrecht (1232 durch den dänischen und 1252 durch den deutschen König Wilhelm von Holland; 1308 durch den Markgrafen von Brandenburg) auf weitreichende Handelskontakte hin.
Auch das Soester Stadtrecht reflektiert den Fernhandel: Schon 1165 werden als Reiseziele Dänemark und Russland genannt, zudem ist Kaufleuten der gütliche Ausgleich von Streitigkeiten auf Reisen vorgeschrieben. In der Alten Kuhhaut von 1225/26 deutet eine Regelung für den Verbleib erbenlosen Guts von Friesen und ‚Galliern‘ (Flamen?) auf Kontakte in den Norden und Westen hin.
S. war bedeutendes Mitglied der Hanse in Westfalen. Neben Münster, Osnabrück und Dortmund gehörte es zu den Prinzipalstädten. Es vertrat als hansischer Vorort westfälische Städte wie Lippstadt, Werl, Arnsberg, Attendorn, Brilon und Rüthen, deren Zugehörigkeit zur Hanse neuerdings jedoch nicht mehr in allen Fällen als sicher angesehen wird. 1469 fand der erste westfälische Regionaltag in S. statt. Auf dem letzten Hansetag 1669 war S. nicht mehr vertreten. Die wirtschaftliche Bedeutung S.s hatte spätestens seit dem 15. Jh. abgenommen.
Literatur: C. von Looz-Corswarem, Die Stadt Soest als hansischer Vorort des Kölnischen Westfalen, in: Soest. Stadt–Territorium–Reich, hrsg. G. Köhn, 1981, 345-82; W. Ehbrecht, Luise von Winterfelds Untersuchung ,Das westfälische Hansequartier‘ im Lichte der Forschung mit besonderer Berücksichtigung der kleinen Städte, in: Der Raum Westfalen 6/1, 1989, 251-76; Soest. Geschichte der Stadt, hrsg. W. Ehbrecht u. a., bislang 3 Bde.1995–2010; G. Köhn, Soest – ein westfälischer Vorort der Hanse, in: Die Hanse. Lebenswirklichkeit und Mythos, hrsg. J. Bracker u. a., 1999 3.Aufl., 310-18; W. Ehbrecht, M. Siekmann, T. Tippach, Soest, 2016.
Die mit dem Herzogtum Westfalen seit 12. Jh. dem Erzbischof von Köln unterstehende Stadt →Soest kündigte am 25.6.1444 Erzbischof Dietrich von Moers den Gehorsam auf und unterstellte sich Johann von Kleve-Mark, dem Erben des Herzogs Adolf von Kleve. Soest hatte seit dem 12. Jh. zunehmend wirtschaftliche Bedeutung gewonnen, ein eigenes Stadtgebiet aufgebaut und eine gewisse Autonomie erreicht. Dem standen die seit den 1380er Jahren intensivierten Bemühungen der Erzbischöfe gegenüber, ihre Landesherrschaft zu stärken. Seit sich 1437 Ritter und Städte in Westfalen zur Wahrung ihrer Rechte verbunden hatten, verschärfte sich der Konflikt, und schon im Juli 1444 kam es auch zu militärischen Auseinandersetzungen. Den Höhepunkt bildete die Belagerung Soests im Sommer 1447 mit einem Heer von 15.000 vorwiegend böhmischen bzw. sächsisch-meißnischen Söldnern, die der Erzbischof am 21.7.1447 allerdings wegen Streitigkeiten um Versorgung und Soldzahlungen abbrechen musste. Der im April 1449 unter Vermittlung des Papstes und des Herzogs von Burgund vereinbarte Friede schrieb die erreichte Situation fest. Während das Erzbistum entscheidend geschwächt wurde, blieb Soest unter der Herrschaft der durch den Ausgang gestärkten Herzöge von Kleve.
Quellen: Das Kriegstagebuch über die Soester Fehde, hrsg. F. Jostes, in: Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 21. Die Chroniken der westfälischen und niederrheinischen Städte, Bd. 2: Soest, 1889, 1-171; F. Winter, Quellenchronik zur Soester Fehde, 1997.
Quellenverlinkung: https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/input_felder/langDatensatz_ebene4.php?urlID=609&url_tabelle=tab_websegmente (W. Bockhorst, Juni 1444 – der Beginn der Soester Fehde)
Literatur: H.-D. Heimann, Zwischen Böhmen und Burgund, 1982; W. Janssen; Geschichte des Erzbistums Köln, Bd. 2,1: Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter, 1995, 258-277; H.-D. Heimann, Die Soester Fehde. Geschichte einer erstrittenen Stadtfreiheit, 2003.
Das Recht der Stadt → Soest zählt zu den ältesten Stadtrechten innerhalb der Hanse. Es ist quellenmässig erstmals in der Rechtsmitteilung an Medebach (1165) fassbar, die Grundlage der Alten Kuhhaut (1225/26) wurde. Die Neue Kuhhaut aus dem ausgehenden 13.Jh. (1281/82) ist eine geringfügig veränderte Abschrift der Alten Kuhhaut. Die erste niederdeutsche Bearbeitung des Soester Stadtrechts stellt die Alte Schrae dar (1367; auch Altes Stadtbuch genannt; → Schra). Die Neue Schrae entstand 1531.
Der Ursprung des S. R.s wurde im → Kölner Stadtrecht vermutet, jedoch sind Übernahmen nur in Ansätzen zu belegen (Gerichtsverfassung, Erbleihe). Auch die Nennung Kölns als mater nostra in einer Soester Brottaxe (2. Hälfte 13. Jh.) bezeugt mehr die Übernahme kirchlicher Diktion als eine stadtrechtliche Abhängigkeit. Die Aufnahme kanonistischer Prinzipien im Beweis- und Strafrecht in den älteren Aufzeichnungen deutet auf eine kirchliche Prägung des S. R.s hin.
Das Soester Stadtrecht reflektiert nicht nur die Verfassung der Stadt (Bürgermeister, Verhältnis zum Kölner Stadtherrn/Vogtei, Erbleihgrundstücke), sondern erhellt auch einige Aspekte des Privat- und Handelsrechts. So deuten Vorschriften in den älteren Aufzeichnungen aus dem 12. und 13. Jh. auf weitreichende Handelskontakte bis Dänemark und Russland sowie in den Westen hin (→ Soest).
Die Reputation des S. R.s beruht auf seiner – mehr vermuteten als nachgewiesenen – weiten Verbreitung innerhalb wie außerhalb der Hanse. So haben sich die Lübecker Bürger – ausweislich eines Zeugnisses Arnolds von Lübeck – 1181 vor der Übergabe der Stadt an Kaiser Friedrich I. Barbarossa vorbehalten, nach S. R. (secundum iura Sosatie) zu leben. Den Hamburger Bürgern gestand Albrecht von Orlamünde um 1216 zu, das S. R. und das Lübische Recht gebrauchen zu dürfen. Das vermeintliche Filiationsverhältnis zwischen Lübeck und Soest gewann im 17. und 18. Jh. in der Diskussion, ob Kommentare zum → Lübischen Recht (→ David Mevius) in Westfalen anwendbar seien, neue Bedeutung.
In Westfalen lassen sich nur für wenige Städte der mehr als sechzig Städte umfassenden Soester Stadtrechtsfamilie engere Rechtskontakte mit Soest nachweisen (Attendorn, Korbach, Medebach und Siegen); andere Tochterstädte nahmen sich das Recht von Soest zwar als Vorbild, wandelten es aber grundlegend ab und orientierten sich nicht weiter an Soest (Lippstadt, Rüthen). Die Bedeutung des S. R.s in der spätmittelalterlichen Lebenswelt sowie für die hansische Geschichte sollte nicht überschätzt werden, auch wenn es die Forschung seit dem 19. Jh. – nicht zuletzt aufgrund der vermuteten Ausstrahlungswirkung sowie der guten Archivlage – immer wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt hat.
Literatur: W. Ehbrecht, Stadtrechte und Geschichtslandschaften in Westfalen, in: Der Raum Westfalen 6/1, 1989, 217-50; T. Schöne, Das Soester Stadtrecht vom 12. bis zur Mitte des 15. Jh.s, 1998; S. Dusil, Zur Verbreitung des Soester Rechts im Mittelalter. Perspektiven der vergleichenden Stadtrechtsforschung, in: Hansisches und hansestädtisches Recht, hrsg. A. Cordes, 2008, 173–204; S. Dusil, Die Soester Stadtrechtsfamilie. Mittelalterliche Quellen und neuzeitliche Historiographie, 2007.
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S. spiegeln eine entwickelte Stufe städtischer Schriftlichkeit. Während zunächst einzelne Dokumente, sei es auf Papier, Pergament oder Wachstafeln, gesammelt wurden, stellen S. den Versuch einer langfristig zugänglichen Dokumentation, Organisation und Archivierung städtischen Verwaltungsschriftguts dar. Vielfach bildeten dabei Rechtsgeschäfte den Kern der Aufzeichnung. In Lübeck waren dies unter anderem Schuldanerkenntnisse, andernorts Einträge zur freiwilligen Gerichtsbarkeit wie Verpachtungen, Erb- und Eheverträge sowie schiedsrichterliche Entscheidungen. Dazu kamen Ratsbeschlüsse, Baubestimmungen, städtische Schulden, Zinsverzeichnisse, Rentenkäufe und anderes mehr. Bald wurden die S. mit verschiedenen Inhalten zu unübersichtlich, so dass sich, von Stadt zu Stadt unterschiedlich, Serien von S. zu einheitlichen Überlieferungen bildeten. Das betraf unter anderem die → Privilegien und Urkunden, Willküren und Ordnungen, Grund-, Bürger- und Gerichtsbücher, Zins- und Zollregister, → Stadtrechnungen und → Briefbücher (vgl. die Systematik des Index librorum civitatum). Zu den wichtigsten Serien Lübecks gehören unter anderem das Oberstadtbuch (für Grundstücksgeschäfte) und das Niederstadtbuch (unter anderem für Rentenkäufe, Handels- und Kreditgeschäfte).
Quellen: Das Lübecker Niederstadtbuch 1363–1399, 2 Bde., hrsg. U. Simon, 2006; Das Elbinger Stadt-buch, 2 Bde, hrsg. H. W. Hoppe, 1976-1986; Der Stralsunder Liber memorialis, 6 Bde., hrsg. H.-D. Schroeder, 1964-1988.
Quellenverlinkung: Index librorum civitatum: http://www.stadtbuecher.de/
Literatur: Harm von Seggern, Quellenkunde als Methode. Zum Aussagewert der Lübecker Niederstadtbücher des 15. Jahrhunderts, 2016; Verwaltung und Schriftlichkeit in den Hansestädten, hrsg. J. Sarnowsky, 2006; H. Steinführer, Die Leipziger Ratsbücher 1466-1500. Forschung und Edition, 2 Bde., 2003; J. Tandecki, Średniowieczne księgi wielkich miast pruskich jako żródła historyczne i zabytki kultury mieszczańskiej [Mittelalterliche Bücher der preußischen Großstädte als Geschichtsquellen und Denkmäler der bürgerlichen Kultur], 1990.
Seit den 20er Jahren des 13. Jh. (in Oberitalien bereits seit den 60er Jahren des 12. Jh.) kam es, ausgehend vom Mittelrheingebiet, auf der Grundlage beschworener Vereinbarungen überall im Reich zu Bündnissen zwischen zwei oder mehreren Städten, die vor allem im regionalen Rahmen und zumeist befristet abgeschlossen wurden. Voraussetzung dafür war eine so weit entwickelte kommunale Autonomie, dass sie den Städten die Möglichkeit gab, eigene außen- und bündnispolitische Entscheidungen zu treffen. Die Ziele dieser Bündnisse bestanden in der Befriedung der Handelswege und dem Schutz der städtischen Kaufleute sowie der gegenseitigen Unterstützung gegen Beeinträchtigungen der städtischen Unabhängigkeit durch die jeweiligen Stadt- und Landesherren; seit dem 14. Jh. kam die Hilfeleistung bei innerstädtischen Unruhen (Bürgerkämpfen, Stadtkonflikten) hinzu. Gelegentlich kam es auch vor, dass sich die Städte eines Territoriums, etwa im Falle einer Sedisvakanz, zusammenschlossen, um gemeinsam die Friedenswahrung im Lande zu garantieren. Verbote von St.n seitens des Reiches (1231, 1356, 1389) blieben wirkungslos. Gemischt-ständische Bündnisse, an denen neben den Städten auch adelige Herren beteiligt waren (wie z. B. beim Rheinischen Bund von 1254 oder den diversen Landfriedensbündnissen), waren keine St. Auch die Hanse war, anders als vielfach behauptet, kein Städtebund; städtebündischen Charakter hatten hingegen die seit dem frühen 15. Jh. beratenen → Tohopesaten. Seit dem ausgehenden 15. Jh. gab es zwar Bestrebungen, auch innerhalb der Hanse die bündischen Elemente zu stärken, die in den Konföderationsnoteln von 1557 und 1579 ihren Höhepunkt fanden, aber weitgehend wirkungslos blieben.
Literatur: E.-M. Distler, Städtebünde im deutschen Spätmittelalter. Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung zu Begriff, Verfassung und Funktion, 2006; G. Raabe, Bündnisse der wendischen Städte bis 1315, 1971; E. Engel, Städtebünde im Reich von 1226 bis 1314 – eine vergleichende Betrachtung, in: Bürgertum – Handelskapital – Städtebünde, hrsg. K. Fritze u. a., 1975, 177-209; M. Puhle, Die Politik der Stadt Braunschweig innerhalb des Sächsischen Städtebundes und der Hanse im späten Mittelalter, 1985; ders., Der sächsische Städtebund im späten Mittelalter – Regionale „confoederatio“ oder Teil der Hanse?, in: HGbll. 112 (1994), 125-138; J. K. W. Berns, Propter communem utilitatem, 1991; M. Seier, Die Hanse auf dem Weg zum Städtebund. Hansische Reorganisationsbestrebungen an der Wende vom 15. zum 16. Jh., in: HGbll. 130 (2012), 93-123.
S. sind eine Kategorie mittelalterlicher → Stadtbücher. Sie umfassen zum einen allgemeine städtische Rechnungen wie die Kämmereirechnungen von → Hamburg, → Elbing und → Reval (Tallinn) oder wie die S. von → Arnheim und → Köln. Zum anderen sind sehr unterschiedliche Rechnungen einzelner städtischer Ämter, Bau-, Sold- und Reiserechnungen, Zins- und Zollrechnungen usw. erhalten. Sie bieten nicht nur Einsichten in die städtischen Haushalte, sondern in die städtische Verwaltung und in die Strukturen der einzelnen Städte, der regionalen Städtebünde und der Hanse sowie in weitere Fragen zur Schriftlichkeit, zur städtischen Wirtschaft und zu den städtischen Führungsschichten.
Quellen: Kämmereirechnungen der Stadt Hamburg, 7 Bde., hrsg. K. Koppmann, 1869-1894; Nowa Księga Rachunkowa Starego Miasta Elbląga 1404-1414 / Novus Liber Rationum Veteris Civi-tatis Elbingensis, hrsg. M. Pelech, 2 Bde., 1987-1989; Kämmereibuch der Stadt Reval, hrsg. R. Vogelsang, 2 Bde., 1976-1983; De stads
Quellenverlinkung: Index librorum civitatum: http://www.stadtbuecher.de/
Literatur: Konzeptionelle Überlegungen zur Edition von Rechnungen und Amtsbüchern des späten Mit-telalters, hrsg. J. Sarnowsky, 2016; Wirtschafts-und Rechnungsbücher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hrsg. G. Gleba, N. Petersen, 2015.
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Das S. erlaubte einer Stadt, von durch- oder vorbeifahrenden Kaufleuten die zeitweise Niederlage ihrer Waren zum Verkauf verlangen zu können, weswegen auch der Begriff Niederlagerecht häufig synonym verwendet wird. Zweck war in der Regel die Stärkung der städtischen Wirtschaft, zumal die Stadt für das S. Gebühren verlangte. Dieses Instrument nutzte die Hanse vielfach. So erzwang sie z.B. ein Ausfuhrmonopol für Getreide ausschließlich für die Hansestädte (20.5.1417: HR I, 6, 397), wovon v.a. Lübeck profitierte. Das Haupt der Hanse konnte einen Stapelzwang für zahlreiche Lebensmittel, die auf der Brügge-Nowgorod-Route gehandelt wurden, durchsetzen. Die Stapelgebote führten regelmäßig zu kriegerischen Auseinandersetzungen wie dem hansisch-holländischen Krieg (1438-1441) oder den im 14. Jh. immer wieder aufkochenden Konflikten mit Brügge.
Literatur: O. Gönnenwein, Das Stapel- und Niederlagsrecht, 1939; S. Jenks, Der Frieden von Utrecht 1474, in: Der hansische Sonderweg?, hrsg. S. Jenks, M. North, 1993, 59-76.
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Geb. 24.07.1924 in Danzig, gest. 20.02.2009 in Greifswald. Nach Arbeits- und Kriegsdienst Studium von Geschichte und Latein in Greifswald, seit 1951 dort Dozent an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät, 1969 Promotion zum Verhältnis Lübecks zu Danzig in der zweiten Hälfte des 15. Jh. bei Johannes Schildhauer, 1980 Habilitation zum Profit im Hansehandel. Seit 1962 Assistent, seit 1969 Oberassistent, seit 1982 Dozent, seit 1986 a.o. Professor in Greifswald, Mitglied der AG Hanse- und Stadtgeschichte in Greifswald, Mitarbeit an der Edition der Rechnungsbücher Hildebrand Veckinchusens.
Quellen: Werke: (mit J. Schildhauer, K. Fritze), Die Hanse, 1974; Untersuchungen zum Profit beim hansischen Handelskapital in der ersten Hälfte des 15. Jh., 1985.
Literatur: "Kopet uns werk by tiden". Beiträge zur hansischen und preußischen Geschichte. FS für Walter Stark zum 75. Geburtstag, hg. v. N. Jörn, D. Kattinger, H. Wernicke, 1999.
Das Hansekontor in → Bergen unterteilte sich in einzelne Höfe, die sich aus mehreren Handelsstuben, den S., zusammensetzten. Jeder S. beherbergte die Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräume sowie die Schreibstube eines Kaufmanns und seiner Jungen und Gesellen. Der Hausherr (husbonde) hatte die Befehlsgewalt am S. inne und war dem Kontor gegenüber für das Verhalten seiner Untergebenen und Gäste verantwortlich. Hausherr und Gesellen bewohnten eigene Kammern, die Jungen lebten in engen Gemeinschaftsräumen. Aufgrund der Feuergefahr durften die aus Holz errichteten S. nicht beheizt werden.
Literatur: M. Burkhardt, Das Hansekontor in Bergen im Spätmittelalter, HGbll. 124 (2006), 21-70.
Münzfunde belegen, dass Händler aus dem westfries. St. (ältere Namensform: Staveren) spätestens im 11. Jh. im Ostseeraum aktiv waren; eine im 9. Jh. bei einem Missionskloster entstandene Vorgängersiedlung war 991 von den Normannen zerstört worden. Obwohl St., das schon früh städt. Rechte erhalten hatte, seit dem 12. Jh. durch Sturmfluten und Hochwasser ständig in seiner Existenz bedroht war, gelang es der Stadt, im Handel, vor allem im Frachtverkehr zwischen England und dem Ostseeraum (seit 1326 besaß St. eine eigene Vitte in Schonen) im 13. und 14. Jh. eine ansehnliche Rolle zu spielen. Ähnlich wie in Oostkerke und in Sluis bestand im 14. Jh. in St. eine Niederlassung Hamburger Kaufleute (Hamburger Hanse), die in der Hauptsache Bier importierten.
1367 beteiligte sich St. am Kampf gegen Waldemar Atterdag und war bis in die 1390er Jahre des öfteren auf Hansetagen vertreten. Möglicherweise ist die als →„Ordinancie“ bekannte niederländische Seerechtsaufzeichnung aus der 2. Hälfte des 14. Jhs. in St. entstanden. Im hollandisch-friesischen Krieg (1398-1401) und im Kampf der Hanse gegen die Seeräuber geriet St. als „Piratennest“ zwischen die hansisch-holländischen Fronten. Ob die Stadt allerdings auf dem Lüneburger Hansetag 1412 die „Wiederaufnahme“ in die Hanse beantragte, ist fraglich. Wirtschaftliche Schwierigkeiten ergaben sich im Laufe des 15. Jhs., bedingt insbesondere durch den Wegfall des Englandgeschäfts, die wachsende Dominanz →Amsterdams als Einfuhrhafen für das preußischen Getreide wie auch durch die allmähliche Versandung des Hafens. Damit ging auch das hansische Engagement St.s spürbar zurück: Seit dem 15. Jh. nahmen Ratssendeboten aus St. sowohl an den gesamthansischen Tagfahrten als auch an den Kölner Drittelstagen nur sehr selten teil. Trotzdem betonte auch St. noch in den letzten Dezennien des 16. Jhs., bei der Hanse bleiben zu wollen.
Literatur: D. van der Vlis, De steden aan de oostkust in de middeleeuwen, in: Het hart van Nederland, steden en dorpen rond de Zuiderzee, hrsg. Ph. M. Bosscher u. a. 1973; F. C. Berkenvelder, Frieslands handel in de late middeleeuwen, in: Economisch Historisch Jaarboek 29 (1961-1962), 136-87; B. L. Boarnstra u. a., Staveren. Hoofdstad van de Friese kusten, 2011
Der S. ist eine 97 km lange zw. 1390 und 1398 gebaute und bis 1898 genutzte Wasserverbindung zwischen Lübeck und Lauenburg an der Elbe. Sie überwindet die Wasserscheide zw. Nord- und Ostsee und einen Höhenunterschied von 18 m. Der S. folgte im Wesentlichen den natürlichen Wasserläufen von Stecknitz (nach Norden fließend) und Delvenau (in die Elbe fließend). Zwischen beiden Flusssystemen wurde ein 11½ km langer Verbindungskanal, der Neue oder Delvenaugraben, angelegt. Zum Halten des Wasserstandes wurden zuerst 13, später 17 Kammerschleusen eingerichtet, die bis zu zehn Schiffe fassen konnten. Der Kanal hatte eine Tiefe von etwa 3 Fuß (0,85 m) und eine Breite von 25 Fuß (7,5 m). Er wurde 1821-1823 auf 1,40 mal 12 m ausgebaut. Die zur Befahrung eingesetzten Kähne waren 12 m lang, 2½ m breit, hatten einen Tiefgang von 30-40 cm und eine Ladekapazität von 7½ t. Sie wurden ausschließlich von den lübischen Stecknitzschiffern betrieben. Die Lauenburger Stecknitzfahrer durften nur bis Mölln fahren. Die Stecknitzschiffer brachten Produkte des Ostseeraums nach Lauenburg, die von dort von Lauenburgern nach Hamburg gebracht wurden. Die Stecknitzfahrer nahmen Lüneburger ➝ Salz als Retourfracht mit. Im 15. Jh. wurden im Jahr ca. 1.000-1.500 Ladungen Salz nach Lübeck gebracht, später wesentlich weniger. Ab 1898 wurde der S. durch den Elbe-Lübeck-Kanal ersetzt.
Literatur: W. Boehart, C. Bornefeld, C. Lopau, Die Geschichte der Stecknitz-Fahrt. 1398–1998, 1998; R. Hammel-Kiesow, Salzzoll und Grabenzoll – Konjunkturen des Salzhandels und des Transithandels auf dem Stecknitzkanal im 16. Jh, in: "Vom rechten Maß der Dinge“, Festschrift für Harald Witthöft, 1996, 285-305; N. R. Nissen, Neue Forschungsergebnisse zur Geschichte der Schiffahrt auf der Elbe und dem Stecknitzkanal, Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 46 (1966), 5-14
(* 9. 2. 1864, † 29. 9. 1920). St. entstammte einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie aus Düsseldorf (mit bäuerlichen Wurzeln im Bergischen Land). Sein Studium in Tübingen, Leipzig und Berlin beendete er 1889 mit der Promotion (mit einer von J. Weizsäcker angeregten Diss. über „Die Genossenschaft der deutschen Kaufleute zu Brügge in Flandern“, Berlin 1890). Schon ein Jahr zuvor war er mit Ordnungsarbeiten im Zusammenhang der hansischen Kopiare im Kölner Stadtarchiv betraut worden; ein Jahr später wurde ihm die Sammlung und Edition der Quellen zur Verfassung und Verwaltung der Stadt Köln übertragen; sie erschien in zwei umfangreichen Bänden 1893 und 1895 (Ndr. 1993), die bis heute unersetzt geblieben sind. Noch während der Arbeit an den stadtkölnischen Quellen übernahm er 1892 die Bearbeitung des Hansischen Urkundenbuchs (HUB) für die Zeit von der Mitte bis zum Ende des 15. Jhs. Dieses halbe Jahrhundert „füllte“ vier Bände des HUB (Bd. 8-11, 1899-1916) mit mehr als 4.600 Urkunden und ergänzenden Aktenstücken. Aus der engen Vertrautheit mit den hansischen Quellen erwuchsen seine Habilitationsschrift (1900), die ihm 1903 eine apl. Professur in Göttingen einbrachte, und eine stattliche Anzahl an Aufsätzen zur Entstehungsgeschichte des Brügger Kontors, zur Rechtsnatur der Hanse und zu den Hansestädten selbst, die noch heute schon allein wegen der Fülle des darin ausgebreiteten Quellenmaterials grundlegend sind. Von 1905-1920 war St. Schriftleiter der HGbll., von 1907-1920 Vorstandsmitglied des HGV.
Literatur: Nachruf in: HGbll. 46, 1920/21, 9-13 (D. Schäfer); J. Deeters, Hanseforschung in Köln von Höhlbaum bis Winterfeld, in: HGbll. 114 (1996), 123-140.
Während man im Mittelgebirgsraum, z. B. in Westfalen, über ausreichende Vorkommen an Steinen unterschiedlicher Art für Bauten, Bildhauerei, Mühlen oder Schleifen verfügte und hier auch städtische Steinbrüche betrieb, war dies im Küstenraum kaum der Fall. Hier mussten Materialien z.T. über größere Entfernungen beschafft werden. Vorhandene Findlinge und Feldsteine für Mauern, Deiche oder Straßen wurden besonders über die Flüsse nach Norden transportiert, z.B. über die Ems bis nach Groningen. Von Exportbedeutung im Westen waren die Sandsteinvorkommen links der mittleren Ems im Bentheimer Raum, von wo aus über die Vechte sowohl die Zuiderzee und weiteren Niederlande als auch Städte im Norden wie Bremen bedient wurden. Weiterhin gelangte Stein aus den Baumbergen im Münsterland – z. T. über die Lippe – zum Niederrhein, in die Niederlande oder in den Weserraum. Für diesen, das östliche Westfalen und die Niederlande spielten vor allem die Berge bei Minden, über das die Ausfuhr in diese Räume lief, die Bückeberge, der Solling und andere Lagerstätten an der Oberweser eine Rolle. Von dort wurde Baumaterial bis nach Dänemark exportiert. In der Harzregion wies die Umgebung von Goslar nicht nur Sandstein-, sondern auch für den Export wichtige Schiefervorkommen auf, deren Ausbeutung die Stadt hauptsächlich in eigener Regie betrieb. Ebenso wurde der Norden über den Rhein und andere Flüsse mit solchem und anderem Material (Tuff aus der Eifel) aus dem rheinischen Schiefergebirge versorgt.
Zum Kirchenbau oder anderen Zwecken betrieb man bei verschiedenen Orten Kalköfen. Größere Kalksteinvorkommen finden sich vor allem bei Städten in Mittelgebirgen oder in deren Umgebung wie bei Hannover, Braunschweig, Göttingen und Osnabrück, in der Tiefebene hingegen nur an wenigen Plätzen wie Lüneburg. Der Bezug von Kalkstein erfolgte so teilweise aus großer Ferne, bei einem Ziegelhof in der Nähe von Greifswald z. B. aus Gotland, Öland und dem südlichen Skandinavien, dem Baltikum sowie Nordfrankreich. Der estnische Glint bot Material u. a. auch für Fliesen, Grabsteine und Beischläge, die von Reval nach Westen transportiert wurden. Der beim Mörtel verwendete Gips kam im südlichen Ostseeraum vor allem aus Niedersachsen und speziell Lüneburg.
Ab der Mitte des 12. Jhs. fand im Norden für sakrale wie profane Bauten zunehmend Backstein Verwendung. Dieser wurde in klösterlichen, herrschaftlichen und auch neugegründeten, später z.T. an Privatleute verpachteten städtischen Ziegeleien gebrannt (Lüneburg 1282), von denen Hamburg um 1400 sogar drei besaß. Derartige Anlagen verfügten teilweise über eigene Stempel. Die Jahresproduktion der Ziegelei von Lüneburg betrug 1496-1498 fast 700.000 Stück. Zusätzlich zur Eigenproduktion wurden für Bauvorhaben verschiedener Orts Ziegel aus größerer Entfernung importiert, in Hamburg im 15. Jh. u.a. aus Bremen, Groningen und Kampen. Umgekehrt führte man aus Hansestädten überschüssige Ziegel in andere Räume aus, so von Lübeck nach Skandinavien.
Literatur: A. Sander-Berke, Baustoffversorgung spätmittelalterlicher Städte Norddeutschlands, 1995; Rohstoffgewinnung und Stadtentwicklung, hrsg. M. Pries, W. Schenk, 2013; N. Petersen, Die Stadt vor den Toren. Lüneburg und sein Umland im Spätmittelalter, 2015.
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Das S.-Wesen ist eine komplexe, gesamteuropäische Erscheinung der Vormoderne. In einer S. wird ein Kapital mitsamt der sich daraus ergebenden Erträge dauerhaft zu einem von der stiftenden Person bestimmten religiösen oder wohltätigen Zweck angelegt und rechtlich abgesichert. Um die Kontinuität der S. zu gewährleisten, bedarf sie eines oftmals aus mehreren Mitgliedern bestehenden Verwaltungsgremiums. Die zunächst von den S.-Gründern verordneten Administratoren gestalten nach den Maßgaben der Begründer, aber auch entsprechend ihrer eigenen Interessen und persönlichen Beziehungen die Ausrichtung der S. In der Vormoderne erfüllten viele S. eine gesellschaftsstabilisierende Funktion, indem sie Aufgaben der noch nicht staatlich geregelten Sozialfürsorge übernahmen. Aus ihren Kapitalerträgen wurden neben Kirchen und Klöstern auch die Unterhaltskosten von Hospitälern finanziert. Insofern boten S. auch im Hanseraum den sie fundierenden Personen die Möglichkeit, sich als christliche Wohltäter zu profilieren und ihr soziales Prestige zu mehren. Mäzene und Begünstigte standen dabei in einem Wechselverhältnis. Im Gegenzug für die von der S. geleistete Unterstützung waren die Empfänger häufig zu Dankgebeten für die Gründer verpflichtet. Das S.-Wesen zeigt sich insgesamt als langlebiges Phänomen. Trotz konfessioneller Umbrüche in der Frühen Neuzeit bestehen viele S. mitsamt ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung bis in die Gegenwart fort.
Literatur: F. Hatje: Stiftung, Stadt und Bürgertum. „Konjunkturen“ karitativer Stiftungen vom 16. bis 19. Jahrhundert, in: Die alte Stadt 33 (2006), 219-48; Stiftungen und Stiftungswirklichkeiten. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, hrsg. M. Borgolte, 2000; Stiftung und Memoria, hrsg. T. Lohse, 2012; Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften, hrsg. M. Borgolte, 3 Bde., 2014-2017.
Unter der Bezeichnung S. wurden verschiedene Arten von getrocknetem Fisch zusammengefasst, deren Sortierung und Verpackung genauestens festgelegt war. Die wichtigste Fischart, aus der S. hergestellt wurde, war der in Nordnorwegen und Island gefangene Dorsch oder Kabeljau (gadus morrhua). Die Fische wurden nach dem Fang geköpft und ausgenommen und anschließend zum Trocknen an hölzernen Gerüsten aufgehängt. Dazu wurden sie entweder in Paaren an den Schwänzen zusammengebunden oder einzeln der Länge nach gespalten, um eine regelmäßige Luftzufuhr zu gewähren. Nach einer Trockenzeit von vier bis fünf Monaten wurden sie entsprechend der Trockenart und Größe sortiert und zum Stapel an der Deutschen Brücke in Bergen geliefert. S. wurde auf den Märkten in den drei Sorten Rundfisch, rotscher und vlacvisch angeboten, die noch einmal in Güteklassen unterteilt wurden. Aus den Abnehmergebieten, die sich bis nach Südeuropa erstreckten, wurden im Mittelalter wiederholt Klagen über mangelnde Qualität oder falsche Beschriftung von S.tonnen vorgebracht.
Literatur: M. Burkhardt, Der hansische Bergenhandel im Spätmittelalter, 2009, 141-43.
S. ist eine schwedische Handelsstadt am Übergang des Mälaren in die Ostsee, zwischen den beiden schwedischen Len von Södermanland und Uppland. Die Bedeutung des Namens S. ist umstritten, bedeutet wahrscheinlich “Insel im Strom” (Gustaf Brynnel, 1965). Der Name wird 1252 erstmals als Ausstellungsort einer königlichen Urkunde erwähnt (SDHK, Nr. 665). S. wird allgemein mit der Verschiebung der Handelsströme im Mälardeltar erst von Birka (8.-10. Jh.) nach Sigtuna (10.-13. Jh.) und dann von Sigtuna nach S. in Verbindung gebracht. Nach der Visbychronik wurde S. nach 1187 gegründet, als Folge der Zerstörung Sigtunas; nach anderen Traditionen wird die Stadtgründung König Birger Jarl (Anfang 13. Jh.) zugeschrieben. Die Bedeutung S.s lag vor allem in der Funktion als Ausschiffungshafens von schwedischem Eisen aus dem Bergslagen um die Stadt Örebro herum, aber auch als Umschlaghafen in Richtung Finnland, Baltikum und Russland.
S. besteht aus mehreren Inseln im Mälaren, von denen die Altstadt und das Schloss auf dem Stadsholmen angesiedelt sind, dem im Norden der Helgeandsholmen vorgelagert ist, auf dem im 13. Jh. ein Heilig-Geist-Hospital gegründet wurde. Im Süden liegt die Insel Kidaskär, die ihren Namen nach dem im 13. Jh. gestifteten Graubrüderkloster in Gråbrödraholmen (heute Riddarholmen) veränderte. Vom Helgeandsholmen gab es eine Verbindung zum nördlich gelegenen Festland, dem Nordmalm, mit dem Brunkebjerg. Zu Mitte des 13. Jh.s und im 15. Jh. wurden Helgeandsholmen und Stadsholmen mit einer Stadtmauer versehen, die die Stadt nach Norden, aber nicht nach Süden umschloss. Die Stadt hatte bis ins 15. Jh. ca. 4.000 Einwohner, expandierte mit der Etablierung der Zentralregierung im 16. u. 17. Jh. aber schnell auf 10.000 Einwohner und griff auf das nördliche und südliche Ufer aus. Heute ist S. die mit Abstand größte schwedische Stadt.
Am nordöstlichen Ende des Stadsholmen befand sich seit dem 10. Jh. eine Seesperre, die seit dem 12. Jh. mit einer Burg versehen war. Diese Burg entwickelte sich seit dem 13. Jh. zu einer der wichtigsten schwedische Reichsfestungen, die seit dem 16. Jh. Tre Kronor genannt wurde und den Vorgängerbau des jetzigen Schlosses darstellt. Die Burg entwickelte sich im Laufe des Mittelalters zum Zentralsitz der schwedische Könige. Die Burg war durch eine Freifläche von der Stadtkirche, Storkyrka, (St. Nicolai; gegründet nach 1187, ca. 1260 als eigene Pfarrkirche, 1279 erstmals erwähnt) und der Stadt getrennt.
In S. fand spätestens seit dem Lübeck-Traktat König Birger Jarls aus dem Jahr 1250 eine starke niederdeutsche Einwanderung statt. Den Deutschen war bis 1471 gemäß des schwedischen Stadtrechtes die Hälfte der Ratssitze und des Bürgermeisteramtes zugesprochen, wobei die Herkunft des Vaters ausschlaggebend für die Einordnung des Sohnes war. Nach der Abschaffung der Regelung 1471 gingen die meisten der deutschen Ratsherren in den schwedischen Rat über, nur einige wenige wanderten nach Lübeck aus. Die S.er niederdeutschen Familien standen im engen Connubium zu den Bürgern der anderen Hansestädte und gingen enge Handelsverbindungen mit diesen ein. Die Deutschen waren u.a. in der Gertrudsgilde vertreten, deren Bruderschaftsbuch überliefert ist, und sie besitzen bis heute ihre eigene, 1571 gegründete dt. Kirche, St. Gertrud.
1366 war S. auf dem Tag der Seestädte zu Lübeck vertreten (HR I.1, Nr. 376) wie auch der Pfundzoll von 1362-1363 in der Stadt erhoben wurde (HR I.1, Nr. 290). Im Kampf zwischen König Albrecht von Schweden und Königin Margarethe von Norwegen um die schwedische Krone übernahmen die Hansestädte zweitweise die Verwaltung der Stadt. Die weitere Stellung der Stadt zur Hanse ist unsicher, nach 1471 gab es aber starke schwedische Nationalisierungstendenzen, obgleich der Handel in gleichen Bahnen fortgesetzt wurde.
Der S.er Handel innerhalb des Reiches, mit der Hanse und den anderen Ostseeanrainern war umfangreich. Die Stadt war zudem der Haupthandelsort im Bottnischen Meerbusen. Zu den Handelswaren zählten besonders schwedisches Osemund (Eisen) aus dem Bergslagen, Kupfer aus dem Bergwerk zu Falun sowie Produkte der schwedischen Landwirtschaft.
Die Quellenlage zur Geschichte der Stadt ist gut. So sind u.a. die Stadtbücher, Tänkeböcker, von 1474-1660, sowie die Steuerbücher, Skotteböcker, von 1430-1525 (mit Unterbrechungen), u.a. Quellen erhalten.
Literatur: G. Bolin, Stockholms Uppkomst, 1933; W. Koppe, Lübeck-Stockholmer Handelsgeschichte im 14. Jh., 1933; E. Weinauge, Die deutsche Bevölkerung im mittelalterlichen Stockholm, 1942 (eingeschränkt nutzbar); C. Weibull, Lübecks sjöfart och handel på de nordiska rikena 1368 och 1398-1400, in: Scandia, XXXII (1966); A. Ödman, Stockholms tre borgar: från vikingatida spärrfäste till medeltida kastellborg, 1987; M. Lamberg, Dannemännen i stadens råd, 2001.
Die wahrscheinlich prominenteste Person, die sich in den Hanse-Kontext einordnen lässt, ist Klaus S. Allerdings ist er eher als Feind der Hanse in die Geschichte eingegangen und wurde durch die posthume Legendenbildung so schillernd, dass es schwerfällt, den historischen Kern dieser Persönlichkeit herauszuarbeiten. Unstrittig ist, dass es sich bei S. um einen der Hauptleute der Vitalienbrüder handelte. Über die Identität des S. gibt es noch immer keine völlige Klarheit. Die bisher vorherrschende Meinung geht davon aus, dass S. in Wismar geboren wurde, wo 1380 ein „Nikolaus Stortebeker“ aktenkundig wurde. Später könnte aus „Nikolaus“ „Klaus“ geworden sein. Er wurde dann ab 1394 neben Godeke Michels und anderen zu einem der Schiffshauptleute der Vitalienbrüder, nach einer kurzen Seeschlacht mit einer Hamburger Flotte im Sommer 1400 auf der Insel Helgoland überwältigt, mit seinen Leuten nach Hamburg gebracht und dort auf dem Grasbrook hingerichtet, wie mit Seeräubern und „landschädlichen Leuten“ in Hamburg in dieser Zeit üblicherweise verfahren wurde. Etwas später wurde auch Godeke Michels überwältigt und ebenfalls mit seinen Leuten auf dem Grasbrook hingerichtet. Die Köpfe der Enthaupteten stellte man zur Abschreckung auf Pfählen längs der Elbe auf. Diese Geschichte wurde dann in den Chroniken des 15. und 16. Jhs. legendenhaft ausgeschmückt. Der Störtebeker-Mythos ist in vielfältigster Weise bis heute wirksam. In einer jüngeren Theorie (Rohmann), die eine gewisse Schlüssigkeit besitzt, wird Klaus S. als Johann S., Kaufmann aus Danzig, identifiziert, der zwar auch als Schiffshauptmann der Vitalienbrüder in Erscheinung trat, aber nicht zu den Hingerichteten um 1400 gehörte, sondern bis 1413 im Kapergeschäft und im zivilen Handel nachweisbar ist. Der letzte Beweis kann für keine der beiden Erzählungen angetreten werden. Allerdings ist in jedem Falle klar, dass es sich bei S. um eine Person der Geschichte und nicht der historischen Fiktion handelt.
Literatur: M. Puhle, Hinrichtung ohne Prozeß? Die Hanse um 1400 im Kampf gegen die Seeräuber Klaus Störtebeker und Godeke Michels, in: Große Prozesse. Recht und Gerechtigkeit in der Geschichte, hrsg. Uwe Schultz, 1996, 77-88; W. Ehbrecht, Die Ereignisse von 1400/1401/1402 in den Quellen, in: Störtebeker. 600 Jahre nach seinem Tod, hrsg. ders., 2005, 37-56; G. Rohmann, Der Kaperfahrer Johann Stortebeker aus Danzig, Beobachtungen zur Geschichte der „Vitalienbrüder“, HGbll. 125 (2007), 77-119.
Bis ins 17./18. Jh. hinein bestand das öffentliche Strafensystem im Hanseraum ebenso wie in ganz Europa weitgehend aus Ehren-, peinigenden Leibes- und Todesstrafen. Die Beschränkung der persönlichen Freiheit hatte noch keinen eigentlichen Strafcharakter, sondern diente anderen Zwecken (Schuldturm, Festhalten von Geiseln, zur Folter oder vor der Hinrichtung). Der St. war vor allem in territorial zersplitterten Regionen wegen fehlender staatlicher Zentralgewalt sehr unregelmäßig. Folter und grausame Strafen trafen nur einen kleinen Teil der Straftäter, vor allem Fremde, Unangepasste und landschädliche Leute. Anfänge einer überörtlichen Verbrechensbekämpfung durch Informationsaustausch zwischen den Städten lassen sich im Hanseraum im späten 15. Jh. ausmachen (Kieler Varbuch).
Quellen: Das Kieler Varbuch (1465–1546), hrsg. H. Luppe, 1889.
Literatur: H. Rüping, G. Jerouschek, Grundriss der Strafrechtsgeschichte, 6. Aufl. 2011; W. Sellert, Art. Landschädliche Leute, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte III, 2. Aufl. 2016, 1027-31; G. Peters, Kriminalität und Strafrecht in Kiel im ausgehenden Mittelalter. Das Varbuch als Quelle zur Rechts- und Sozialgeschichte, 2017.
S. entstand verkehrsgünstig an Landhandelswegen und dem Übergang zur Insel Rügen. Um 1200 ließen sich deutsche Siedler in der Nähe eines slawischen Fischer- und Fährdorfes auf einer von Niederungen geschützten Landerhebung nieder, deren Bebauung sich im 13. Jh. rasch ausdehnte. Der Hafen lag geschützt und war über den Strelasund auf zwei Wegen von der Ostsee zu erreichen. 1234 erhielt die Siedlung Stadtrechte. Um 1350 hatte S. bereits rund 10.000 Bewohner, im 15. Jh. ca. 12.000-14.000, darunter einen hohen Anteil an Handwerkern. Wirtschaftliche Grundlage S.s bildete der Fernhandel in den gesamten Hanseraum. Bereits im 13. Jh. vermittelte die Stadt Waren zwischen Russland, Livland, Schweden, England, Flandern und Frankreich. Engländer sind seit dem 14. Jh. in S. nachweisbar. Neben dem Handel mit Tuchen und Fischen wurden aus dem Binnenland Getreide, Vieh und Bier verschifft. 1421 existierten auch 13 Schiffbauplätze. In Dänemark erhielt die Stadt erstmals 1249/50 Handelsprivilegien und besaß 1276 eine Vitte auf Schonen. Im 13. und 14. Jh. betätigten sich die S.er Kaufleute vor allem im Ost-West-Handel, konzentrierten sich im 15. Jh. dann aber auf Skandinavien und die östliche Ostsee. Starke Förderung erfuhr die Stadt durch die Fürsten von Rügen, konnte sich nach deren Aussterben 1325 aber von den pommerschen Herzögen weitgehend freimachen. 1316 belagerte der dänische König vergeblich die Stadt, 1370 wurde hier der S.er Frieden zwischen der Kölner Konföderation und Waldemar IV. geschlossen. Nach Konkurrenzkonflikten mit Lübeck um 1250 vertrat S. an dessen Seite vor allem im wendischen Quartier der Hanse bis ins 17. Jh. strikt hansisch-lübische Interessen und erlangte die politisch und wirtschaftlich führende Position unter den pommerschen Hansestädten. Der wirtschaftliche Niedergang der Stadt erfolgte während des 30jährigen Krieges ab 1628.
Literatur: K. Fritze, Die Hansestadt Stralsund. Die beiden ersten Jahrhunderte ihrer Geschichte, 1960; Stralsund, hg. H. Ewe, 1989, 37-70; ders., Das alte Stralsund. Kulturgeschichte einer Ostseestadt, 1994, 9-42; H. Wernicke, Die Stadt am Strelasund, in: Die Hanse. Lebenswirklichkeit und Mythos, Textband, hg. J. Bracker u.a., 2. Aufl. 1998, 357-61.
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Unter S. wird das Herrschafts- und Verfügungsrecht des Landesherrn über das Küstengebiet verstanden. Praktische Bedeutung erlangte es aber v.a. in seiner Bedeutung als Strandungsrecht. So stellten manche Regelungen Strandungsgut in das Eigentum des Landesherrn, gestanden aber der gestrandeten Besatzung ein Aneignungsrecht an ihrer Schiffsladung zu. Nach anderen Ordnungen erhielt der Landesherr immer ein Drittel des Wertes. Die Hansestädte, die anfänglich besonders die küstennahe Schifffahrt bevorzugten, waren nicht nur vom S., sondern auch vom Strandraub durch die Küstenbewohner stark betroffen. Letzteres war seit der Antike umstritten und wurde vielfach nicht als Gewohnheitsrecht der Küstenbewohner anerkannt, sondern als Diebstahl verfolgt.
Ausnahmen vom S. erzielten die Hanse und auch einzelne Hansestädte wie Lübeck durch Vereinbarung vereinzelter Privilegien (Bsp.: flandrisches Privileg von 1253). 1415 verbot Kaiser Sigismund schließlich auf Reichsebene die Ausübung des S.s gegen Schiffsbrüchige, vor allem gegen die Kaufleute der deutschen Hanse, vorbehaltlich der Zahlung eines Bergelohnes (Privileg vom 23.02.1415).
Literatur: H.P. Glöckner, Art. Strandrecht, Strandregal, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 5, 1998, 19-26; N. Hansen, Strandrecht und Strandraub, Kieler Blätter zur Volkskunde 33 (2001), 51-78.
(geb. 15. 8. 1520 in Köln, gest. 7. 9. (?) 1591 in Lübeck). Nach dem Studium der Artes und dem der Rechte war S., der einer angesehenen Kölner Patrizierfamilie entstammte, zunächst am Reichskammergericht in Speyer tätig, kehrte aber bald nach Köln zurück. Hier war er seit 1552 im Auftrag der Stadt mit hansischen Angelegenheiten befasst: der Erstellung juristischer Gutachten über die Rechte der Hanse in England, der Teilnahme an hansischen Tagfahrten und Gesandtschaften nach England. Auch die 1554 beschlossenen neuen Statuten des Londoner Kontors gingen auf einen Entwurf S.s zurück. 1556 wurde er zum ersten Syndikus der Hanse berufen. Seine Aufgaben bestanden in der regelmäßigen Teilnahme an den Hansetagen, der Erarbeitung schriftlicher Vorlagen für die Beratungen, der Mitwirkung an hansischen Gesandtschaften sowie der Sammlung der wichtigsten Privilegien und Tagfahrtsbeschlüsse. Darüber hinaus sollte er eine Chronik der „großmächtigen Taten“ der Hanse verfassen und ein hansisches Seerecht entwerfen. Sein Hauptaugenmerk galt der Neuordnung der Hanse, die er auf eine festere bündische Grundlage stellen wollte – diesem Ziel dienten die 1557 und 1579 beschlossenen „Konföderationsnoteln“ –, sowie der Konsolidierung der hansisch-englischen und der hansisch-niederländischen Beziehungen. Gerade die erstgenannten waren durch wechselseitige Behinderungen stark belastet. Erschwerend kam hinzu, dass die englischen Merchant Adventurers gegen den Widerstand S.s und der Hanse in Emden und Hamburg (später in Elbing und Stade) Aufnahme fanden und großzügig privilegiert wurden. Als Hamburg 1577 die Vereinbarungen mit den Engländern nicht verlängerte, antwortete Elisabeth I. 1579 mit dem Entzug der hansischen Privilegien in England. S. gelang es nicht, einen Ausgleich mit England, geschweige denn die Restitution der Privilegien durchzusetzen. Zu unvereinbar waren die hansischen Vorstellungen von der Gültigkeit der Privilegien und das Verständnis von moderner Staatlichkeit auf der englischen Seite. Als hinderlich erwiesen sich zudem die Interessensgegensätze innerhalb der Hanse. Handlungsbedarf bestand auch bezüglich der Verhältnisse in den Niederlanden. Seit 1531 befand sich das Brügger Kontor faktisch in Antwerpen, und viele hansische Kaufleute hatten sich dort niedergelassen. In der Absicht, ihnen einen organisatorischen Mittelpunkt zu geben, ließ S. zwischen 1564 und 1568 mit großem Kostenaufwand ein prächtiges Kontorgebäude errichten. Allerdings erwies sich der Bau als grandioser Fehlschlag. Die meisten Kaufleute weigerten sich, das Gebäude zu beziehen, und als im Zuge der konfessionellen Gegensätze in den Niederlanden Antwerpen von span. Truppen überfallen und das Kontorgebäude mehrfach geplündert wurde, verlor Antwerpen auch seine Bedeutung als Zielort des hansischen Handels. – S.s rastlosen Einsatz für die Angelegenheiten der Hanse hat diese nicht belohnt und jahrelang weder das vereinbarte Gehalt gezahlt noch die entstandenen Auslagen erstattet, was zu einer wachsenden Verbitterung S.s führte. Am Ende beliefen sich die ausstehenden Forderungen auf rd. 20.000 Taler, von denen erst nach seinem Tod ein Teil an die Erben ausbezahlt wurde.
Literatur: K. Wriedt, H. S., in: Rhein. Lebensbilder, Bd. 10, hrsg. W. Janssen, 1985, 31-45; H. Langer, Gestalten der Spätzeit: Die Syndici der Hanse, in: Akteure und Gegner der Hanse, hrsg. D. Kattinger, H. Wernicke, 1998, 219-230; T. H. Lloyd, England and the German Hanse, 1991, 292-362; V. Henn, H. S., Hansesyndikus und Politiker: www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/S/Seiten/HeinrichSudermann.aspx.
Mit S.n /süderseeischen Städten werden Städte im westlichen Bereich der Hanse als Sammelbezeichnung benannt. Welche Städte genau gemeint sind, ist situationsabhängig und wird in den Quellen sowie in der Literatur auch nicht immer konkretisiert. Sie bildeten keine homogene Gruppe, sondern ihre politischen, religiösen, und wirtschaftlichen Funktionen und Entwicklungen konnten verschieden sein oder übereinstimmen, sich ergänzen oder konkurrieren. Die Städte konnten zu verschiedenen Territorien gehören, aber die Forschung nennt nicht immer die gleichen Gebiete. Zusammenfassend werden in der Literatur Stift und Oberstift (Overijssel) von Utrecht, Geldern, Groningen, Friesland, Westfalen und das Niederrheingebiet genannt. Damit war die geographische Distanz der S. zur Südersee (Zuiderzee) sehr unterschiedlich. In der regionalen Gliederung der Hanse sind die S. dem Raum Köln zugeordnet. Weststrate nahm an, dass ab ca. 1400 nur Städte des Oberstifts Utrecht, Gelderns und Frieslands mit dem Terminus bezeichnet wurden, aber z.B. HR III, 2, 160 (1487) nennt auch Wesel und widerlegt damit diese Behauptung. Bis ca. 1400 konnten auch Städte aus Holland und Seeland zu den S. gerechnet werden, aber ab ca. 1400 wuchs die Distanz zwischen Holland-Seeland und der Hanse, und die S. charakterisierten sich als Grenzregion mit politischen und wirtschaftlichen Interessen an Holland-Seeland einerseits und an der Hanse andererseits. Aus der Region der S. kamen viele Versuchen der offiziellen Anerkennung als Hansestadt, Versuche zur förmlichen Aufnahme bzw. „Wieder“aufnahme in die Hanse, insbesondere in der ersten Hälfte des 15. Jh.s. Von ca. 1360 bis 1450 wurde der Begriff S. ausschließlich von Personen und Gruppen benutzt, die der Städtegruppe nicht sehr nahestanden; er wurde niemals als Selbstbezeichnung verwendet. Eine systematische Untersuchung der Verwendung des Begriffs ab 1450 fehlt noch.
Literatur: J. Weststrate, Abgrenzung durch Aufnahme, HGBll. 121 (2003), 13-40; V. Henn, Die Städte an Zuiderzee und IJssel auf den Hansetagen, HGBll. 135 (2017), 185-219; H. Brand, De Zuiderzeesteden tussen Habsburg en de Hanze in de eerste helft van de zestiende eeuw, in: Bourgondië voorbij, hrsg. M. Damen, L. Sicking, 2010, 279-93.
Der (Öre-)S. ist der östlichste der drei Eingänge zur → Ostsee. Er erstreckt sich von der Linie Gilbjerg Hoved (westlich von Gilleleje) - Kullen im Norden bis zur Linie Stevns Leuchtfeuer - Falsterbo im Süden und trennt Schonen im Osten von Seeland im Westen. Er hat eine Länge von 118 km und ist zwischen 4 und 28 km breit. Die Durchschnittstiefe beträgt 11 m, bei Helsingborg 40 m. Der Name Öres. bedeutet “schmales Fahrwasser mit steinigem Strand”. Die im Süden des S.es liegenden, gefährlichen Fahrwasser vor Skanör auf der Halbinsel Halör (Halbinsel von Falsterbo) standen namengebend für das nördliche Europa (Skaðinaujō, Schadensinsel, lat. Scadinauia bei Plinius d.Ä.). Zur Sicherung der Durchfahrt wurde auf Bitten Lübecks hier 1225 das erste Leuchtfeuer der Ostsee errichtet (HUB I, 195). Der S. war, trotz seiner geringen Tiefe, im Mittelalter der wichtigste Verbindungsweg zwischen Kattegat und Ostsee. Hierdurch verlief fast der gesamte Schiffsverkehr in und aus der Ostsee. Seit dem 10. Jh. gehörte der S. zu Dänemark und die dänischen Könige erhoben einen direkten Herrschaftsanspruch auf das Gewässer. Seit 1429 forderten sie an dessen schmalster Stelle bei Helsingborg den → S.zoll. Der S. diente zugleich der Heringsfischerei. An seinen Küsten entstanden am Ende des 12. Jh. Nordeuropas wichtigste Handels- und Fischmessen, die → Schonischen Messen. S.hering dominierte bis zum 15. Jh. den gesamten europäischen Markt. Aus den Messen entstanden die Städte von Malmö, Kopenhagen, Landskrona und Helsingborg. Seit der Zeit Erichs von Pommern befindet sich die Hauptstadt Dänemarks am S., erst (geplant) Landskrona (die “Krone des Landes”), dann Kopenhagen. Seit der Annexion Schonens durch die Schweden 1658 verläuft die Grenze zwischen Schweden und Dänemark inmitten des S., wobei die Fahrrinne zu Schweden gehört. Der dänische König behielt aber das Passagezollrecht.
Literatur: P. Borschberg, M. North, Transcending borders: the sea as a realm of memory, in: Asia Europe Journal 8 (2010), 279-92.
- in Planung / Vorbereitung -
Der S. sowie der sogenannte Belt- oder Stromzoll sind Passagezölle, die der dänische König für die Nutzung des Öresundes sowie des Großen und Kleinen Beltes erhob, da nach dänischer Rechtsauffassung diese Gewässer sein Eigentum waren. Die Zölle lösten seit 1423/1429 die → Umlandfahrer- und schonischen Marktzölle ab, die durch ausbleibende Anpassung der Privilegien unrentabel geworden waren. Am Öresund wurde der Zoll am Schloss von Helsingör/Elsinore, Kronborg/Krogen, erhoben. Hierdurch wurde Helsingör zur wichtigsten Informationsdrehscheibe Nordeuropas. Der Zollsatz betrug seit 1429 1 Rosennobel per Schiff, wurde aber seit 1587 auf die Ladung erhoben. Der Widerstand der Hansestädte führte zu zahlreichen Sonderregelungen bei den Zollsätzen. Da der S. nur aufgrund der Angaben der Schiffer ermittelt wurde, ist ein ausgeprägter Zollbetrug zu beobachten. Der Zoll war persönliches Eigentum des Königs, der die Zollsätze lange geheim hielt. Die Einnahmen ermöglichten den dänischen Königen eine große Handlungsfreiheit und machten einen sehr großen Teil des königlichen Budgets aus. Die Verzeichnisse des S.s sind für den Zeitraum von 1497 bis 1857 überliefert und online zugänglich (http://www.soundtoll.nl). 1857 wurden die dänischen Passagezölle auf amerikanischen Druck in der Konvention von Kopenhagen abgeschafft.
Literatur: K. Hørby, Øresundstolden og den skånske skibstold, in: Middelalder Studier, Tilegnede Aksel E. Christensen på treårsdagen, 1966, 245-72; Tolden i Sundet, hrsg. O. Degn, 2010.